100 Millionen Euro weniger - EU-Haushaltskompromiss hat negative Auswirkungen für den Osten

Pressebericht in: Neues Deutschland, 20.12.05

Von Holger Elias, Brüssel

Der EU-Kompromiß zum Haushalt kostet die Ost-Bundesländer rund 100 Millionen Euro an Fördermitteln. Die Ost-Regierungschefs fordern nun einen nationalen Kostenausgleich als Kompensation.
Der sächsische CDU-Ministerpräsident Georg Milbradt ließ am Wochenende seiner Enttäuschung über den EU-Haushaltskompromiss freien Lauf. Er erinnerte daran, dass der Bund den ostdeutschen Ländern beim Abschluss des Solidarpakts eine Förderung inklusive der EU-Mittel garantiert hatte. Ostdeutschland dürfe nicht die Zeche für die Verringerung der deutschen EU-Beiträge aufgebürdet bekommen, klagte Milbradt.

Schwarz-Rot gegen interne Umlage

Nach den Vereinbarungen der Staats- und Regierungschefs zum EU-Finanzrahmen von 2007 bis 2013 erhalten die Neuen Länder zwar 250 Millionen Euro und die bayerischen Grenzgebiete 75 Millionen Euro an zusätzlichen Strukturhilfen aus Brüssel. Die Summe sollte aber ursprünglich um 100 Millionen Euro höher liegen. Die neuen Länder werden ersten Schätzungen zufolge bis 2013 mit rund einem Viertel weniger EU-Mittel auskommen müssen. Die große Koalition stemmt sich jedoch gegen einen Lastenausgleich.
»Es ist schwierig, den Ausgleich für etwas zu verlangen, was man noch gar nicht hatte«, meinte beispielsweise der haushaltspolitische Sprecher der Unionsfraktion, Steffen Kampeter (CDU). Die Fördergelder seien nicht in der Finanzplanung festgeschrieben, sondern lediglich ein Vorschlag gewesen, begründete er. Ins gleiche Horn stieß SPD-Fraktionsvize Joachim Poß. Auch er zweifelte die Notwendigkeit eines Ausgleichs an, weil es sich um »rein theoretische Erwartungen« handle.
Die Ministerpräsidenten von Sachsen, Thüringen und Mecklenburg-Vorpommern hatten am Wochenende einen solchen finanziellen Ausgleich gefordert, inzwischen hat sich dem auch Sachsen-Anhalts CDU-Ministerpräsident Wolfgang Böhmer angeschlossen. Thüringens Regierungschef Dieter Althaus (CDU) kündigte an, dass man nun »mit dem Bund über eine nationale Kompensation verhandeln« wolle. Allerdings begrüßte das einstige Mitglied von Merkels Kompetenzteam, dass es »überhaupt zu einem Kompromiss gekommen« sei. Es sei dies eine großartige Leistung, die auch zu einer Klimaverbesserung in Europa führen werde.
Samstagfrüh war die Einigung zum Hauhalt für die Jahre 2007 bis 2013 unter Dach und Fach und die finanziellen Posten auf knapp 35 Seiten festgeschrieben. Einzig Polens Ministerpräsident Kazimierz Marcinkiewicz kam mit einem ungekünstelten Lächeln aus der Beratung und erklärte sein Land als Sieger der mehrtägigen Runde. Er könne mit dem Kompromiss gut leben und der errungene Sieg schmecke wie französischer Champagner, lobte er sich. Jacques Chirac wirkte dagegen mürrisch und erklärte, froh zu sein, beim nächsten Ringkampf um den Haushalt nicht mehr dabeisein zu müssen.

Pflüger: EU-Rüstung viel zu teuer

Scharfe Kritik äußerte der parteilose Koordinator der Linksfraktion im Europäischen Parlament, Tobias Pflüger. »In keiner anderen Ratspräsidentschaft hat es je so viele neue EU-Militärmissionen gegeben«, sagte er. Dies habe dazu geführt, dass die EU sich zu einem militärischen Akteur mit globaler Reichweite entwickle. Für Militäroperationen sei das Geld der EU-Steuerzahler und Steuerzahhlerinnen »zum Fenster hinausgeworfen« worden. Es verwundere nicht, dass Tony Blair nun einen EU-Haushalt vorlege, der nicht nur den Britenrabatt erhalte und mit Kürzungen in den osteuropäischen Staaten zu kompensieren versuche, sondern auch enorme Ausgabensteigerung für eine militarisierte Außen- und Sicherheitspolitik vorsehe. Von 2007 an sollen die Ausgaben von 6,2 Milliarden Euro um ein Drittel bis 2013 steigen. »Geldbeutel auf für die Militärs – Kürzungen bei Sozialem: Das ist die erschreckende Bilanz der britischen EU-Ratspräsidentschaft«, kritisierte Pflüger.

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