Pflüger in Melilla: Fetzen am Zaun
Pressebericht in: Schwäbisches Tagblatt, 19.10.2005
Der Ansturm afrikanischer Flüchtlinge auf die spanische Exklave Melilla dauert an. Täglich versuchen Hunderte, von Marokko aus über den Stacheldraht in die EU zu kommen. Einige sterben bei dem Versuch. Der Tübinger Tobias Pflüger, parteiloser EU-Abgeordneter der Linksfraktion (GUE/NGL) war am Montag vergangener Woche vor Ort.
Zusammen mit fünf weiteren EU-Abgeordneten fuhr Pflüger entlang der militärisch gesicherten Grenzanlage zwischen Marokko und Melilla. Pflüger: „Ein schrecklicher Eindruck.“ Er sah Blut beschmierte Bekleidungsfetzen im Stacheldraht und die von Hand gefertigten Leitern der Flüchtlinge zu einem großen meterhohen Haufen aufgetürmt. Viele Flüchtlinge, die über den Zaun gekommen sind, hatten sich an Händen und Füßen verletzt. Der Grenzzaun von Melilla sei das Symbol des Scheiterns der EU-Asyl- und Migrationspolitik sowie der EU-Afrikapolitik, so Pflüger. Tote an dieser Grenze nehme man offenbar billigend in Kauf, oder man wolle davon einfach nichts wissen.
Selbstverständlichkeiten, etwa dass kein Militär gegen Flüchtlinge eingesetzt würde und auch nicht auf Flüchtlinge geschossen werden dürfe, seien außer Kraft gesetzt, sagt Pflüger. Vor seinem Besuch starben zwölf Menschen innerhalb von zwei Wochen. Ob spanische Grenzsoldaten oder marokkanische Polizisten die Flüchtlinge getötet haben, konnte er nicht erfahren. Eine Untersuchung sei bislang nicht eingeleitet worden. Die Flüchtlinge, die es nach Europa geschafft haben, könnten sich nicht in Sicherheit wähnen, so Pflüger. Denn die EU-Außengrenze bestehe aus einem Doppelzaun, in dessen Mitte sich eine Art Grenzstreifen befinde. Flüchtlinge, die nur den ersten Zaun überwunden haben, würden von den spanischen Behörden sofort wieder nach Marokko zurückgeschickt.
Diejenigen, die es aber auch über den zweiten Zaun schaffen, kommen in ein Auffanglager innerhalb Melillas. Sie seien aber ebenso in Gefahr, später zurückgebracht zu werden. Laut Pflüger verstoße Spanien gegen die Genfer Flüchtlingskonvention und gegen internationale Flüchtlingsstandards.
In den Flüchtlingslagern Melillas scheint es korrekt abzulaufen, so Pflügers Einschätzung. Allerdings würden die Flüchtlinge so gut wie nie auf die Möglichkeit hingewiesen, einen Asylantrag stellen zu können. Aus seinen Gesprächen in der spanischen Exklave schloss der EU-Abgeordnete, dass die spanischen Behörden „sehr gut“ mit den marokkanischen zusammenarbeiten. Er habe den Eindruck, als habe man sich auf eine Arbeitsteilung verständigt, wobei den Marokkanern die „Drecksarbeit“ überlassen werde. ede
Der Ansturm afrikanischer Flüchtlinge auf die spanische Exklave Melilla dauert an. Täglich versuchen Hunderte, von Marokko aus über den Stacheldraht in die EU zu kommen. Einige sterben bei dem Versuch. Der Tübinger Tobias Pflüger, parteiloser EU-Abgeordneter der Linksfraktion (GUE/NGL) war am Montag vergangener Woche vor Ort.
Zusammen mit fünf weiteren EU-Abgeordneten fuhr Pflüger entlang der militärisch gesicherten Grenzanlage zwischen Marokko und Melilla. Pflüger: „Ein schrecklicher Eindruck.“ Er sah Blut beschmierte Bekleidungsfetzen im Stacheldraht und die von Hand gefertigten Leitern der Flüchtlinge zu einem großen meterhohen Haufen aufgetürmt. Viele Flüchtlinge, die über den Zaun gekommen sind, hatten sich an Händen und Füßen verletzt. Der Grenzzaun von Melilla sei das Symbol des Scheiterns der EU-Asyl- und Migrationspolitik sowie der EU-Afrikapolitik, so Pflüger. Tote an dieser Grenze nehme man offenbar billigend in Kauf, oder man wolle davon einfach nichts wissen.
Selbstverständlichkeiten, etwa dass kein Militär gegen Flüchtlinge eingesetzt würde und auch nicht auf Flüchtlinge geschossen werden dürfe, seien außer Kraft gesetzt, sagt Pflüger. Vor seinem Besuch starben zwölf Menschen innerhalb von zwei Wochen. Ob spanische Grenzsoldaten oder marokkanische Polizisten die Flüchtlinge getötet haben, konnte er nicht erfahren. Eine Untersuchung sei bislang nicht eingeleitet worden. Die Flüchtlinge, die es nach Europa geschafft haben, könnten sich nicht in Sicherheit wähnen, so Pflüger. Denn die EU-Außengrenze bestehe aus einem Doppelzaun, in dessen Mitte sich eine Art Grenzstreifen befinde. Flüchtlinge, die nur den ersten Zaun überwunden haben, würden von den spanischen Behörden sofort wieder nach Marokko zurückgeschickt.
Diejenigen, die es aber auch über den zweiten Zaun schaffen, kommen in ein Auffanglager innerhalb Melillas. Sie seien aber ebenso in Gefahr, später zurückgebracht zu werden. Laut Pflüger verstoße Spanien gegen die Genfer Flüchtlingskonvention und gegen internationale Flüchtlingsstandards.
In den Flüchtlingslagern Melillas scheint es korrekt abzulaufen, so Pflügers Einschätzung. Allerdings würden die Flüchtlinge so gut wie nie auf die Möglichkeit hingewiesen, einen Asylantrag stellen zu können. Aus seinen Gesprächen in der spanischen Exklave schloss der EU-Abgeordnete, dass die spanischen Behörden „sehr gut“ mit den marokkanischen zusammenarbeiten. Er habe den Eindruck, als habe man sich auf eine Arbeitsteilung verständigt, wobei den Marokkanern die „Drecksarbeit“ überlassen werde. ede
Tobias Pflüger - 2005/10/21 14:37
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