Neokolonialismus - Gastkommentar zum Kongo-Einsatz

Gastkommentar in: Junge Welt, 24.03.2006

Noch während das Europaparlament am Mittwoch abend über einen Militäreinsatz in der DR Kongo debattierte, hat sich das »Politische und Sicherheitspolitische Komitee« (PSK) der EU für eine entsprechende Afrika-Intervention entschieden. Zeitgleich erklärte für die österreichische EU-Ratspräsidentschaft Hans Winkler im europäischen Parlament, manche Fragen seien leider noch offen.

Was ist das PSK? Hier sitzen Botschafter aus den EU-Ländern zusammen und bestimmen über EU-Militäreinsätze. Formal sollte gestern der EU-Ministerrat das Votum für eine Kongo-Militärintervention bekräftigen. Anfang Mai soll auch der Bundestag als Grüßaugust sein Plazet geben. Die Vorbereitungen, die schon jetzt begonnen haben, werden dann nicht mehr zu stoppen sein. Das Ganze ist schlicht eine Farce. Nicht einmal minimale demokratische Standards werden eingehalten. Die EU hat gegenüber Drittstaaten Kriterien für die parlamentarische Kontrolle von Militär aufgestellt. Sie selbst erfüllt diese Vorgaben aber nicht.

Der Militäreinsatz im Kongo wird gegen jede Vernunft geplant. Offiziell geht es um Absicherung von Wahlen. 1 500 Soldaten sollen in das drittgrößte afrikanische Land mit dem autoritären Regime unter Joseph Kabila geschickt werden. Ein deutscher SPD-Politiker meinte dazu: »Das wäre so, als würden 750 Soldaten in Lissabon landen und sagen, damit würden sie ganz Westeuropa stabilisieren.« Militärisch macht dieser Einsatz also keinen Sinn. Warum soll er dennoch stattfinden? Verteidigungsminister Franz Joseph Jung erklärte es: »Es geht auch um zentrale Sicherheitsinteressen unseres Landes! Wenn wir nicht dazu beitragen, den Unruheherd Kongo zu befrieden, werden wir mit einem großen Flüchtlingsproblem in ganz Europa zu tun bekommen.« Und weiter: »Stabilität in der rohstoffreichen Region nützt auch der deutschen Wirtschaft.« CDU-Abgeordnete legten nach: Es gebe strategische Rohstoffe wie Wolfram und Mangan. EU- und Bundeswehreinsätze zur Flüchtlingsabwehr und Rohstoffsicherung, ekelhaft!

Auch viele Soldaten sagen immer deutlicher, daß sie diesen Einsatz nicht wollen. Es ist relativ klar: Einmal Kongo, immer Kongo – das wird nicht auf vier Monate begrenzt bleiben. Der Hauptteil der deutschen Soldaten wird vor der westafrikanischen Küste auf Kriegsschiffen als Drohpotential bzw. auf französischen Militärstützpunkten in Gabun stationiert werden. Frankreich hatte schließlich angeboten, seine Basen in Afrika zu europäisieren. Hier kann die EU ihre »Battle-Groups« erproben und ihre Interventionsfähigkeit beweisen. Das ist auch Teil des neuen »großen Spiels« um Afrika, bei dem EU-Mitgliedstaaten, China und die USA um die Rohstoffausbeute konkurrieren. Die EU will zeigen, sie ist ein militärisch basierter Global Player. Mit diesem militarisierten Neokolonialismus der EU und Deutschlands muß endlich Schluß sein!

Der Autor ist für die Linkspartei.PDS Mitglied im Europaparlament

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