Mehr Soldaten für weltweite EU-Einsätze

Pressebericht in: Neues Deutschland, 13.12. 2008

Von Olaf Standke

Union forciert Aufbau von Eingreiftruppen


Fast unbemerkt angesichts der heftigen Debatten um Konjunkturprogramme und Klimapakete haben die 27 Staats- und Regierungschefs der EU auf ihrem Treffen in Brüssel neue Weichen für die seit Langem angestrebte Militärunion gestellt. »Mehr Soldaten für weltweite Einsätze« – auf diese Kurzformel lässt sich die Gipfel-Vereinbarung bringen. Die Mitgliedstaaten verpflichten sich »zur Entwicklung robuster, flexibler und interoperabler« militärischer Fähigkeiten. Im Lissabonner Vertrag hatte man diesen Punkt gleichsam grundgesetzlich verankert.

Die »dauerhaften gemeinsamen Anstrengungen« zur Stärkung der militärischen Kapazitäten sind darauf gerichtet, in den nächsten Jahren für eine größere Operation weltweit 60 000 Soldaten innerhalb von 60 Tagen einsetzen zu können. Dieses Ziel wurde zum ersten Mal vor zehn Jahren angepeilt, vollständig umgesetzt wurde der Beschluss von Helsinki über eine eigene Eingreiftruppe bisher aber nicht. Auch innerhalb der NATO scheiterten die Europäer bei dem Versuch, gemeinsam mit den USA insgesamt 25 000 Soldaten einsatzbereit zu halten.

Nun soll die Europäische Union als »wichtiger politischer Akteur auf der Weltbühne« zudem gleichzeitig eine Reihe anderer Militäroperationen durchführen können. Gedacht ist an zwei Einsätze zur »Stabilisierung von Konflikten« mit jeweils bis zu 10 000 Soldaten über eine Dauer von mindestens zwei Jahren und an zwei zeitlich befristete »Krisenreaktionsoperationen« unter Einsatz von Gefechtsverbänden. Zu den Zielen gehören die Evakuierung europäischer Staatsbürger innerhalb von zehn Tagen aus Gefahr und die Sperrung des See- oder Luftverkehr in einer Zone, in der die Interessen der EU auf dem Spiel stehen. Die strategische Partnerschaft mit der NATO solle durch eine neue »informelle hochrangige EU-NATO-Gruppe« vertieft werden, um die Zusammenarbeit »pragmatisch« zu verbessern. Dafür werde man u.a. den »europäischen Rüstungsmarkt« ausbauen.

Der Europaabgeordnete Tobias Pflüger, Mitglied des Auswärtigen Ausschusses und Koordinator der Linksfraktion im Unterausschuss Sicherheit und Verteidigung, sieht damit hinsichtlich einer weiteren Militarisierung der EU die schlimmsten Befürchtungen bestätigt. Eine demokratische, soziale und zivile Europäische Union bedürfe einer völlig anderen vertraglichen Grundlage.

Trackback URL:
https://tobiaspflueger.twoday.net/stories/5390403/modTrackback

logo
tobias pflueger DieLinke_RGB


Startseite
Über mich
Kontakt

Suche

 

RSS-Feed: Informationsstelle Militarisierung

Protestkundgebung zum NATO-Gipfel in Den Haag: Gegen Rüstungswahn,...
Am 24. und 25. Juni 2025 wollen die Staat- und Regierungschefs...
IMI - 2025/06/18 13:26
Eskalation Nahost: Zerschlagung des Irans
Die durch Israel ohne Kriegserklärung begonnenen Angriffe...
IMI - 2025/06/17 18:00
Israelische Angriffshandlung: Klar völkerrechtswidrig!
Es ist schon bemerkenswert, dass man am 13. Juni 2025...
IMI - 2025/06/16 16:13
Veteranentag: Ein Volksfest für die Kriegstüchtigkeit
Am kommenden Sonntag findet zum ersten Mal der sogenannte...
IMI - 2025/06/13 18:44
„Der Krieg ist ein Skandal“
Ein furioses Buch ist herausgekommen, in dem der Archäologe...
IMI - 2025/06/12 09:36

Archiv

Status

Online seit 7582 Tagen
Zuletzt aktualisiert: 2013/01/26 00:43

User Status

Du bist nicht angemeldet.