NATO-Kritiker sind im Bayerischen Hof unerwünscht
Pressebericht in: Neues Deutschland, 09.02.2007
Streit zwischen Russland und USA vor der Sicherheitstagung
Von Olaf Standke
Zur 43. Internationalen Sicherheitskonferenz werden an diesem Wochenende in München Spitzenpolitiker und -militärs aus rund 40 Ländern erwartet.
An prominenten Namen fehlt es in diesem Jahr in München so wenig wie an Themen. Von Irak und Palästina bis Afghanistan reicht der Krisenbogen, und Konfliktlösungen können seit dem letzten Treffen auf keinem Feld vermeldet werden. Erstmals nehmen Russlands Präsident Wladimir Putin und der neue US-Verteidigungsminister Robert Gates teil, die mit NATO-Generalsekretär Jaap de Hoop Scheffer, mit dem ukrainischen Staatspräsidenten Viktor Juschtschenko und anderen Spitzenpolitikern, Militärs und Rüstungsexperten unter anderem darüber diskutieren wollen, ob die "NATO globale Verantwortung übernehmen soll" und die "EU als regionales Friedensmodell" taugt. Javier Solana, der als Hoher Vertreter für Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik der Europäischen Union nicht zuletzt für die forcierte Militarisierung dieser EU steht, wird sinniger Weise mit einer »"Friedensmedaille" ausgezeichnet.
Ali Laridschani, der iranische Chefunterhändler bei den Atomverhandlungen, plant am Rande der Konferenz ein Treffen mit Bundeskanzlerin Angela Merkel. Mit Vertretern Washingtons will er jedoch nicht reden. Andere wie Libanons Premier Fuad Siniora reisten erst gar nicht an, als sie hörten, wer noch so anwesend sein soll, Israels Außenministerin Zipi Livni zum Beispiel. Auch Syrien wird keinen Vertreter schicken.
Konferenz-Chef Teltschik wies im Vorfeld Kritik an der Teilnahme von Waffenlobbyisten an der Sicherheitstagung zurück: "Mir ist nicht bekannt, dass die Bundeswehr mit Pfeil und Bogen ausrückt." Kritische Geister hingegen werden mit einem aberwitzigen Polizei-Szenario vor dem hermetisch abgeriegelten Hotel Bayerischer Hof vorsorglich kriminalisiert und drinnen zu einer Konferenz, die mit 323 000 Euro aus Steuermitteln gesponsert ist, einfach nicht zugelassen. Bundestagsabgeordnete der Linksfraktion etwa, die gestern scharf gegen die Einladungspolitik protestiert haben, oder Tobias Pflüger, Mitglied im Auswärtigen Ausschuss des Europaparlaments und der Delegation für die Beziehungen zur Parlamentarischen Versammlung der NATO. Für ihn ist das Gerede von einer "Friedenskonferenz" reine Farce. "Hier wird es u.a. darum gehen, wie der Krieg in Afghanistan von Seiten der NATO weiter eskaliert werden kann. Die Allianz tötet bei ihren Angriffen dort immer mehr Zivilisten. Die einzig richtige politische Forderung ist nicht die Ausweitung – Tornados und KSK nach Südafghanistan –, sondern die Beendigung des Militäreinsatzes der Bundeswehr am Hindukusch."
Aber auch sonst ist durchaus für politischen Sprengstoff gesorgt. Moskau etwa, in Sachen Menschenrechte und Rohstofflieferungen zuletzt im Westen verstärkt an den Pranger gestellt, zeigt sich stark verärgert über die Washingtoner Pläne, in Osteuropa einen Raketenabwehrschirm zu errichten. Das sei ein »unfreundliches Signal«, das die bilateralen Beziehungen ebenso belaste wie das russische Verhältnis zum Nordatlantik-Pakt, so Verteidigungsminister Sergej Iwanow am Vorabend der Konferenz. US-Senator und Präsidentschaftsbewerber John McCain wiederum, der ebenfalls ins München erwartet wird, wirft Russland vor, einen »imperialistischen Einfluss auf seine Nachbarstaaten zu nehmen«. Moskau halte Konflikte wie die um Berg-Karabach und Abchasien mit seinem »provokanten und zynischen Verhalten am Leben«.
Man darf gespannt sein, wie Angela Merkel vermittelt, denn »die Bundeskanzlerin wird einen hohen Erwartungsdruck erleben, weil man von ihr und damit von Deutschland eine gewisse Führungsrolle erwartet«, so Veranstalter Teltschik.
Streit zwischen Russland und USA vor der Sicherheitstagung
Von Olaf Standke
Zur 43. Internationalen Sicherheitskonferenz werden an diesem Wochenende in München Spitzenpolitiker und -militärs aus rund 40 Ländern erwartet.
An prominenten Namen fehlt es in diesem Jahr in München so wenig wie an Themen. Von Irak und Palästina bis Afghanistan reicht der Krisenbogen, und Konfliktlösungen können seit dem letzten Treffen auf keinem Feld vermeldet werden. Erstmals nehmen Russlands Präsident Wladimir Putin und der neue US-Verteidigungsminister Robert Gates teil, die mit NATO-Generalsekretär Jaap de Hoop Scheffer, mit dem ukrainischen Staatspräsidenten Viktor Juschtschenko und anderen Spitzenpolitikern, Militärs und Rüstungsexperten unter anderem darüber diskutieren wollen, ob die "NATO globale Verantwortung übernehmen soll" und die "EU als regionales Friedensmodell" taugt. Javier Solana, der als Hoher Vertreter für Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik der Europäischen Union nicht zuletzt für die forcierte Militarisierung dieser EU steht, wird sinniger Weise mit einer »"Friedensmedaille" ausgezeichnet.
Ali Laridschani, der iranische Chefunterhändler bei den Atomverhandlungen, plant am Rande der Konferenz ein Treffen mit Bundeskanzlerin Angela Merkel. Mit Vertretern Washingtons will er jedoch nicht reden. Andere wie Libanons Premier Fuad Siniora reisten erst gar nicht an, als sie hörten, wer noch so anwesend sein soll, Israels Außenministerin Zipi Livni zum Beispiel. Auch Syrien wird keinen Vertreter schicken.
Konferenz-Chef Teltschik wies im Vorfeld Kritik an der Teilnahme von Waffenlobbyisten an der Sicherheitstagung zurück: "Mir ist nicht bekannt, dass die Bundeswehr mit Pfeil und Bogen ausrückt." Kritische Geister hingegen werden mit einem aberwitzigen Polizei-Szenario vor dem hermetisch abgeriegelten Hotel Bayerischer Hof vorsorglich kriminalisiert und drinnen zu einer Konferenz, die mit 323 000 Euro aus Steuermitteln gesponsert ist, einfach nicht zugelassen. Bundestagsabgeordnete der Linksfraktion etwa, die gestern scharf gegen die Einladungspolitik protestiert haben, oder Tobias Pflüger, Mitglied im Auswärtigen Ausschuss des Europaparlaments und der Delegation für die Beziehungen zur Parlamentarischen Versammlung der NATO. Für ihn ist das Gerede von einer "Friedenskonferenz" reine Farce. "Hier wird es u.a. darum gehen, wie der Krieg in Afghanistan von Seiten der NATO weiter eskaliert werden kann. Die Allianz tötet bei ihren Angriffen dort immer mehr Zivilisten. Die einzig richtige politische Forderung ist nicht die Ausweitung – Tornados und KSK nach Südafghanistan –, sondern die Beendigung des Militäreinsatzes der Bundeswehr am Hindukusch."
Aber auch sonst ist durchaus für politischen Sprengstoff gesorgt. Moskau etwa, in Sachen Menschenrechte und Rohstofflieferungen zuletzt im Westen verstärkt an den Pranger gestellt, zeigt sich stark verärgert über die Washingtoner Pläne, in Osteuropa einen Raketenabwehrschirm zu errichten. Das sei ein »unfreundliches Signal«, das die bilateralen Beziehungen ebenso belaste wie das russische Verhältnis zum Nordatlantik-Pakt, so Verteidigungsminister Sergej Iwanow am Vorabend der Konferenz. US-Senator und Präsidentschaftsbewerber John McCain wiederum, der ebenfalls ins München erwartet wird, wirft Russland vor, einen »imperialistischen Einfluss auf seine Nachbarstaaten zu nehmen«. Moskau halte Konflikte wie die um Berg-Karabach und Abchasien mit seinem »provokanten und zynischen Verhalten am Leben«.
Man darf gespannt sein, wie Angela Merkel vermittelt, denn »die Bundeskanzlerin wird einen hohen Erwartungsdruck erleben, weil man von ihr und damit von Deutschland eine gewisse Führungsrolle erwartet«, so Veranstalter Teltschik.
Tobias Pflüger - 2007/02/09 10:03
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