Wider den eigenen Ruin
Pressebericht in: junge Welt, 12.03.2007
Die Antikapitalistische Linke traf sich in Erfurt zu einer bundesweiten Tagung
Arnold Schölzel
Das »Erfurter Programm« der SPD aus dem Jahr 1891 findet auf den beiden Seiten eines DIN-A-4-Blattes Platz. Äußern sich deutsche Linke heute zu Zielen und Zukunft, entsteht ein Buch. Am Sonnabend lagen Kopien des klassisch-marxistischen Textes auf den Tischen in der früheren Erfurter SED-Bezirksleitung, in der sich die Antikapitalistische Linke (AKL) zu einer bundesweiten Konferenz traf. Ob als Mahnung gedacht oder nicht: Seinerzeit vergingen bis zur SPD-Zustimmung zu den Kriegskrediten für den Ersten Weltkrieg 23 Jahre.
Seitdem blieb der imperialistische Krieg Angelpunkt linker Politik, die lebhafte Debatte in Erfurt machte das erneut deutlich. Die beiden anderen, von den Organisatoren vorgesehenen Themen »Antifaschismus« und »sozialer Widerstand« rückten nicht in den Hintergrund, am lebendigsten wurde es aber hier unter den fast 300 Teilnehmern. So erhielt Norman Paech, für die Linkspartei im Bundestag, erheblichen Widerspruch für seine Überlegung, bei »klassischen« Blauhelmeinsätzen der UNO eine Zustimmung zu erwägen. Der Dortmunder Helmut Manz hielt ihm entgegen, Deutschland sei im Zustand eines »trockenen Alkoholikers«, was Militäreinsätze angehe und zitierte unter großem Zuspruch August Bebel in modifizierter Form »Diesem System keinen Mann, keinen Euro«.
Wenn 77 Prozent der Bevölkerung gegen mehr Bundeswehr in Afghanistan sind, haben die deutschen Kriegsparteien ein Problem und die Linke eine Aufgabe. Sahra Wagenknecht, eine der Initiatorinnen des Aufrufs der AKL vor einem Jahr, machte das zum Thema einer kurzen, aber zentralen Rede am Sonnabend: Viele Positionen der Linkspartei.PDS werden von der Mehrheit der Bevölkerung geteilt – von der Rente bis zu Militäreinsätzen. Die Linke dürfte sich angesichts der Umfrageresultate vor Mitgliedern und Wählern nicht retten, tatsächlich kassierte sie aber gerade in Berlin das schlechteste Wahlergebnis seit 1990. Ursache: »Man hat das eigene Ansehen gründlich ruiniert.« Dem Motto, man müsse »Verantwortung übernehmen«, setzte Wagenknecht entgegen, die bisherige Art von Regierungsbeteiligung sei verantwortungslos. Mindestbedingungen müßten fixiert sein.
Positionen dieser Art will die AKL, die vorerst weiter als loser Zusammenschluß von Gruppierungen und Personen agieren will, Eingang in die Gründungsdokumente der neuen Partei verschaffen. Die Zustimmung für die Abschlußerklärung und eine Resolution, in der die Kriminalisierung von Kapitalismuskritik wie im Fall Christian Klar verurteilt wird (siehe Seite 8), war einhellig. Ohne Gegenstimme wurde die bisherige Koordinierungsgruppe der AKL mit den Europaabgeordneten Tobias Pflüger und Sahra Wagenknecht, mit Thies Gleiss (WASG-Bundesvorstand), den Bundestagsabgeordneten Ulla Jelpke und Nele Hirsch sowie Sabine Lösing (WASG-Parteirat) bestätigt. Nicht abgestimmt wurde über den Vorschlag des Sprechers der AKL Saarland, Paul Becker, »angesichts der Angriffe ostdeutscher Stammesfürsten« die Erklärung abzugeben, daß die AKL »geschlossen zur antikapitalistischen Politik von Oskar Lafontaine steht«. Es widersprach aber auch niemand.
Info: www. antikapitalistische-linke.de
Die Antikapitalistische Linke traf sich in Erfurt zu einer bundesweiten Tagung
Arnold Schölzel
Das »Erfurter Programm« der SPD aus dem Jahr 1891 findet auf den beiden Seiten eines DIN-A-4-Blattes Platz. Äußern sich deutsche Linke heute zu Zielen und Zukunft, entsteht ein Buch. Am Sonnabend lagen Kopien des klassisch-marxistischen Textes auf den Tischen in der früheren Erfurter SED-Bezirksleitung, in der sich die Antikapitalistische Linke (AKL) zu einer bundesweiten Konferenz traf. Ob als Mahnung gedacht oder nicht: Seinerzeit vergingen bis zur SPD-Zustimmung zu den Kriegskrediten für den Ersten Weltkrieg 23 Jahre.
Seitdem blieb der imperialistische Krieg Angelpunkt linker Politik, die lebhafte Debatte in Erfurt machte das erneut deutlich. Die beiden anderen, von den Organisatoren vorgesehenen Themen »Antifaschismus« und »sozialer Widerstand« rückten nicht in den Hintergrund, am lebendigsten wurde es aber hier unter den fast 300 Teilnehmern. So erhielt Norman Paech, für die Linkspartei im Bundestag, erheblichen Widerspruch für seine Überlegung, bei »klassischen« Blauhelmeinsätzen der UNO eine Zustimmung zu erwägen. Der Dortmunder Helmut Manz hielt ihm entgegen, Deutschland sei im Zustand eines »trockenen Alkoholikers«, was Militäreinsätze angehe und zitierte unter großem Zuspruch August Bebel in modifizierter Form »Diesem System keinen Mann, keinen Euro«.
Wenn 77 Prozent der Bevölkerung gegen mehr Bundeswehr in Afghanistan sind, haben die deutschen Kriegsparteien ein Problem und die Linke eine Aufgabe. Sahra Wagenknecht, eine der Initiatorinnen des Aufrufs der AKL vor einem Jahr, machte das zum Thema einer kurzen, aber zentralen Rede am Sonnabend: Viele Positionen der Linkspartei.PDS werden von der Mehrheit der Bevölkerung geteilt – von der Rente bis zu Militäreinsätzen. Die Linke dürfte sich angesichts der Umfrageresultate vor Mitgliedern und Wählern nicht retten, tatsächlich kassierte sie aber gerade in Berlin das schlechteste Wahlergebnis seit 1990. Ursache: »Man hat das eigene Ansehen gründlich ruiniert.« Dem Motto, man müsse »Verantwortung übernehmen«, setzte Wagenknecht entgegen, die bisherige Art von Regierungsbeteiligung sei verantwortungslos. Mindestbedingungen müßten fixiert sein.
Positionen dieser Art will die AKL, die vorerst weiter als loser Zusammenschluß von Gruppierungen und Personen agieren will, Eingang in die Gründungsdokumente der neuen Partei verschaffen. Die Zustimmung für die Abschlußerklärung und eine Resolution, in der die Kriminalisierung von Kapitalismuskritik wie im Fall Christian Klar verurteilt wird (siehe Seite 8), war einhellig. Ohne Gegenstimme wurde die bisherige Koordinierungsgruppe der AKL mit den Europaabgeordneten Tobias Pflüger und Sahra Wagenknecht, mit Thies Gleiss (WASG-Bundesvorstand), den Bundestagsabgeordneten Ulla Jelpke und Nele Hirsch sowie Sabine Lösing (WASG-Parteirat) bestätigt. Nicht abgestimmt wurde über den Vorschlag des Sprechers der AKL Saarland, Paul Becker, »angesichts der Angriffe ostdeutscher Stammesfürsten« die Erklärung abzugeben, daß die AKL »geschlossen zur antikapitalistischen Politik von Oskar Lafontaine steht«. Es widersprach aber auch niemand.
Info: www. antikapitalistische-linke.de
Tobias Pflüger - 2007/03/12 10:32
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