Den Generalstreik fordern

Pressebericht in: Junge Welt,12.06.2006

Auszüge aus Redebeiträgen auf einer solid-Konferenz am Sonnabend in der Berliner Humboldt-Universität
Für interessierte Berliner Linke war der Sonnabend ein Streßtag. Es begann morgens mit dem Landesparteitag der Linkspartei. Am Mittag gab es in Humboldt-Universität eine Podiumsdiskussion der Jugendorganisation solid und danach die Konferenz »Für eine antikapitalistische Linke«. Wir dokumentieren einige Stellungnahmen aus der Podiumsdiskussion.

Tobias Pflüger (Europaabgeordneter, auf der PDS-Liste gewählt, aber parteilos):

Eine zentrale Frage für mich ist, in welcher Form wir uns als Linke organisieren – im Moment ist der Fokus logischerweise auf den Parteibildungsprozeß gerichtet. Wenn die Linke aber wirklich Erfolg haben will, dann darf sie nicht nur darauf schauen, sondern muß einen dritten Akteur mit einbeziehen: die sozialen Bewegungen. Wenn sie das nicht tut, dann kann im Parlament sitzen, wer will. Wenn von außen kein Druck ausgeübt wird, helfen Mandate wenig. Wir brauchen vielmehr starke soziale Bewegungen und starken Druck gegen Sozialabbau und Kriegspolitik.
Für mich ist auch wichtig, daß wir als Linke zwar einerseits die richtigen Forderungen stellen, daß wir uns aber andererseits konkret an Aktionen beteiligen. Das war insbesondere in den Auseinandersetzungen um die Montagsdemonstrationen wichtig. Im ganzen Land haben Linke darum gekämpft, daß die Rechten zurückgedrängt wurden. Sie haben um die Dominanz gekämpft und es ist gelungen, mit klaren Positionen bei den Protesten gegen Hartz IV aufzutreten.

Horst Schmitthenner (IG Metall):

Den Politikwechsel werden die Gewerkschaften allein über Arbeitskontakte zu den Parteien nicht schultern können. Gebraucht wird die zivilgesellschaftliche Bewegung, d.h.: Wir sind darauf angewiesen, Bündnisse einzugehen, strategische Allianzen mit anderen zivilgesellschaftlichen Organisationen, mit sozial kompetenten Globalisierungskritikern usw.
Es muß also gelingen, daß sich aus der Linkspartei.PDS und der WASG eine neue Partei bildet, links von der SPD. Sie muß etwas Neues sein, sie muß andere Politik machen und sie muß sich als Teil der gesellschaftlichen Linken verstehen, in der sie verankert ist.

Sahra Wagenknecht (Europaabgeordnete der Linkspartei.PDS):

Wir als Kommunistische Plattform haben die Politik des Berliner Senats und der daran beteiligten PDS von Anfang an kritisiert, auch wenn wir damit auf den jeweiligen Landesparteitagen unterlegen sind. Bisher hatten wir es aber noch nie, daß in der PDS bzw. der Linkspartei so offen und so breit wie jetzt darüber diskutiert wurde. Es ist eine neue Situation, daß auch Gregor Gysi und Lothar Bisky bestimmte Konditionen für die Regierungsbeteiligung unterschrieben haben.
Das heißt noch nicht, daß sich automatisch alles ändert. Aber es heißt, daß hier eine Debatte begonnen hat, die diese Senatspolitiker massiv unter Druck setzt und die uns hoffen läßt, daß etwas korrigiert wird. Wenn man sich in einer solchen Situation nicht an dieser Diskussion beteiligt und es vorzieht, einen eigenen Weg zu gehen, dann erschwert man diesen Prozeß.

Oskar Lafontaine (Vorsitzender der Linksfraktion im Bundestag):

Ich bin dafür, daß wir Französisch lernen. In diesem Land der bürgerlichen Revolution lebt noch eine andere Tradition als bei uns; und es ist für jeden Linken eine Ermutigung, daß es dort gelungen ist, eine Regierung in die Knie zu zwingen, die den Kündigungsschutz abbaut. Das brauchen wir auch bei uns in der Bundesrepublik Deutschland. Da wünschte ich mir auch etwas mehr Diskussion innerhalb unserer Gewerkschaftsbewegung. Die ist etwas zögerlich, wenn sie das Wort Generalstreik hört; so, als müsse sie sich nur auf Tariffragen oder soziale Fragen reduzieren. Nein, ich bin der Meinung, der Generalstreik ist eine Möglichkeit, soziale Gerechtigkeit wieder zu einem Ziel zu machen. Und deshalb sollten wir versuchen, diesen Generalstreik auch wirklich zu fordern.

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