Nein zum NATO-Kriegsflughafen Leipzig!

An die Medien

Leipzig, 23. März 2006

Nein zum NATO-Kriegsflughafen Leipzig!

Durch Bruch des Völkerrechts wird Messestadt zum Logistikdrehkreuz für künftige Kriege

Gegen die heute begonnene Stationierung von zwei Maschinen des größten derzeit in Europa eingesetzten Militärtransportflugzeugs Antonov 124-100 auf dem Flughafen Leipzig/Halle und die damit einhergehende dauerhafte Bereitschaft, diese beiden Maschinen und weitere vier in Wartestellung für Transporte von schwerem Militärgerät in Krisengebiete weltweit einzusetzen, protestieren wir entschieden. Es ist eine erbärmliche Pervertierung des Werbespruchs vom 'Interkontinentalflughafen' Leipzig/Halle, wenn das Interkontinentale in seinem Anspruch zuerst durch den Transport von schwerem NATO-Kriegsgerät in alle möglichen Krisengebiete der Welt zum Tragen kommt. Interkontinental darf nicht gleichbedeutend mit weltweiter Intervention werden. Bei der Umwandlung eines Teils des Flughafens Leipzig/Halle in eine logistische Basis für die Umsetzung neuer globaler Militärstrategien der NATO handelt es sich um einen eklatanten Bruch des Völkerrechts. Denn beide deutsche Staaten und die vier Siegermächte des Zweiten Weltkriegs waren im Zwei-plus-Vier-Vertrag von 1990 ausdrücklich übereingekommen, dass keine NATO-Truppen auf ehemaligem DDR-Gebiet stationiert werden und dass schwere Angriffswaffen des Bündnisses hier nichts zu suchen haben.

Besonders verwerflich ist, dass die Flughafengesellschaft die Öffentlichkeit über die wahren Hintergründe der Antonov-Stationierung systematisch im Unklaren gelassen hat und sämtliche Aufmerksamkeit auf den Ausbau des zivilen Luftfrachtknotens lenkte. Die Installierung von strategischer Lufttransportkapazität auf dem Flughafen Leipzig/Halle geht einher mit einem chronischen Informationsdefizit bei den Anwohnern im näheren und weiteren Umfeld des Flughafens, insbesondere in der wichtigen Frage, welche Gefahren und Belästigungen mit solchen militärischen Abenteuern verbunden sind. Leipzig, das sich viel darauf zugute hält, die Stadt der friedlichen Revolution zu sein, darf seinen Ruf in der Welt nicht durch die Umwandlung in eine NATO-Drehscheibe für künftige Kriege leichtfertig verspielen.

Die geplanten Transportflüge für schwer bewaffnete Kampfgruppen der NATO und ihre Ausrüstung dienen keineswegs der Verteidigung der Freiheit, sondern als Unterstützung für die ungeschminkte Machtausübung der NATO in aller Welt und der Vorbereitung und Durchführung neuer Kriege. Die Linkspartei.PDS wird daher auch weiterhin parlamentarisch und außerparlamentarisch gegen diese gefährliche Entwicklung energisch Widerstand leisten.


Tobias Pflüger (MdEP)
Dr. Barbara Höll (MdB)
Dr. Volker Külow (MdL Sachsen)
Dr. Monika Runge (MdL Sachsen)
Zum Hintergrund:

Von Leipzig in EU- und NATO-Kriege in aller Welt

von Tobias Pflüger, MdEP

Auf dem NATO-Gipfeltreffen in Prag 2002 beschloss die NATO aufgrund der so genannten "Fähigkeitslücke zu den Streitkräften der USA" das "Prague Capabilities Commitment" (PCC). Die Bundesrepublik Deutschland übernahm innerhalb der NATO den Bereich "Strategischen Lufttransport" für die nächsten Jahre sicherzustellen.

Genau in diese Zeit fiel auch der forcierte Aufbau militärischer Kapazitäten der EU. Auch hier fehlte es an Transportkapazitäten. So wurde wiederum Deutschland beauftragt den "Strategic Airlift" voranzutreiben. Es wurde eine gemeinsame NATO/EU-Arbeitsgruppe gebildet, die Übergangslösungen für den strategischen Lufttransport der NATO und der EU finden soll ("Strategic Air Lift Interim Solution"/SALIS). Diese Arbeitsgruppe arbeitet unter Führung des Deutschen Oberst Christian Pyper in Bonn und soll dafür sorgen, dass schon vor 2012 genügend Kapazitäten für schnellen Transport von "oversized cargo" über lange Strecken vorhanden sind. Ziel ist es, daß die Transportmaschinen rund um die Uhr zur Verfügung stehen, um die Einsatzfähigkeit der Streitkräfte innerhalb von 72 Stunden zu gewährleisten.

Transportiert werden sollen die NATO Response Force (NRF) und die EU-"Battle Groups". Beides sind Interventionstruppen. Die NRF wird 21.000 Soldaten haben und soll innerhalb von fünf Tagen in jedes Krisengebiet der Welt verlegt werden können. Sie sei "vorbereitet für den Einsatz." Die geplanten 13 EU-Battle Groups ("Schlachttruppen") haben die Größenordnung von jeweils 1.500 Soldaten. Sie sollen innerhalb von 15 Tagen im Krisen- und Kriegsgebiet sein.

Die EU- und NATO-Truppen sind nur dann weltweit interventionsfähig, wenn das schwere Gerät über große Entfernungen transportiert werden kann. Dies soll ab sofort vom angeblich zivilen Flughafen Halle/Leipzig mit den schweren Antonovs geschehen. Für zukunftige Kriegseinsätze, wie nun im Kongo geplant, wird das schwere Kriegsmaterial vom Flughafen Halle/Leipzig in alle Welt geschickt. Offiziell ist es eine Übergangslösung. Doch für Fachleute ist klar, dass die angeblich schon 2010 verfügbaren Militärairbus A400 M viel zu klein sind für ständige Kriegswaffentransporte. Leipzig ist mit dem heutigen Tag zum zentralen Kriegsmaterialumschlagplatz für NATO- und EU-Truppen geworden.

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