Renaissance von Atomwaffen
Kolumne in: Schwäbisches Tagblatt, 25.01.2008
von Tobias Pflüger, MdEP
Diese Woche in Brüssel: Am Montagnachmittag sprach der pakistanische Putschgeneral Pervez Musharraf vor dem Auswärtigen Ausschuss. Die Einladung ins Europäische Parlament nach dem Attentat auf Benazir Bhutto war hochproblematisch. Musharraf präsentierte Pakistan entgegen allen Fakten als funktionierende Demokratie. Pakistan sei verbindlicher westlicher Bündnispartner: "Was wollen Sie denn, wir haben vor 10 Jahren einen "Jihad" gestartet, mit "wir" meine ich den Westen, die USA, europäische Staaten und Pakistan. Wir haben gemeinsam 30.000 Kämpfer nach Afghanistan gebracht gegen die Sowjetunion. Wir haben die Taliban trainiert und bewaffnet und unterstützt. Danach haben wir sie bekämpft, bei all dem waren wir zusammen erfolgreich. Der Konflikt endete mit einem Sieg des Westens. Das war Pakistans Beitrag." Hier sprach der Frankenstein des Westens. Es war eine Lehrstunde für alle, die den "Krieg gegen den Terror" begonnen und unterstützt haben (das waren und sind in Deutschland alle Parteien außer der LINKEN) und ihn bis heute in Afghanistan und sonst wo auf der Welt mit immer schlimmeren direkten und indirekten Folgen (z.B. Demokratieabbau) führen.
Am Tag darauf kam Saeed Dschalili, der Verhandlungsführer des Iran bei den Atomverhandlungen. Er verwies auf das Recht seines Landes Urananreicherung zu betreiben und versicherte, dass entsprechend der Aussage der US-Geheimdienste eine militärische Nutzung ausgeschlossen sei. Er musste sich berechtigte Kritik an der Menschenrechtssituation im Iran anhören.
Die Mitglieder der Iran-Delegation des Parlamentes, die vor kurzem in Teheran mit Regierung und Opposition Gespräche geführt hatten, forderten ein Moratorium in der Atomfrage und keine Verschärfung der Sanktionen, [u.a. weil mit den Geheimdienstberichten der USA neue Fakten auf dem Tisch liegen und weil auch demokratische Oppositionsgruppen im Iran darauf verwiesen, dass Sanktionen kontraproduktiv seien.]
Geschockt hat mich die Aussage, dass der Iran 20 Atomkraftwerke bauen will. Es gibt weltweit eine Renaissance der Atomenergie, insbesondere auch von der neuen französischen Regierung forciert. In der EU besteht bis heute EURATOM fort (auch mit dem neuen Reformvertrag), das eine Förderung von Atomenergie vorsieht. Hier wird auf die völlig falsche Energiegewinnung gesetzt und den nächsten Generationen Unmengen von dauerstrahlendem Atommüll hinterlassen.
Aber offensichtlich gibt es nicht nur eine Renaissance der Atomenergie, sondern auch von Atomwaffen. Nach Angaben von Russlands Generalstabschef ist ein präventiver Nuklearschlag Teil der russischen Militärstrategie. Schon letztes Jahr veröffentlichte die NATO eine Studie u.a. vom deutschen General Klaus Naumann. Dort heißt es u.a.: "Die atomare Eskalation bleibt weiterhin ein Element jeder modernen Strategie" und "Ein derartiges Konzept der interaktiven Eskalation setzt Dominanz bei der Eskalation voraus, den Einsatz des ganzen Spektrums von Zuckerbrot und Peitsche, aller weichen und harten Machtinstrumente, vom diplomatischen Protest bis zu Atomwaffen."
Robert Cooper, Berater vom EU-Außenbeauftragten Javier Solana wird dazu im britischen Guardian wie folgt zitiert: "Es könnte sein, dass wir als erste Atomwaffen einsetzen, aber ich wäre vorsichtig das laut zu sagen."
Vom 8 bis 10. Februar treffen sich diverse Militärstrategen dieser Welt in München zur so genannten Sicherheitskonferenz. Es ist Horst Teltschiks letzte. Schon wieder durfte ich - wie andere LINKE auch - nicht teilnehmen. Macht nichts. Bei den Protesten am 8. und 9. Februar bin ich auf jeden Fall dabei - egal welche komischen Rechtsverfahren auch laufen - [es gibt genügend Gründe gegen dieses Treffen zu demonstrieren.]
von Tobias Pflüger, MdEP
Diese Woche in Brüssel: Am Montagnachmittag sprach der pakistanische Putschgeneral Pervez Musharraf vor dem Auswärtigen Ausschuss. Die Einladung ins Europäische Parlament nach dem Attentat auf Benazir Bhutto war hochproblematisch. Musharraf präsentierte Pakistan entgegen allen Fakten als funktionierende Demokratie. Pakistan sei verbindlicher westlicher Bündnispartner: "Was wollen Sie denn, wir haben vor 10 Jahren einen "Jihad" gestartet, mit "wir" meine ich den Westen, die USA, europäische Staaten und Pakistan. Wir haben gemeinsam 30.000 Kämpfer nach Afghanistan gebracht gegen die Sowjetunion. Wir haben die Taliban trainiert und bewaffnet und unterstützt. Danach haben wir sie bekämpft, bei all dem waren wir zusammen erfolgreich. Der Konflikt endete mit einem Sieg des Westens. Das war Pakistans Beitrag." Hier sprach der Frankenstein des Westens. Es war eine Lehrstunde für alle, die den "Krieg gegen den Terror" begonnen und unterstützt haben (das waren und sind in Deutschland alle Parteien außer der LINKEN) und ihn bis heute in Afghanistan und sonst wo auf der Welt mit immer schlimmeren direkten und indirekten Folgen (z.B. Demokratieabbau) führen.
Am Tag darauf kam Saeed Dschalili, der Verhandlungsführer des Iran bei den Atomverhandlungen. Er verwies auf das Recht seines Landes Urananreicherung zu betreiben und versicherte, dass entsprechend der Aussage der US-Geheimdienste eine militärische Nutzung ausgeschlossen sei. Er musste sich berechtigte Kritik an der Menschenrechtssituation im Iran anhören.
Die Mitglieder der Iran-Delegation des Parlamentes, die vor kurzem in Teheran mit Regierung und Opposition Gespräche geführt hatten, forderten ein Moratorium in der Atomfrage und keine Verschärfung der Sanktionen, [u.a. weil mit den Geheimdienstberichten der USA neue Fakten auf dem Tisch liegen und weil auch demokratische Oppositionsgruppen im Iran darauf verwiesen, dass Sanktionen kontraproduktiv seien.]
Geschockt hat mich die Aussage, dass der Iran 20 Atomkraftwerke bauen will. Es gibt weltweit eine Renaissance der Atomenergie, insbesondere auch von der neuen französischen Regierung forciert. In der EU besteht bis heute EURATOM fort (auch mit dem neuen Reformvertrag), das eine Förderung von Atomenergie vorsieht. Hier wird auf die völlig falsche Energiegewinnung gesetzt und den nächsten Generationen Unmengen von dauerstrahlendem Atommüll hinterlassen.
Aber offensichtlich gibt es nicht nur eine Renaissance der Atomenergie, sondern auch von Atomwaffen. Nach Angaben von Russlands Generalstabschef ist ein präventiver Nuklearschlag Teil der russischen Militärstrategie. Schon letztes Jahr veröffentlichte die NATO eine Studie u.a. vom deutschen General Klaus Naumann. Dort heißt es u.a.: "Die atomare Eskalation bleibt weiterhin ein Element jeder modernen Strategie" und "Ein derartiges Konzept der interaktiven Eskalation setzt Dominanz bei der Eskalation voraus, den Einsatz des ganzen Spektrums von Zuckerbrot und Peitsche, aller weichen und harten Machtinstrumente, vom diplomatischen Protest bis zu Atomwaffen."
Robert Cooper, Berater vom EU-Außenbeauftragten Javier Solana wird dazu im britischen Guardian wie folgt zitiert: "Es könnte sein, dass wir als erste Atomwaffen einsetzen, aber ich wäre vorsichtig das laut zu sagen."
Vom 8 bis 10. Februar treffen sich diverse Militärstrategen dieser Welt in München zur so genannten Sicherheitskonferenz. Es ist Horst Teltschiks letzte. Schon wieder durfte ich - wie andere LINKE auch - nicht teilnehmen. Macht nichts. Bei den Protesten am 8. und 9. Februar bin ich auf jeden Fall dabei - egal welche komischen Rechtsverfahren auch laufen - [es gibt genügend Gründe gegen dieses Treffen zu demonstrieren.]
Tobias Pflüger - 2008/01/25 13:49
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