Faules Ei aus Brüssel
Pressebericht in: Junge Welt, 22.03.2008 / Titel / Seite 1
Von Harald Neuber
An diesem Wochenende werden erneut Tausende Menschen bundesweit an den traditionellen Ostermärschen für Frieden teilnehmen. Auch zahlreiche Mitglieder der Partei Die Linke demonstrieren dann mit der Losung »Bundeswehr raus aus Afghanistan« ihre Ablehnung des Besatzungsregimes. Was sie nicht ahnen: Während sie als Teil der deutschen Friedensbewegung auf die Straße ziehen, arbeitet einer ihrer führenden Genossen gegen die wichtigste außenpolitische Position der Linkspartei. In einem Entschließungsantrag für den Auswärtigen Ausschuß des Europaparlaments unterstützt der EU-Abgeordnete André Brie Fortführung und Ausbau der Besatzung des zentralasiatischen Staates durch westliche Armeen. Das achtseitige Dokument, das Brie gemeinsam mit dem CDU-Politiker Jürgen Schröder erarbeitet hat und dessen Entwurf junge Welt vorliegt, soll Ende des Monats vom Außenausschuß in Brüssel angenommen werden.
Als verantwortlicher Afghanistan-Berichterstatter höhlt Brie mit dem Antrag die klare Position seiner Partei aus. Zwar verweist er auch auf die zunehmenden Probleme in Afghanistan. Als Lösung wird aber nicht ein Ende der Okkupation gefordert, sondern ein besseres Management der militärischen Fremdherrschaft. Afghanistan werde für den Westen zum »Testfall«, schreibt Brie, um deswegen eine »ehrliche Bewertung der aktuellen Militärstrategie« einzufordern. Seine Opposition gegen die Besatzung beschränkt sich auf den Wunsch, daß »an die Stelle der bislang im Vordergrund stehenden militärischen Lösung verstärkte Anstrengungen auf dem Gebiet des zivilen Wiederaufbaus treten«. Militärische »Provinz-Aufbauteams« (PRT) sollten zudem in den abgelegenen Regionen den Widerstand gegen die Besatzer zurückdrängen. Was Brie nicht erwähnt: Die PRTs sind Ende 2002 von den US-Besatzungskräften im Rahmen der völkerrechtswidrigen »Operation Enduring Freedom« ins Leben gerufen worden. In deren Geist stellt sich auch das Brie-Papier, indem es eingangs auf den letzten Afghanistan-Beschluß des EU-Parlaments verweist. Dabei hatten die Brüssler Abgeordneten Mitte Januar 2006 die militärische Präsenz »in den südlichen und südöstlichen Provinzen« Afghanistans unterstützt, »um den Terrorismus zu bekämpfen«.
Bries Genossen in Brüssel und Berlin reagierten verärgert. Der Text »läßt nicht die Handschrift unserer Partei erkennen«, sagte der außenpolitische Mitarbeiter der Bundestagsfraktion Harri Grünberg gegenüber junge Welt. Die Linke fordere wie auch die übrigen Mitglieder des Parteiverbundes »Europäische Linke« den Abzug der internationalen Besatzungskräfte aus Afghanistan. Das führende Mitglied in der Bundesarbeitsgemeinschaft Frieden und internationale Politik der Partei Alexander Neu warf Brie im jW-Gespräch vor, gegen die Position der Gesamtpartei zu handeln. Ein anderer EU-Abgeordneter der Linken, Tobias Pflüger, kündigte von einer Delegationsreise aus dem Sultanat Oman telefonisch seinen Widerstand gegen den Vorstoß Bries an. »Ich werde auf jeden Fall auf eine Reihe von Veränderungen drängen«, sagte Pflüger. Basis jeder Stellungnahme der Linkspartei zu Afghanistan müsse auf jeden Fall die Forderung nach einem Rückzug der Besatzungstruppen sein, so Pflüger: »Und das schließt die Bundeswehr natürlich ein.«
Von Harald Neuber
An diesem Wochenende werden erneut Tausende Menschen bundesweit an den traditionellen Ostermärschen für Frieden teilnehmen. Auch zahlreiche Mitglieder der Partei Die Linke demonstrieren dann mit der Losung »Bundeswehr raus aus Afghanistan« ihre Ablehnung des Besatzungsregimes. Was sie nicht ahnen: Während sie als Teil der deutschen Friedensbewegung auf die Straße ziehen, arbeitet einer ihrer führenden Genossen gegen die wichtigste außenpolitische Position der Linkspartei. In einem Entschließungsantrag für den Auswärtigen Ausschuß des Europaparlaments unterstützt der EU-Abgeordnete André Brie Fortführung und Ausbau der Besatzung des zentralasiatischen Staates durch westliche Armeen. Das achtseitige Dokument, das Brie gemeinsam mit dem CDU-Politiker Jürgen Schröder erarbeitet hat und dessen Entwurf junge Welt vorliegt, soll Ende des Monats vom Außenausschuß in Brüssel angenommen werden.
Als verantwortlicher Afghanistan-Berichterstatter höhlt Brie mit dem Antrag die klare Position seiner Partei aus. Zwar verweist er auch auf die zunehmenden Probleme in Afghanistan. Als Lösung wird aber nicht ein Ende der Okkupation gefordert, sondern ein besseres Management der militärischen Fremdherrschaft. Afghanistan werde für den Westen zum »Testfall«, schreibt Brie, um deswegen eine »ehrliche Bewertung der aktuellen Militärstrategie« einzufordern. Seine Opposition gegen die Besatzung beschränkt sich auf den Wunsch, daß »an die Stelle der bislang im Vordergrund stehenden militärischen Lösung verstärkte Anstrengungen auf dem Gebiet des zivilen Wiederaufbaus treten«. Militärische »Provinz-Aufbauteams« (PRT) sollten zudem in den abgelegenen Regionen den Widerstand gegen die Besatzer zurückdrängen. Was Brie nicht erwähnt: Die PRTs sind Ende 2002 von den US-Besatzungskräften im Rahmen der völkerrechtswidrigen »Operation Enduring Freedom« ins Leben gerufen worden. In deren Geist stellt sich auch das Brie-Papier, indem es eingangs auf den letzten Afghanistan-Beschluß des EU-Parlaments verweist. Dabei hatten die Brüssler Abgeordneten Mitte Januar 2006 die militärische Präsenz »in den südlichen und südöstlichen Provinzen« Afghanistans unterstützt, »um den Terrorismus zu bekämpfen«.
Bries Genossen in Brüssel und Berlin reagierten verärgert. Der Text »läßt nicht die Handschrift unserer Partei erkennen«, sagte der außenpolitische Mitarbeiter der Bundestagsfraktion Harri Grünberg gegenüber junge Welt. Die Linke fordere wie auch die übrigen Mitglieder des Parteiverbundes »Europäische Linke« den Abzug der internationalen Besatzungskräfte aus Afghanistan. Das führende Mitglied in der Bundesarbeitsgemeinschaft Frieden und internationale Politik der Partei Alexander Neu warf Brie im jW-Gespräch vor, gegen die Position der Gesamtpartei zu handeln. Ein anderer EU-Abgeordneter der Linken, Tobias Pflüger, kündigte von einer Delegationsreise aus dem Sultanat Oman telefonisch seinen Widerstand gegen den Vorstoß Bries an. »Ich werde auf jeden Fall auf eine Reihe von Veränderungen drängen«, sagte Pflüger. Basis jeder Stellungnahme der Linkspartei zu Afghanistan müsse auf jeden Fall die Forderung nach einem Rückzug der Besatzungstruppen sein, so Pflüger: »Und das schließt die Bundeswehr natürlich ein.«
Tobias Pflüger - 2008/03/25 12:31
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