Offener Brief von Tobias Pflüger (MdEP) an Hüseyin Aydin (WASG)

Pressebericht in: Jung Welt, 03.11.2006 / Abgeschrieben / Seite 8

Auszug aus einer Antwort von Tobias Pflüger (MdEP) auf einen offenen Brief des Bundestagsabgeordneten Hüseyin Aydin (WASG) zum Thema »Sudaneinsatz« der Bundeswehr.

Lieber Hüseyin,

Du sprichst Dich für die Entsendung der Bundeswehr in den Sudan aus und forderst eine programmatische Öffnung der neuen Linken für mögliche Auslandseinsätze deutscher Soldaten.

Du argumentierst, daß »Die Linke im Europaparlament« der Entsendung von 22000 UN-mandatierten Soldaten in den Sudan zugestimmt habe.

Die GUE/NGL (Linke Fraktion im Europaparlament, d. Red.) hat die fragliche Entschließung mit gezeichnet, so wie sie auch die Entschließung zum Libanon-Einsatz mit zeichnete. Beides bedauere ich. Daraus aber auf eine Zustimmung der Linken im Europaparlament zu schließen, ist falsch. Wesentlich ist, wie die Abgeordneten sich bei der Abstimmung verhalten haben.

Wie etliche andere Abgeordnete habe auch ich gegen eine Entsendung von Truppen in den Sudan gestimmt.

Als Argument für die Zustimmung zu einem Bundeswehreinsatz im Sudan läßt sich das Agieren der Frak­tion GUE/NGL im Europäischen Parlament also nicht verwenden.

Völlig zu Recht weist Du auf die schlimme Situation in Darfur hin. Es ist ein Skandal, daß weiter Waffen an die Milizen, wie auch an das Regime in Khartum, geliefert werden. Die Stiftung Wissenschaft und Politik beschreibt die Situation: »Trotz der sukzessiven Aufstockung von anfangs rund 400 auf heute 7 700 Mann konnte die AU-Mission nur zeit- und teilweise die Gewalteskalation hemmen und die Zahl der Übergriffe auf die Bevölkerung verringern. Die Krisenregion insgesamt vermochte sie nicht zu stabilisieren. Hauptursachen hierfür sind die zunehmende Komplexität der Krise und die damit stetig gewachsenen Anforderungen an die Mission. (…) Die Zustimmung der Bevölkerung zur AU-Mission nimmt (...) ab.«

In dieser Situation betreiben die britische und vor allem die US-Regierung ein gefährliches Spiel. George W. Bush und Tony Blair bestehen seit langem auf der Entsendung westlicher Soldaten in den Sudan.

Mark Malloch Brown, stellvertretender Generalsekretär der UN, bezeichnete diese »Megafon-Diplomatie« der Regierungen der USA und Großbritanniens im Darfur-Konflikt als »geradezu kontraproduktiv«.

Die zentrale Frage ist, wie der Bevölkerung in Darfur wirklich geholfen werden kann. Die EU-Kommission und der EU-Rat konzentrieren ihre Arbeit auf humanitäre Hilfe. Die Forderung nach einer Militärintervention ist für die leidende Bevölkerung im Sudan völlig kontraproduktiv.

Mittlerweile sind große Teile der Bevölkerung in der Bundesrepublik skeptisch gegenüber Auslandseinsätzen der Bundeswehr.

Statt selbst Kriterien aufstellen zu wollen, unter welchen Bedingungen Krieg geführt werden soll, wäre eine Klärung angebracht, daß die LINKE für zivile Konfliktlösung und Abrüstung steht. Eine unmißverständliche Absage an Auslandseinsätze der Bundeswehr sollte deshalb im neuen Programm klar verankert werden. Es ist die Aufgabe der Linken, den vielen Bürgerinnen und Bürgern, die generell Militärinterventionen skeptisch gegenüberstehen, eine parlamentarische Stimme zu geben.

Ich schlage vor, eine Kampagne zum Rückzug der Truppen aus den Auslandseinsätzen der Bundeswehr zu starten. Laß uns gemeinsam damit anfangen.
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