Entschließungsantrag zum Iran, 5.10.2005

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG
eingereicht im Anschluss an Erklärungen des Rates und der Kommission
gemäß Artikel 103 Absatz 2 der Geschäftsordnung
von Francis Wurtz, Vittorio Agnoletto, Jonas Sjöstedt und Tobias Pflüger
im Namen der GUE/NGL-Fraktion
zum Iran


Entschließung des Europäischen Parlaments zum Iran (B6 0543/2005)

Das Europäische Parlament,
– unter Hinweis auf die Charta der Vereinten Nationen,
– unter Hinweis auf den Vertrag über die Nichtverbreitung von Kernwaffen;
– unter Hinweis auf den Bericht des Generaldirektors der Internationalen Atomenergie-Organisation (IAEO) über die Implementierung des NVV-Sicherungsabkommens durch die Islamische Republik Iran vom 25. September 2005;
– unter Hinweis auf die vom IAEO-Gouverneursrat angenommenen entsprechenden Resolutionen;
– gestützt auf Artikel 103 Absatz 2 seiner Geschäftsordnung,
A. in der Erwägung, dass der Vertrag über die Nichtverbreitung von Kernwaffen für die Verhinderung der Verbreitung von Kernwaffen, das System der multilateralen Abrüstungsverträge sowie den Erhalt des Friedens und der internationalen Sicherheit von entscheidender Bedeutung ist;
B. in der Erwägung, dass der Iran in den vergangenen Jahren über einen langen Zeitraum hinweg seinen Verpflichtungen aus dem NVV-Sicherungsabkommen bezüglich der Offenlegung von Informationen über Nuklearmaterial und dessen Verarbeitung bzw. dessen Verwendung sowie über die Anlagen, in denen dieses Material verarbeitet und gelagert wird, nicht nachgekommen ist;
C. in der Erwägung, dass der Generaldirektor in seinem Bericht vom 2. September 2005 erklärt hat, dass der Iran seit September 2002 gute Fortschritte im Hinblick auf die Abstellung von Verstößen gemacht habe und keine zusätzlichen Verstöße bekannt seien;
D. in der Erwägung, dass die IAEO bislang jedoch nicht in der Lage ist, die wichtigen noch offenen Punkte zu klären, oder davon ausgehen kann, dass es im Iran weder nichtdeklariertes Kernmaterial noch nichtdeklarierte nukleare Tätigkeiten gibt;
E. in der Erwägung, dass der Iran zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht über ein funktionsfähiges Kernkraftwerk verfügt und der Iran und die Russische Föderation einen Vertrag über die Lieferung nuklearer Brennstäbe für den noch im Bau befindlichen Reaktor in Bushehr unterzeichnet haben; in der Erwägung, dass die Wiederaufnahme der Uranumwandlung in der Konversionsanlage in Isfahan in den USA, den Mitgliedstaaten der EU und anderen Ländern die Zweifel auslöst, ob das iranische Atomprogramm ausschließlich friedlichen Zwecken dient; in der Erwägung, dass die Konversionsanlage in Isfahan unter der Aufsicht der IAEO steht;
F. in der Erwägung, dass Frankreich, Deutschland und das Vereinigte Königreich in Zusammenarbeit mit dem Hohen Vertreter der EU am 15. November 2004 mit dem Iran Verhandlungen über ein langfristiges Übereinkommen über Zusammenarbeit in politischen und sicherheitsbezogenen Fragen sowie auf wirtschaftlichem und technologischem Gebiet aufgenommen haben, wodurch objektiv garantiert werden soll, dass das Nuklearprogramm des Iran ausschließlich friedlichen Zwecken dient, sowie in der Erwägung, dass diese Verhandlungen unterbrochen wurden;
G. in der Erwägung, dass der Iran auf freiwilliger Basis vertrauensbildende Maßnahmen ergriffen und gemäß dem so genannten Pariser Abkommen in den Monaten der Verhandlungen mit der EU sein Programm zur Urananreicherung ausgesetzt hat;
H. in der Erwägung, dass es in Artikel IV des Vertrags über die Nichtverbreitung von Kernwaffen heißt: „Dieser Vertrag ist nicht so auszulegen, als werde dadurch das unveräußerliche Recht aller Vertragsparteien beeinträchtigt, unter Wahrung der Gleichbehandlung und in Übereinstimmung mit den Artikeln I und II die Erforschung, Erzeugung und Verwendung der Kernenergie für friedliche Zwecke zu entwickeln.“;
I. in der Erwägung, dass atomare Abrüstung und Nichtverbreitung von Kernwaffen Fragen sind, die grundsätzlich zusammenhängen und einander bedingen, und in der Erwägung, dass alle denkbaren Maßnahmen ergriffen werden müssen, um den Vertrag vollständig zu erfüllen;
J. in der Erwägung, dass Artikel VI des Vertrags über die Nichtverbreitung von Kernwaffen, wonach alle Vertragsparteien verpflichtet sind, Verhandlungen zur nuklearen Abrüstung sowie über einen Vertrag zur allgemeinen und vollständigen Abrüstung zu führen, zu keinem Zeitpunkt erfüllt wurde; in der Erwägung, dass der Einsatz von Kernwaffen und mögliche Präventivschläge eine verstärkte Rolle in den Militärstrategien der Staaten spielen, insbesondere der USA;
K. in der Erwägung, dass die neuen Atommächte Israel, Indien und Pakistan den Vertrag über die Nichtverbreitung von Kernwaffen bislang nicht unterzeichnet haben und ihre Nuklearaktivitäten nie in der Form kritisiert wurden, wie es beim Iran der Fall ist;
L. in der Erwägung, dass die UNO in ihren Entschließungen seit 30 Jahren – bisher ohne Erfolg -die Schaffung einer kernwaffenfreien Zone im Nahen Osten fordert;
M. in der Erwägung, dass bis Ende 2004 insgesamt 40 Nichtkernwaffenstaaten, die den Vertrag über die Nichtverbreitung von Kernwaffen unterzeichnet haben, noch keine NVV-Sicherheitsabkommen mit der IAEO abgeschlossen hatten, in deren Rahmen gemäß Artikel III dieses Vertrags überprüft werden kann, inwieweit diese Staaten ihren Verpflichtungen nachkommen und Kernenergie nicht von der friedlichen Nutzung abzweigen und für Kernwaffen und sonstige Kernsprengkörper verwenden;
N. in der Erwägung, dass der Iran am 15. Mai 1974 ein NVV-Sicherungsabkommen abgeschlossen hat, die Ratifizierung des mit der IAEO vereinbarten und am 18. Dezember 2003 unterzeichneten Zusatzprotokolls jedoch noch aussteht;
1. spricht sich für eine friedliche Beilegung des Konflikts um das Atomprogramm des Iran aus, bekräftig seine Ablehnung jedweder militärischer Maßnahmen und verweist darauf, dass militärische Maßnahmen zu einer Verschärfung der Krise in der Region führen würden;
2. zeigt sich angesichts des Drucks, der auf den Iran ausgeübt wird, zutiefst besorgt, einschließlich der Androhung von Gewalt durch die USA; erinnert an die Lehren aus dem Krieg gegen den Irak, der unrechtmäßig und illegal war und in gänzlichem Verstoß gegen das Völkerrecht, einseitig und gegen die mehrheitliche Auffassung der Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen sowie der internationalen Öffentlichkeit beschlossen wurde;
3. spricht dem Generaldirektor der IAEO und seinen Mitarbeitern seine Wertschätzung aus und sagt ihnen seine volle Unterstützung bei ihrer professionellen und unvoreingenommenen Arbeit im Hinblick auf die Umsetzung des NVV-Sicherungsabkommens im Iran und die Lösung offener sicherheitsrelevanter Fragen zu; fordert die IAEO auf, die betreffenden Maßnahmen fortzusetzen, um die tatsächliche Einhaltung des Atomwaffensperrvertrages durch den Iran zu verifizieren und zu gewährleisten, ist der Auffassung, dass offene Probleme von der IAEO gelöst werden sollten und spricht sich dafür aus, dass der IAEO die hierfür notwendige Zeit eingeräumt wird;
4. fordert die Regierung des Iran auf, ihre Verpflichtungen aus dem Vertrag über die Nichtverbreitung von Kernwaffen vorbehaltlos zu erfüllen sowie aktiv die Bemühungen der IAEO zu unterstützen, Antworten auf noch verbleibende offene Fragen bezüglich früherer Nuklearaktivitäten zu finden und Bedenken im Zusammenhang mit ihren gegenwärtigen friedlichen Nuklearaktivitäten zu zerstreuen;
5. fordert die Regierung und das Parlament des Iran auf, das Zusatzprotokoll zum NVV-Sicherungsabkommen zwischen dem Iran und der IAEO zu ratifizieren und umzusetzen;
6. ist der Auffassung, dass vertrauensbildende Maßnahmen ein geeignetes Mittel darstellen würden, um Spannungen abzubauen, und fordert den Iran auf, die vom Generaldirektor in seinem Bericht geforderten zusätzlichen Transparenzmaßnahmen einzuleiten;
7. nimmt die wiederholten Forderungen des IAEO-Gouverneursrats zur Kenntnis, der vom Iran die Aufgabe aller Anreicherungs- und Wiederaufbereitungstätigkeiten, einschließlich Uranumwandlung, als wichtige vertrauensbildende Maßnahme verlangt; bedauert, dass der Iran in der aktuellen angespannten Lage in der Konversionsanlage in Isfahan seine Uranumwandlungsaktivitäten wieder aufgenommen hat hat; fordert die iranische Regierung aus, diese Entscheidung zu überdenken;
8. fordert die Mitgliedstaaten der EU auf, die IAEO bei ihren Bemühungen zu unterstützen, die vollständige Einhaltung des Vertrags über die Nichtverbreitung von Kernwaffen durch den Iran und alle anderen Unterzeichnerstaaten durchzusetzen;
9. bedauert die Unterbrechung der Verhandlungen zwischen Frankreich, Deutschland und dem Vereinigten Königreich in Zusammenarbeit mit dem Hohen Vertreter der EU und dem Iran; fordert den Iran, Frankreich, Deutschland und das Vereinigte Königreich auf, in Zusammenarbeit mit dem Hohen Vertreter der EU die Gespräche wieder aufzunehmen und so die Verhandlungen bezüglich eines langfristigen Übereinkommens über Zusammenarbeit in politischen und sicherheitsrelevanten Fragen sowie auf wirtschaftlichem und technologischem Gebiet fortzusetzen; fordert den Rat, die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, während ihrer Verhandlungen mit dem Iran auch die problematische Menschenrechtssituation im Iran nicht außer Acht zu lassen;
10. fordert weitere Maßnahmen, um die Sicherheit und Stabilität in der Region zu garantieren, und spricht sich für die schrittweise Schaffung eines Rahmens für die politische und wirtschaftliche Zusammenarbeit in der Region aus; fordert die EU auf, ihre Möglichkeiten auszuschöpfen, um diesen Prozess zu unterstützen, wozu auch die Finanzierung von regionalen vertrauensbildenden Maßnahmen und Vereinbarungen gehören könnte;
11. bekräftigt seine Unterstützung für die Schaffung einer kernwaffenfreien Zone im Nahen Osten und fordert die Mitgliedstaaten der EU auf, mit neuen Initiativen zu diesem Ziel beizutragen; fordert die anerkannten und nicht anerkannten Kernwaffenstaaten auf, gegenüber dem Iran und allen anderen Staaten in der Region negative Sicherheitsgarantien abzugeben;
12. fordert Israel, Indien und Pakistan auf, dem Vertrag über die Nichtverbreitung von Kernwaffen beizutreten;
13. ist besorgt über die andauernde Besetzung des Irak, die zu einer gefährlichen Sicherheitslage in diesem Land und der gesamtem Region geführt hat; ist überzeugt, dass zur Verbesserung der Sicherheitslage in erster Linie der Abzug der ausländischen Truppen sowie die Lösung der politischen Probleme nötig sind, wobei insbesondere den Irakern die Souveränität tatsächlich und in vollem Umfang zurückgegeben werden muss;
14. ist fest davon überzeugt, dass die atomare Abrüstung einen erheblichen Beitrag zu Frieden, Sicherheit und Stabilität weltweit leisten wird, und fordert die EU auf, internationale Abrüstungsinitiativen zu unterstützen;
15. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung der Kommission, dem Rat, den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten, den Regierungen und Parlamenten des Iran, der USA, Russlands, Chinas, Israels, Indiens und Pakistans sowie dem Direktor der IAEO und dem UN-Generalsekretär zu übermitteln.

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