Entschließunsantrag zum Weltsozialforum in Porto Alegre und zum Weltwirtschaftsforum in Davos

Entschließunsantrag - 16.02.05 - B6-0111/2005

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

eingereicht im Anschluss an eine Erklärung der Kommission

gemäß Artikel 103 Absatz 2 der Geschäftsordnung

von Francis Wurtz, Vittorio Emanuele Agnoletto, Tobias Pflüger, Pedro Guerreiro, Bairbre de Brún, Gabriele Zimmer, Sahra Wagenknecht, Feleknas Uca und Marco Rizzo

im Namen der GUE/NGL-Fraktion

zum Weltsozialforum in Porto Alegre und zum Weltwirtschaftsforum in Davos

PE 354.234v01-00

B6-0111/2005
Entschließung des Europäischen Parlaments zum Weltsozialforum in Porto Alegre und zum Weltwirtschaftsforum in Davos

Das Europäische Parlament,

– in Kenntnis des Appells der sozialen Bewegungen auf dem 5. Weltsozialforum von Porto Alegre,

– in Kenntnis der Entschließung des 5. Weltforums der Parlamentarier von Porto Alegre,

– gestützt auf Artikel 103 Absatz 2 seiner Geschäftsordnung,

A. in der Erwägung, dass am 5. Weltsozialforum 155 000 Menschen aus 135 Ländern teilgenommen haben, darunter zahlreiche Jugendliche, die Alternativen zum Neoliberalismus aufbauen wollen und gegen den Krieg sind, wie der Friedensmarsch zur Eröffnung des Forums gezeigt hat, der ungeheuer großen Zulauf fand,

C. in der Erwägung, dass das Weltsozialforum, das Weltforum der Parlamentarier, aber auch das Weltforum der Richter, das Weltforum der Gebietskörperschaften, das Weltforum für Bildung und das Weltforum für die Würde ausgegrenzter und diskriminierter Personen klare und überzeugende Botschaften ausgesandt haben, die nicht ignoriert werden dürfen,

C. in der Erwägung, dass das Weltsozialforum sozialen Bewegungen die Möglichkeit gegeben hat, ihre Positionen besser aufeinander aufzustimmen und im Geiste der Solidarität zwischen den Völkern Alternativen zum Neoliberalismus vorzuschlagen,

D. in der Erwägung, dass die Teilnehmer dieses Treffens erneut auf die Bedeutung einer nachhaltigen Entwicklung und der Bekämpfung der Armut für die ganze Welt hinweisen und den festen Willen der Bürger, sich auf allen Ebenen am Entscheidungsprozess zu beteiligen, unterstützen wollen,

E. in der Erwägung, dass es in Südamerika, wo das Weltsozialforum stattfindet, eine starke Bewegung gibt, die nach Alternativen zur Politik des Neoliberalismus sucht und die in folgenden Aktionen konkreten Ausdruck findet:



im Kampf um die Erhaltung der öffentlichen Wasserversorgung, wobei das Referendum über die Nichtprivatisierung der Wasserversorgung in Uruguay erfolgreich war, sowie im Kampf gegen die multinationalen Konzerne in Bolivien, Argentinien und andernorts,


in dem Bemühen um regionale Integration (Mercosur und Andenregion) als Alternative zu der von den Vereinigten Staaten und der Europäischen Union vorgeschlagenen Freihandelszone,


in den Bemühungen der brasilianischen Regierung, trotz der Schwierigkeiten und der immensen Auslandsverschuldung sozialpolitische Maßnahmen durchzuführen,


im Aufbau einer partizipatorischen Demokratie, in der sinnvollen Nutzung der Ölvorkommen und der Entwicklung von Sozialprogrammen in Venezuela,


in der Suche nach einer politischen Lösung und der Ablehnung des „Plans für Kolumbien“, mit dem die Vereinigten Staaten die Region militarisieren und destabilisieren wollen,

F. in der Erwägung, dass das 35. Weltwirtschaftsforum in Davos, an dem hauptsächlich die Führungsriegen multinationaler Unternehmen sowie Politiker, religiöse Oberhäupter und einige wenige NGO teilgenommen haben, offenbar zentrale Fragen wie wachsende Ungleichheit, Umweltzerstörung und Klimawandel aufgegriffen hat, auf die zuerst vom Weltsozialforum in Porto Alegre aufmerksam gemacht wurde,

1. ist der Ansicht, dass das Weltsozialforum von Porto Alegre von 2005 erneut mit Nachdruck deutlich gemacht hat, dass es Krieg und Neoliberalismus als dessen politisches Pendant ablehnt und sich mit aller Kraft dafür einsetzen will, dass sich Politik auf die Werte Solidarität und Freiheit, Gerechtigkeit und Rechte, Frieden, Demokratie und Teilhabe sowie darauf stützt, dass Entwicklung, Umweltschutz und kulturelle Vielfalt Vorrang vor Profitstreben haben,

2. ist erfreut über den Erfolg des Weltsozialforums von Porto Alegre, sowohl in quantitativer als auch in qualitativer Hinsicht, über die freien und offenen Diskussionen, die massive Beteiligung am Forum sowie über die Tatsache, dass überhaupt so viele Menschen mobilisiert werden konnten; begrüßt, dass der Zusammenhalt zwischen den sozialen Bewegungen, vor allem zwischen den Gewerkschaften, den Bauernvereinigungen, den Frauenorganisationen und den NGO gestärkt werden konnte, und vor allem, dass dank dieses Forums weltweit mehr Alternativen entwickelt werden;

3. unterstützt die Ablehnung der Privatisierung der Wasserversorgung durch WSF und WFP und spricht sich dafür aus, den Zugang zu Wasser als universelles Menschenrecht zu betrachten; schlägt vor, eine Delegation zum zweiten Weltalternativforum für Wasser (FAME 2005) vom 17. bis 20. März in Genf zu entsenden und sich am Internationalen Tag des Wassers am 22. März 2005 zu beteiligen;

4. unterstützt die Standpunkte des WSF und des WFP gegen den Krieg und gegen die Tatsache, dass der Kampf gegen den Terrorismus zu Kriegszwecken instrumentalisiert wird, um Freiheiten einzuschränken, sowie ihre Forderung nach Stärkung und Demokratisierung der Vereinten Nationen; spricht sich für den Vorschlag aus, den 19. März zum Internationalen Tag gegen den Krieg zu erklären;

5. bekräftigt, dass die Souveränität des irakischen Volkes zu respektieren ist und dass die Besatzungstruppen sich aus dem Irak zurückziehen müssen;

6. fordert die Kommission auf, ihre Bemühungen um eine gerechte und dauerhafte Lösung des Nahostkonflikts zu intensivieren, indem entsprechend dem Friedensplan und ohne Vorbedingungen ein endgültiger und dauerhafter Friedensvertrag auf der Grundlage der friedlichen Koexistenz von Israel und Palästina als demokratische, lebensfähige und souveräne Staaten ausgehandelt wird;

7. unterstützt den Vorschlag des internationalen parlamentarischen Netzwerks, eine pluralistisch besetzte parlamentarische Delegation nach Kolumbien zu entsenden, um sich an einer Verhandlungslösung zur Beilegung dieses Konflikts zu beteiligen, der von den Vereinigten Staaten geschürt wird und die gesamte Region zu militarisieren und zu erfassen droht;

8. unterstützt die Forderung sowohl des Weltsozialforums als auch des Weltforums der Parlamentarier nach Erlass der Auslandschulden der Entwicklungsländer, nach Reform der internationalen Finanzinstitutionen, nach einer besseren Überwachung des Treibens internationaler Konzerne und nach einem gerechteren Handelssystem, mit dem die Ungleichheit zwischen den reichen und armen Ländern beseitigt werden kann, anstatt diese Kluft noch weiter zu vertiefen;

9. unterstützt den Vorschlag von Porto Alegre, der in Davos aufgegriffen wurde, einen von den Vereinten Nationen verwalteten Fonds einzurichten, der sich aus einer Steuer auf Kapitalspekulationen speist, um damit die Bekämpfung von Armut und Hunger zu finanzieren;

10. unterstützt die vom WSF und WFP erhobene Forderung, der Sicherheit der Nahrungsmittelversorgung, der öffentlichen Gesundheit, dem Umweltschutz und der Artenvielfalt Vorrang vor dem Profitstreben einzuräumen;

11. unterstützt die Appelle der Bauern- und Indianervereinigungen und der zivilgesellschaftlichen Plattformen, vor allem den „Appell von Chapeco“ und die „Erklärung von Dakar“, in denen die Regierungen aufgefordert werden, ihrer Verantwortung in Bezug auf Agrarreformen und handelspolitische Maßnahmen gerecht zu werden, mit denen das Überleben der Bauern und die Selbstversorgung mit Nahrungsmitteln gesichert wird;

12. schließt sich dem Aufruf des Weltforums der Parlamentarier an die Unesco an, die Verhandlungen über ein internationales übereinkommen über die kulturelle Vielfalt zum Abschluss zu bringen, damit die Vielfalt der identitätsstiftenden kulturellen Ausdrucksformen vor den rein kommerziellen Regeln der WTO und des GATS-Abkommens geschützt werden;

13. bedauert, dass die schweizerische Regierung im Rahmen des Weltwirtschaftsforums von Davos eine Minitagung der WTO auf Ministerebene organisiert hat, die sich auf bestimmte Länder beschränkte und alle anderen ausschloss, und auf der die Millenniumsrunde nach dem Scheitern von Seattle und Cancun wieder etabliert werden sollte;

14. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung der Kommission, dem Rat und dem Generalsekretär der Vereinten Nationen zu übermitteln.

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