"Steinmeier in den Knast"

Pressebricht in: Junge Welt, 12.02.2007

Tausende bei Protesten gegen "Sicherheitskonferenz" in München. Redner warnen vor Iran-Krieg. 3500 Polizisten im Einsatz – rund 70 Festnahmen


Claudia Wangerin

Die Resonanz war enorm: Etwa 7000 Menschen demonstrierten nach Angaben der Veranstalter allein am Samstag bei strahlendem Sonnenschein gegen die 43. "Münchner Konferenz für Sicherheitspolitik". Zuvor hatte sich Veranstaltunsorganisator Horst Teltschik über die »Tragik der Demokratie« ausgelassen, die jedem erlaube, seine Meinung öffentlich zu vertreten. In Diktaturen würde es so etwas nicht geben. "Jetzt wissen wir, was in ihren Köpfen vorgeht", dankte Claus Schreer vom "Aktionsbündnis gegen die NATO-Sicherheitskonferenz" auf der Kundgebung. Teltschik habe das Staatsverständnis eines Kriegspropagandisten und fürchte offensichtlich die Mehrheit, die jetzt schon Angriffskriege ablehnt. Schreer forderte die am Wochenende in der Isar-Metropole eingesetzten 3500 Polizisten auf, sich nicht "mißbrauchen" zu lassen.

Die Stimmung wirkte optimistisch, obwohl schon auf der ersten Protestkundgebung am Freitag in mehreren Reden vor einer kriegerischen Eskalation des Iran-Konflikts durch prominente Gäste der "Sicherheitskonferenz" gewarnt worden war. "Das wird hier ausgeheckt. Ich werde nach Altötting gehen, ein Kreuz tragen und Kerzen anzünden, wenn es nicht passiert. Jeder weiß, was das für mich bedeutet", sagte der aus Ägypten stammende Nahost-Experte und Friedensaktivist Magdi Gohary. Der parteilose Europaabgeordnete Tobias Pflüger verurteilte die geplante Ausweitung des Bundeswehreinsatzes in Afghanistan und forderte einen sofortigen Truppenabzug vom Hindukusch.

An der auf dem Marienplatz startenden Großdemonstration am Samstag nahmen auch mehrere Bundestagsabgeordnete der Linksfraktion teil. Auf Transparenten und Schildern der Demonstranten standen Slogans wie "Sozialismus oder Barbarei", "Schluß mit Folter-Komplizenschaft – Steinmeier in den Knast", "Für den Profit der Reichen gehen sie über Leichen" oder "Keine deutschen Kriegseinsätze". Polizeiliche Interventionen insbesondere wegen des Tragens von Seitentransparenten brachten den Protestzug mehrfach zum Stillstand und veranlaßten die Organisatoren schließlich, die Demonstration vorzeitig abzubrechen. Die Schlußkundgebung in der Nähe des Tagungshotels "Bayerischer Hof" konnte so nicht mehr stattfinden. Bereits im Vorfeld hatte die Polizei Busse mit Demonstrationsteilnehmern aus Berlin, Stuttgart und Tübingen durchsucht.

Laut Ermittlungsausschuß der Roten Hilfe wurden während der Proteste gegen die »Sicherheitskonferenz« mindestens fünf Demonstranten bei Polizeieinsätzen verletzt. 70 Gegner des Kriegsrats wurden diesen Angaben zufolge vorübergehend fest- oder in Gewahrsam genommen. Die Polizei sprach am Sonntag von nur 3000 Protestteilnehmern und 36 Festnahmen – und hob in ihrem Bericht einen "34jährigen Flaschenwerfer" hervor, der sich der Festnahme durch einen Biß in die Hand eines Polizeibeamten widersetzt habe.

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