EU-Poker: Attac will Merkel das Spiel verderben
Pressebericht in: Junge Welt, 03.01.2007
Jörn Boewe
Angela Merkel pokert hoch, schrieb die Financial Times Deutschland kürzlich mit Blick auf die deutschen Pläne, den gescheiterten EU-Verfassungsvertrag doch noch durchzudrücken. Zu jenen, die der Kanzlerin das Spiel verderben wollen, gehören die Aktivisten von ATTAC. Am gestrigen Dienstag hat das globalisierungkritische Netzwerk Merkels Agenda zur gerade beginnenden deutschen EU-Ratspräsidentschaft in Berlin vor Journalisten scharf kritisiert.
Der Verfassungsvertrag, den die Kanzlerin wiederbeleben will, sei »wohl der vollständigste neoliberale Leitfaden, der jemals entwickelt wurde«, sagte die ATTAC-Mitbegründerin Susan George. Bundesregierung und EU-Kommission haben den deutschen Vorsitz mit eigenen Strategiepapieren eingeläutet. Im Zentrum stehen die Sicherung der Rohstoffversorgung, die Liberalisierung lukrativer Märkte, der Umbau von Gesetzen, die den freien Handel behindern sowie bessere »Marktzugangsbedingungen in Drittländern, insbesondere in Schwellenländern«. Offen wird angekündigt, den Zugang der Union zu Energieressourcen notfalls auch militärisch zu sichern. Seit Montag sind die ersten EU-»Battle Groups«, je 1500 Mann starke Elitekampftruppen, offiziell im Dienst. 19 dieser Einheiten mit insgesamt 40000 Soldaten will die Kommission bis 2010 aufstellen. Unter der deutschen Präsidentschaft sollen die Luftlandekapazitäten vervollständigt und Landungstruppen aufgebaut werden, um die globalen Interventionsfähigkeiten zu optimieren. »Die Mitgliedstaaten verpflichten sich, ihre militärischen Fähigkeiten regelmäßig zu verbessern«, heißt es dazu im Verfassungsentwurf, den Merkel durchsetzen möchte.
Wie sie das angesichts der Abfuhr, die sich die Kommission vor anderthalb Jahren bei Volksabstimmungen in Frankreich und den Niederlanden geholt hat, genau anstellen will, hat die Kanzlerin noch nicht verraten. Zwei Initiativen zeichnen sich ab. Im Dezember forderte sie ihre europäischen Amtskollegen auf, »Verfassungsbeauftragte« zu ernennen, die Prokura haben sollen, über formale Änderungen am Entwurfstext zu verhandeln. Denn darum geht es: »Entweder wir montieren etwas auf der existierenden Grundlage, oder es wird ein ganz neuer Anfang gemacht, aber die Inhalte bleiben bestehen«, erklärte unlängst der finnische Parlamentspräsident Paavo Lipponen. Außerdem wollen sich auf Einladung der spanischen und luxemburgischen Regierung Ende Januar in Madrid Vertreter jene 18 Staaten treffen, die den Vertrag bereits ratifiziert haben. Auch dort wird es um Kompromißformeln gehen. Allerdings, so wird schon im Einladungsschreiben klargestellt, »muß die Substanz des Textes so erhalten bleiben, wie er in unseren Ländern ratifiziert wurde«. »Ob der EU-Verfassungsvertrag kommt oder nicht, entscheidet sich im nächsten halben Jahr«, sagte Tobias Pflüger, Europaabgeordneter der Vereinigten Europäischen Linken und Mitglied im wissenschaftlichen Beirat von ATTAC, gestern in Berlin. »Die sozialen Bewegungen haben es in der Hand, ihn zu verhindern.«
Jörn Boewe
Angela Merkel pokert hoch, schrieb die Financial Times Deutschland kürzlich mit Blick auf die deutschen Pläne, den gescheiterten EU-Verfassungsvertrag doch noch durchzudrücken. Zu jenen, die der Kanzlerin das Spiel verderben wollen, gehören die Aktivisten von ATTAC. Am gestrigen Dienstag hat das globalisierungkritische Netzwerk Merkels Agenda zur gerade beginnenden deutschen EU-Ratspräsidentschaft in Berlin vor Journalisten scharf kritisiert.
Der Verfassungsvertrag, den die Kanzlerin wiederbeleben will, sei »wohl der vollständigste neoliberale Leitfaden, der jemals entwickelt wurde«, sagte die ATTAC-Mitbegründerin Susan George. Bundesregierung und EU-Kommission haben den deutschen Vorsitz mit eigenen Strategiepapieren eingeläutet. Im Zentrum stehen die Sicherung der Rohstoffversorgung, die Liberalisierung lukrativer Märkte, der Umbau von Gesetzen, die den freien Handel behindern sowie bessere »Marktzugangsbedingungen in Drittländern, insbesondere in Schwellenländern«. Offen wird angekündigt, den Zugang der Union zu Energieressourcen notfalls auch militärisch zu sichern. Seit Montag sind die ersten EU-»Battle Groups«, je 1500 Mann starke Elitekampftruppen, offiziell im Dienst. 19 dieser Einheiten mit insgesamt 40000 Soldaten will die Kommission bis 2010 aufstellen. Unter der deutschen Präsidentschaft sollen die Luftlandekapazitäten vervollständigt und Landungstruppen aufgebaut werden, um die globalen Interventionsfähigkeiten zu optimieren. »Die Mitgliedstaaten verpflichten sich, ihre militärischen Fähigkeiten regelmäßig zu verbessern«, heißt es dazu im Verfassungsentwurf, den Merkel durchsetzen möchte.
Wie sie das angesichts der Abfuhr, die sich die Kommission vor anderthalb Jahren bei Volksabstimmungen in Frankreich und den Niederlanden geholt hat, genau anstellen will, hat die Kanzlerin noch nicht verraten. Zwei Initiativen zeichnen sich ab. Im Dezember forderte sie ihre europäischen Amtskollegen auf, »Verfassungsbeauftragte« zu ernennen, die Prokura haben sollen, über formale Änderungen am Entwurfstext zu verhandeln. Denn darum geht es: »Entweder wir montieren etwas auf der existierenden Grundlage, oder es wird ein ganz neuer Anfang gemacht, aber die Inhalte bleiben bestehen«, erklärte unlängst der finnische Parlamentspräsident Paavo Lipponen. Außerdem wollen sich auf Einladung der spanischen und luxemburgischen Regierung Ende Januar in Madrid Vertreter jene 18 Staaten treffen, die den Vertrag bereits ratifiziert haben. Auch dort wird es um Kompromißformeln gehen. Allerdings, so wird schon im Einladungsschreiben klargestellt, »muß die Substanz des Textes so erhalten bleiben, wie er in unseren Ländern ratifiziert wurde«. »Ob der EU-Verfassungsvertrag kommt oder nicht, entscheidet sich im nächsten halben Jahr«, sagte Tobias Pflüger, Europaabgeordneter der Vereinigten Europäischen Linken und Mitglied im wissenschaftlichen Beirat von ATTAC, gestern in Berlin. »Die sozialen Bewegungen haben es in der Hand, ihn zu verhindern.«
Tobias Pflüger - 2007/01/03 10:52
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