Zoff in der Linkspartei: Auch Pflüger kritisiert "neoliberale Ansätze"

Pressebericht in: Schwäbisches Tagblatt (tagblatt online); 14.09.2006

(tol). Unter der Überschrift "Lasst unsere Partei nicht verkommen" haben sich jetzt parteiinterne Kritiker gegen "neoliberale Ansätze in der Linkspartei" von Sachsen-Anhalt gewandt. In Magdeburg ist für den 23./24. September der Landesparteitag geplant.

Die EU-Abgeordnete Sahra Wagenknecht wendet sich mit einem offenen Brief und zahlreichen Unterzeichnerinnen und Unterzeichnern gegen den vom sachsen-anhaltinischen Landesvorstand der Linkspartei vorgelegten Leitantrag. Dieser Antrag sei ein radikaler Angriff auf das, wofür die Linkspartei bislang gestanden habe.

Denn propagiert werde unter dem Begriff Pragmatismus eine Abkehr von linken Positionen und ein Einschwenken auf einen in vieler Hinsicht neoliberalen Kurs, der sich gegen die Interessen der eigenen Wählerinnen und Wähler richte. Eine solche Politik zu betreiben, bedeute nicht nur, unter falscher Flagge zu segeln. Es bedeute auch, das linke Parteiprojekt insgesamt zu gefährden. Mitunterzeichner ist auch der Tübinger EU-Abgeordnete Tobias Pflüger.

Hier der Text des Offenen Briefes:

"Unter falscher Flagge

Offener Brief an die Delegierten der 5.Tagung des 9. Landesparteitages der Linkspartei.PDS Sachsen-Anhalt am 23. und 24. September 2006 in Magdeburg

„Bei der Bildung der neuen deutschen Linkspartei“, so war am 6.9.2006 aus dem ND zu erfahren, „dränge die PDS Sachsen-Anhalt auf eine tiefgründige Programmdebatte“. Der für den Parteitag vorgelegte Leitantrag „Offen für Veränderung – Offen für den Dialog“ provoziert tatsächlich eine schonungslose Debatte. An der wollen wir uns beteiligen.

Sozialismus „ist unsere Identität“ heißt es im Antrag. Wir meinen: Dieses Papier ist eine Verunglimpfung sozialistischer Positionen mittels Etikettenschwindel. Nicht ein angeblich „autoritär und personalisiert geführter Kampf um eine Meinungsführerschaft“ gefährdet das linke Partei-Projekt. Vielmehr gefährden es jene, die unter falscher Flagge segeln.

Wer faktisch fordert, die Erfahrungen der DDR vollends zu negieren und den Kampf von Westlinken diskreditiert, wer eigene Konzepte lediglich von tagespolitisch fixiertem Pragmatismus abzuleiten gedenkt, wer die „einst unumstrittene“ öffentliche Daseinsvorsorge als nicht mehr selbstverständlich bezeichnet und kommunale Aufgaben dem privaten Sektor übertragen will – der sollte von Sozialismus schweigen.

Wer abstrakt über Sozialismus redet und für die Praxis neoliberale Konzepte anpreist, wer jene angreift, die offen gegen Neoliberalismus Front machen - der führt irre. Und schweigen sollte von „fairer und partnerschaftlicher Debatte“, wer Antikapitalismus, mit welchen unterstellten Vorzeichen auch immer, mit nationalistischer, antisemitischer und fremdenfeindlicher Mobilisierung in Verbindung bringt.

Dies ist die wohl bisher schlimmste Denunziation, die in der PDS Genossinnen und Genossen widerfuhr. Auch das macht das Papier unerträglich und unglaubwürdig. Es ist, als würden sich welche zur Hygiene bekennen, die gerade dabei sind, alle Voraussetzungen und Erfahrungen der Gesundheitsfürsorge zu zerstören.

Offensichtlich dient das Bekenntnis zur Hygiene lediglich dem Zweck, entgegengesetzte Absichten zu verschleiern. „Seid nicht skeptisch“, soll suggeriert werden, „wir werden schon nicht verkommen“.

Wir bitten Euch, lasst nicht zu, dass unsere Partei verkommt – nicht die Linkspartei.PDS und nicht die zukünftige Linke."

Zum Papier, das bei einigen Genossen und Genossinnen Anstoß erregt:
http://www.pds-sachsen-anhalt.de/pt/060923_24/Antragsheft/Heft/Antragsheft.pdf

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