Berufsverbot für Lehrer von Verwaltungsgericht bestätigt

Pressebericht in: Finanzen.de, 13.03.2006

Karlsruhe (AP) Das erste Berufsverbot für einen Lehrer in Baden-Württemberg seit zwölf Jahren hat zunächst Bestand: Das Karlsruher Verwaltungsgericht wies am Montag die Klage eines Heidelberger Realschullehrers gegen die Entscheidung des Regierungspräsidiums Karlsruhe zurück, das seine Einstellung wegen Zweifels an seiner Verfassungstreue abgelehnt hatte.

Der Lehrer Michael Csaszkóczy soll führendes Mitglied der als linksextrem eingestuften Antifaschistischen Initiative Heidelberg sein. Im Jahr 2004 verwehrte ihm deshalb das Land Baden-Württemberg den Eintritt in den Schuldienst. Das Land Hessen schloss sich 2005 an. Die Gründe der Verwaltungsgerichts-Entscheidung wurden am Montag noch nicht mitgeteilt. Sie sollen später bekannt gegeben werden.

Bereits vor der Entscheidung des Verwaltungsgerichts Karlsruhe hatte der Betroffene angekündigt, dass er notfalls den Weg durch die Gerichtsinstanzen antreten will. Das nächst höhere Gericht wäre der Verwaltungsgerichtshof Mannheim. Darüber steht noch das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig.

Während die Kultusministerien von Baden-Württemberg und Hessen das Urteil begrüßten, wurde es von der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft sowie von Menschenrechtsgruppen abgelehnt.

Das Kultusministerium in Stuttgart erklärte, es bestünden erhebliche Zweifel an der Verfassungstreue des Mannes. Er sei seit langem Mitglied einer Initiative, die sich zu Militanz bekenne und vom Verfassungsschutz als verfassungsfeindlich eingestuft werde. Zuletzt war nach den Worten einer Sprecherin im Schuljahr 1993/1994 einem Bewerber für das Lehramt die Anstellung verweigert worden, weil an seiner Verfassungstreue gezweifelt worden war. Der Lehrer habe sich seine Perspektiven durch seine aktive Mitgliedschaft in der Antifaschistischen Initiative Heidelberg selbst verbaut, erklärte der Staatssekretär im hessischen Kultusministerium, Joachim Jacobi.

Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) versicherte nach dem Urteil dem Realschullehrer, dass sie ihn weiter unterstützen wolle. Zugleich forderte sie, dass die rechtlichen Grundlagen des so genannten Radikalenerlasses aus dem baden-württembergischen Landesrecht gestrichen werden. Am 26. September 1995 hatte der Europäische Gerichtshof den deutschen Radikalenerlass als Verstoß gegen das Grundrecht auf freie Meinungsäußerung verurteilt.
Vorwurf der «Kontaktschuld»

Die Internationale Liga für Menschenrechte Berlin, das Komitee für Grundrechte und Demokratie in Köln und der Republikanische Anwältinnen- und Anwaltsverein Berlin kritisierten das Urteil als «falsches Signal». In der mündlichen Verhandlung sei deutlich geworden, dass dem Kläger «persönlich keinerlei Fehlverhalten oder gar verfassungsfeindliches Verhalten vorgeworfen wird». Im Gegenteil sei ihm vom Gericht bescheinigt worden, friedliebend und für seinen Beruf bestens qualifiziert zu sein.

Der baden-württembergische Europaabgeordnete der Linkspartei, Tobias Pflüger, kritisierte das Urteil ebenfalls scharf. Dem Lehrer werde eine so genannte Kontaktschuld vorgeworfen. Für ihn selbst sehe das Gericht keinerlei Hinweise für Fehlverhalten.

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