EU-Kolonie Kosovo?

Artikel in: L'Humanite, 21.03.2007

von Tobias Pflüger, MdEP

Die Vereinten Nationen haben den Finnen Martti Ahtisaari beauftragt, einen Plan für den weiteren Status des Kosovo vorzulegen, der am 26. März den UN-Sicherheitsratsmitgliedern vorgelegt wird. Er sieht die de facto Herauslösung des Kosovo aus Serbien vor. Deshalb wird er von serbischer Seite mit Unterstützung Russlands scharf abgelehnt. Es ist ein völkerrechtlich bisher einmaligen Vorgang: erstmalig würde mit UNO-Plazet die territoriale Souveränität eines Mitgliedslandes ohne dessen Einverständnis beschnitten. Die Voraussetzung dafür war der völkerrechtswidrige NATO-Angriffskrieg gegen Jugoslawien im Jahr 1999.

Doch auch auf albanischer Seite finden Ahtisaaris Vorschläge keineswegs ungeteilte Zustimmung, denn de facto soll der Kosovo kein souveräner Staat werden, sondern eine Kolonie der Europäischen Union. Der EU-Sonderbeauftragte erhält faktisch die uneingeschränkten Befugnisse eines Prokonsuls: er kann z.B. alle Gesetze von kosovarischem Parlaments und Regierung annullieren und jeden gewählten Vertreter und Beamten entlassen. Darüber hinaus geht die Kontrolle über die Geld- und Wirtschaftspolitik des Landes, die in der Kosovo-Verfassung des Jahres 2001 der UNMIK übertragen wurde und die Einführung einer "freien Marktwirtschaft" vorsieht, nun auf die EU über.

Kennen wir das mit der "freien Marktwirtschaft" in einer Verfassung nicht von irgendwoher?

UNMIK privatisierte im Kosovo umfangreich. Staatseigene Betriebe wurden enteignet und billigst verkauft. Zuständig war die Kosovo-Treuhand-Agentur (KTA). Privatisierungen wurden auch militärisch gegen Protest von Bevölkerung und Arbeiterschaft durchgesetzt, z.B. durch 800 KFOR-Soldaten die Trepca-Mine.

Die neoliberale Politik hat die soziale Situation der Bevölkerung weiter verschlechtert. Doch Privatisierungen werden auch unter EU-Flagge weitergehen. Ahtisaari will dafür eine KTA-Nachfolgeorganisation mit denselben Kompetenzen. Kosovo soll solange der Verwaltung Brüssels unterstellt bleiben, bis es seine "Europatauglichkeit" unter Beweis gestellt hat.

Ahtisaaris Vorschläge bedeuten, dass die EU im Kosovo in Zukunft per Dekret regiert. Notwendig dagegen ist eine Verhandlungslösung, die von beiden Seiten akzeptiert wird und dem Völkerrecht entspricht. Der derzeitige Weg führt zur Eskalation.

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Gegen den G 8 Gipfel - für internationale Solidarität
Artikel in: L'Humanite, 23.03.2007
http://tobiaspflueger.twoday.net/stories/3480368/

Weiter gegen den abgelehnten EU-Verfassungsvertrag
Artikel in: L'Humanite, 22.03.2007
http://tobiaspflueger.twoday.net/stories/3480362/

EU-Kolonie Kosovo?
Artikel in: L'Humanite, 21.03.2007
http://tobiaspflueger.twoday.net/stories/3480352/

Gegen Raketenabwehr und verstärkte Zusammenarbeit zwischen EU und NATO
Artikel in: L'Humanite, 20.03.2007
http://tobiaspflueger.twoday.net/stories/3480347/

Gegen den eskalierenden Krieg in Afghanistan
Artikel in: L'Humanite, 19.03.2007
http://tobiaspflueger.twoday.net/stories/3480344/
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La solidarité internationale et pas le G8
Article dans: Journal l'Humanité, paru dans l'édition du 23 mars 2007, Rubrique Tribune libre
http://tobiaspflueger.twoday.net/stories/3480219/

Ne pas baisser la garde contre la constitution
Article dans: Journal l'Humanité, paru dans l'édition du 22 mars 2007, Rubrique Tribune libre
http://tobiaspflueger.twoday.net/stories/3480214/

Le Kosovo, colonie de l’UE ?
Article dans: Journal l'Humanité, paru dans l'édition du 21 mars 2007, Rubrique Tribune libre
http://tobiaspflueger.twoday.net/stories/3480265/

Le bouclier de tous les dangers
Article dans: Journal l'Humanité, paru dans l'édition du 20 mars 2007, Rubrique Tribune libre
http://tobiaspflueger.twoday.net/stories/3480233/

Arrêter le vol des Tornado
Article dans: Journal l'Humanité, paru dans l'édition du 19 mars 2007, Rubrique Tribune libre
http://tobiaspflueger.twoday.net/stories/3456317/

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