Geheimgespräche EU – Israel
Pressebericht in: Neues Deutschland, Freitag, den 13. Juni 2008
Chef der Linksfraktion im Europaparlament fordert Aufklärung über Verhandlungen
Von Uwe Sattler
In offenbar seit einem Jahr laufenden Verhandlungen zwischen Israel und der Europäischen Union fordert Tel Aviv gleiche Rechte wie ein EU-Mitgliedstaat. Das Europäische Parlament wurde über die Gespräche nicht informiert.
Es kommt nicht alle Tage vor, dass sich ein Fraktionschef des Europäischen Parlaments direkt an Staatspräsidenten und die EU-Spitzen wendet. Genau das aber ist am Mittwoch geschehen: Francis Wurtz, Vorsitzender der Fraktion der Vereinten Europäischen Linken / Nordische Grüne Linke forderte in gleichlautenden Schreiben an Kommissionspräsident José Manuel Barroso, an den EU-Außenbeauftragten Javier Solana und an Frankreichs Staatschef Nicolas Sarkozy – Paris übernimmt im Juli den Ratsvorsitz – Aufklärung über Gespräche der EU mit israelischen Regierungsvertretern. Dabei stand nicht der Friedensprozess in Nahost im Mittelpunkt, sondern die Einbeziehung Israels in alle Diskussions- und Entscheidungsstrukturen der EU.
In den seit einem Jahr laufenden Verhandlungen gehe es um das Anliegen Tel Avivs, »quasi die Rechte eines EU-Mitgliedstaates zu erhalten«, heißt es nach ND-Informationen in dem Schreiben von Francis Wurtz. »Sicheren Quellen« zufolge wolle Israel in EU-Treffen auf allen Ebenen, insbesondere zu Sicherheitsfragen und zu den Beziehungen mit den nordafrikanischen und arabischen Staaten sowie in die EU-Aktivitäten im UN-Rahmen einbezogen werden. Auch in Wirtschafts- und Finanzfragen, bei Umwelt- und energiepolitischen Themen möchten Vertreter Israels mit am Tisch sitzen.
Für Tobias Pflüger, der für die Linksfraktion im Auswärtigen Ausschuss des Europaparlaments sitzt, wären die Folgen einer so aufgewerteten Partnerschaft klar: »Die EU würde als Akteur im Nahostkonflikt ausfallen. Mit einer engen Vereinbarung mit der israelischen Regierung wäre jede ›Neutralität‹ dahin, was auch Folgen für die Verhandlungen des Nahostquartetts aus EU, UNO, USA und Russland hätte.« Eine Reaktion auf die Anfrage an die Botschaft Israels in Deutschland über den Stand der Gespräche lag bis Redaktionsschluss nicht vor.
Bereits wenige Tage zuvor hatte sich der Präsident des Europäischen Parlaments, Hans-Gert Pöttering, in der Angelegenheit an EU-Außenkommissarin Benita Ferrero-Waldner gewandt. In dem ND vorliegenden Brief wird ausdrücklich bemängelt, dass nach dem Außenministerrat von Anfang Mai, bei dem das Thema Israel zur Debatte stand, hartnäckiges Schweigen des Rats herrschte. Sowohl dem Linksfraktionschef als auch Pöttering stößt auf, dass das EU-Parlament über die Gespräche »nicht die geringste Information« (Wurtz) erhalten habe. Zumindest die Unterrichtung der Parlamentarier aber sieht der derzeit noch gültige Nizza-Vertrag ebenso vor wie das Lissabonner Reformabkommen. Pöttering und Wurtz setzen nun darauf, dass auf dem EU-Israel-Assoziierungsrat am Montag Klarheit über die Gespräche mit Tel Aviv geschaffen wird. Am kommenden Dienstag sollte Israels Außenministerin Zipi Livni im Auswärtigen Ausschuss des EU-Parlaments sprechen. Der Auftritt wurde abgesagt – aus »Termingründen«.
Chef der Linksfraktion im Europaparlament fordert Aufklärung über Verhandlungen
Von Uwe Sattler
In offenbar seit einem Jahr laufenden Verhandlungen zwischen Israel und der Europäischen Union fordert Tel Aviv gleiche Rechte wie ein EU-Mitgliedstaat. Das Europäische Parlament wurde über die Gespräche nicht informiert.
Es kommt nicht alle Tage vor, dass sich ein Fraktionschef des Europäischen Parlaments direkt an Staatspräsidenten und die EU-Spitzen wendet. Genau das aber ist am Mittwoch geschehen: Francis Wurtz, Vorsitzender der Fraktion der Vereinten Europäischen Linken / Nordische Grüne Linke forderte in gleichlautenden Schreiben an Kommissionspräsident José Manuel Barroso, an den EU-Außenbeauftragten Javier Solana und an Frankreichs Staatschef Nicolas Sarkozy – Paris übernimmt im Juli den Ratsvorsitz – Aufklärung über Gespräche der EU mit israelischen Regierungsvertretern. Dabei stand nicht der Friedensprozess in Nahost im Mittelpunkt, sondern die Einbeziehung Israels in alle Diskussions- und Entscheidungsstrukturen der EU.
In den seit einem Jahr laufenden Verhandlungen gehe es um das Anliegen Tel Avivs, »quasi die Rechte eines EU-Mitgliedstaates zu erhalten«, heißt es nach ND-Informationen in dem Schreiben von Francis Wurtz. »Sicheren Quellen« zufolge wolle Israel in EU-Treffen auf allen Ebenen, insbesondere zu Sicherheitsfragen und zu den Beziehungen mit den nordafrikanischen und arabischen Staaten sowie in die EU-Aktivitäten im UN-Rahmen einbezogen werden. Auch in Wirtschafts- und Finanzfragen, bei Umwelt- und energiepolitischen Themen möchten Vertreter Israels mit am Tisch sitzen.
Für Tobias Pflüger, der für die Linksfraktion im Auswärtigen Ausschuss des Europaparlaments sitzt, wären die Folgen einer so aufgewerteten Partnerschaft klar: »Die EU würde als Akteur im Nahostkonflikt ausfallen. Mit einer engen Vereinbarung mit der israelischen Regierung wäre jede ›Neutralität‹ dahin, was auch Folgen für die Verhandlungen des Nahostquartetts aus EU, UNO, USA und Russland hätte.« Eine Reaktion auf die Anfrage an die Botschaft Israels in Deutschland über den Stand der Gespräche lag bis Redaktionsschluss nicht vor.
Bereits wenige Tage zuvor hatte sich der Präsident des Europäischen Parlaments, Hans-Gert Pöttering, in der Angelegenheit an EU-Außenkommissarin Benita Ferrero-Waldner gewandt. In dem ND vorliegenden Brief wird ausdrücklich bemängelt, dass nach dem Außenministerrat von Anfang Mai, bei dem das Thema Israel zur Debatte stand, hartnäckiges Schweigen des Rats herrschte. Sowohl dem Linksfraktionschef als auch Pöttering stößt auf, dass das EU-Parlament über die Gespräche »nicht die geringste Information« (Wurtz) erhalten habe. Zumindest die Unterrichtung der Parlamentarier aber sieht der derzeit noch gültige Nizza-Vertrag ebenso vor wie das Lissabonner Reformabkommen. Pöttering und Wurtz setzen nun darauf, dass auf dem EU-Israel-Assoziierungsrat am Montag Klarheit über die Gespräche mit Tel Aviv geschaffen wird. Am kommenden Dienstag sollte Israels Außenministerin Zipi Livni im Auswärtigen Ausschuss des EU-Parlaments sprechen. Der Auftritt wurde abgesagt – aus »Termingründen«.
Tobias Pflüger - 2008/06/19 10:35
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