"Neoliberaler Leitfaden" -Attac kritisiert deutsche Pläne für EU-Verfassung

Pressebericht in: Süddeutsche Zeitung, 03.02.2007

Berlin - Die globalisierungskritische Organisation Attac hat das Programm der deutschen EU-Ratspräsidentschaft scharf kritisiert. Attac stellte sich vor allem gegen das Vorhaben von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), die EUVerfassung voranzutreiben. Der Entwurf sei der wohl vollständigste neoliberale Leitfaden, der jemals entwickelt wurde", sagte Susan George von Attac Frankreich am Dienstag auf einer Pressekonferenz in Berlin. Die Franzosen hätten im Jahr 2005 nicht aus antieuropäischen Ressentiments gegen die Verfassung gestimmt, sondern weil sie um ihr soziales Modell fürchteten. Es war eine Abstimmung der Klassen." Die Deutschen hätten nun die Möglichkeit, die gleiche Diskussion zu führen wie ihre französischen Nachbarn. Ich hoffe, dass sie Angela Merkel nicht die Verfassung passieren lassen, als sei sie ein Brief auf dem Postamt." Stattdessen forderte George einen neuen Entwurf, der von einer gewählten verfassungsgebenden Kommission erarbeitet werden solle.

Auch Sven Giegold, Koordinator von Attac Deutschland, warnte vor Sozialabbau. Die Sozialstaaten befinden sich im Abwärtswettbewerb." Schuld daran sei eine Fehlkonstruktion" des EU-Modells. Obgleich die Länder einen gemeinsamen Markt teilten, seien die Nationalstaaten für Steuern und Soziales zuständig. Das führe dazu, dass die Länder darum konkurrierten, die günstigsten Steuer- und Sozialsysteme anzubieten. Leidtragende seien die Arbeitnehmer, sagte Annette Groth von der Attac-Arbeitsgruppe EU. Wir katapultieren uns ins vorletzte Jahrhundert hinein. Alle Rechte, die wir uns über Jahrhunderte erworben haben, werden wieder gestrichen." Um dies zu verhindern, müssten ärmere Länder ihre sozialen Standards im Zuge ihres Wirtschaftswachstums schrittweise anheben.

Attac bemängelte auch die sicherheitspolitischen Ziele Merkeis. "Mit der Ankündigung, die europäische Energieversorgung notfalls militärisch zu sichern, treibt die Bundesregierung die Militarisierung der EU voran",
sagte Tobias Pflüger, der als parteiloses Attac-Mitglied im Europaparlament sitzt. "Wir wollen mit Truppen unseren Wohlstand absichern." Er plädierte für die Beendigung der EU-Militäreinsätze. Die EU müsse ein ziviler Akteur bleiben. Attac plant, mit Konferenzen in Stuttgart und Wiesbaden auf ihre Anliegen aufmerksam zu machen.

Angela Köckritz

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