NATO-Ausbilder und Fuchs-Panzer nach Irak
Neues Deutschland vom 29. Sept. 2004
Von Olaf Standke
Die Erarbeitung des Operationsplans für den NATO-Einsatz in Irak steht vor dem Abschluss.
Bis Anfang Oktober hatte der NATO-Rat in der Vorwoche den Allianz-Strategen Zeit gegeben, um die Details für das umstrittene Irak-Engagement des Militärbündnisses auszuhandeln. Die Ankündigung aus Berlin, Bagdad 20 Fuchs-Panzer zur Verfügung zu stellen, hat dabei jetzt auch international Aufmerksamkeit gefunden. Die belgische Tageszeitung »De Morgen« schrieb gestern, es werde eine »Nebelwand hochgezogen, um bloß nicht zu zeigen, dass Deutschland sich irgendwie am Krieg im Irak beteiligt« sei. Doch wie der Fall der Panzerwagen zeige, komme die Bundesregierung »ganz klar immer mehr unter den Druck der Vereinigten Staaten und der NATO«.
Ursprünglich hatte Verteidigungsminister Peter Struck nur versprochen, etwa 100 ausgemusterte Bundeswehr-Lastwagen zu liefern und Soldaten und Polizisten auszubilden. Nun wurde auch der »Fuchs«-Export zum Teil der Ausrüstungs- und Ausbildungshilfe erklärt, zu der sich Deutschland beim NATO-Gipfel Ende Juni in Istanbul bereit erklärt hat. Im Gegenzug versicherte die Allianz, dass kein Bundeswehrsoldat irakischen Boden betreten müsse. Nach der jüngsten Entscheidung des Bundessicherheitsrates aber werde immer deutlicher, »dass Deutschland sich wie ein Aal winden muss, um der eigenen Öffentlichkeit die kleinen Zugeständnisse zu verkaufen«, so das Brüsseler Blatt.
Der grüne Sicherheitsexperte Winfried Nachtwei etwa nannte den Deal »vertretbar«, obwohl nach den von der rot-grünen Bundesregierung selbst verschärften Richtlinien Rüstungsexporte in Länder, in denen es innere Unruhen gibt, nicht zulässig sind. Doch habe man »den Wunsch der irakischen Übergangsregierung schlecht ablehnen« können. Allerdings dürften die Transportpanzer nicht zur Aufstandsbekämpfung eingesetzt werden, so Nachtwei. Wie eine solche Auflage kontrolliert werden soll, erklärte der grüne Politiker nicht.
Tobias Pflüger, der für die PDS im Europaparlament sitzt, kritisierte die Entscheidung scharf: »Damit gerät die Bundesrepublik immer tiefer in den Sumpf eines militärischen Engagements in Irak. Deutschland spielt wieder eine Vorreiterrolle bei denjenigen EU-Mitgliedstaaten, die sich nicht aktiv am Irak-Krieg beteiligt hatten.« Pflüger, der 1. Vizepräsident der Golfstaatendelegation des Europäischen Parlaments ist, spricht von einer »Salamitaktik« Berlins und fordert eine Ende des »Einstiegs in ein Katastrophenszenario der schleichenden Irakkriegsbeteiligung«.
Die Fuchs-Panzer sollen zunächst in die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) gebracht und umgerüstet werden, wo Deutschland irakische Soldaten ausbilden will.
Die Emirate stellen dafür die Infrastruktur und sorgen für Unterbringung und Versorgung der Deutschen und Iraker. In Irak entsteht das eigentliche multinationale Ausbildungszentrums der NATO. Oberbefehlshaber James Jones, Vier-Sterne-General und ehemaliger Kommandant des US-Marine Corps, stattete der Vorhut von mehr als 40 Offizieren bereits im August einen »Truppenbesuch« ab. Nach Vorlage des Operationsplanes soll eine Truppenstellerkonferenz klären, welche Mitgliedstaaten wie viele Ausbilder entsenden – in Brüssel ist bisher von »mehreren hundert« Soldaten die Rede – und welche sich wie Deutschland außerhalb Iraks beteiligen. Auch Frankreich, Belgien und Spanien wollen keine Soldaten in das Zweistromland schicken.
Oberbefehlshaber der NATO-Mission soll der US-Generalmajor David Petraeus werden. Die Ausbilder werden auf den Schutz der US-geführten Besatzungsstreitkräfte angewiesen sein. Nach langem Gefeilsche sollen die Kosten von den Teilnehmerstaaten und aus der gemeinsamen NATO-Kasse beglichen werden. In Washington, wo man heftig auf die Mission drängte, sieht man zur Zeit mehr noch als den militärischen ihren politischen Wert, wachse durch die breite Unterstützung über den Umweg des Nordatlantikpaktes doch die politische Legitimität von Krieg und Besatzung. In Berlin wird derweil auch über militärische Hilfe beim Straßen- und Brückenbau sowie bei der Entschärfung von Bomben und Minen nachgedacht. Das NATO-Ausbildungszentrum in Irak soll bis Ende des Jahres einsatzbereit sein.
Von Olaf Standke
Die Erarbeitung des Operationsplans für den NATO-Einsatz in Irak steht vor dem Abschluss.
Bis Anfang Oktober hatte der NATO-Rat in der Vorwoche den Allianz-Strategen Zeit gegeben, um die Details für das umstrittene Irak-Engagement des Militärbündnisses auszuhandeln. Die Ankündigung aus Berlin, Bagdad 20 Fuchs-Panzer zur Verfügung zu stellen, hat dabei jetzt auch international Aufmerksamkeit gefunden. Die belgische Tageszeitung »De Morgen« schrieb gestern, es werde eine »Nebelwand hochgezogen, um bloß nicht zu zeigen, dass Deutschland sich irgendwie am Krieg im Irak beteiligt« sei. Doch wie der Fall der Panzerwagen zeige, komme die Bundesregierung »ganz klar immer mehr unter den Druck der Vereinigten Staaten und der NATO«.
Ursprünglich hatte Verteidigungsminister Peter Struck nur versprochen, etwa 100 ausgemusterte Bundeswehr-Lastwagen zu liefern und Soldaten und Polizisten auszubilden. Nun wurde auch der »Fuchs«-Export zum Teil der Ausrüstungs- und Ausbildungshilfe erklärt, zu der sich Deutschland beim NATO-Gipfel Ende Juni in Istanbul bereit erklärt hat. Im Gegenzug versicherte die Allianz, dass kein Bundeswehrsoldat irakischen Boden betreten müsse. Nach der jüngsten Entscheidung des Bundessicherheitsrates aber werde immer deutlicher, »dass Deutschland sich wie ein Aal winden muss, um der eigenen Öffentlichkeit die kleinen Zugeständnisse zu verkaufen«, so das Brüsseler Blatt.
Der grüne Sicherheitsexperte Winfried Nachtwei etwa nannte den Deal »vertretbar«, obwohl nach den von der rot-grünen Bundesregierung selbst verschärften Richtlinien Rüstungsexporte in Länder, in denen es innere Unruhen gibt, nicht zulässig sind. Doch habe man »den Wunsch der irakischen Übergangsregierung schlecht ablehnen« können. Allerdings dürften die Transportpanzer nicht zur Aufstandsbekämpfung eingesetzt werden, so Nachtwei. Wie eine solche Auflage kontrolliert werden soll, erklärte der grüne Politiker nicht.
Tobias Pflüger, der für die PDS im Europaparlament sitzt, kritisierte die Entscheidung scharf: »Damit gerät die Bundesrepublik immer tiefer in den Sumpf eines militärischen Engagements in Irak. Deutschland spielt wieder eine Vorreiterrolle bei denjenigen EU-Mitgliedstaaten, die sich nicht aktiv am Irak-Krieg beteiligt hatten.« Pflüger, der 1. Vizepräsident der Golfstaatendelegation des Europäischen Parlaments ist, spricht von einer »Salamitaktik« Berlins und fordert eine Ende des »Einstiegs in ein Katastrophenszenario der schleichenden Irakkriegsbeteiligung«.
Die Fuchs-Panzer sollen zunächst in die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) gebracht und umgerüstet werden, wo Deutschland irakische Soldaten ausbilden will.
Die Emirate stellen dafür die Infrastruktur und sorgen für Unterbringung und Versorgung der Deutschen und Iraker. In Irak entsteht das eigentliche multinationale Ausbildungszentrums der NATO. Oberbefehlshaber James Jones, Vier-Sterne-General und ehemaliger Kommandant des US-Marine Corps, stattete der Vorhut von mehr als 40 Offizieren bereits im August einen »Truppenbesuch« ab. Nach Vorlage des Operationsplanes soll eine Truppenstellerkonferenz klären, welche Mitgliedstaaten wie viele Ausbilder entsenden – in Brüssel ist bisher von »mehreren hundert« Soldaten die Rede – und welche sich wie Deutschland außerhalb Iraks beteiligen. Auch Frankreich, Belgien und Spanien wollen keine Soldaten in das Zweistromland schicken.
Oberbefehlshaber der NATO-Mission soll der US-Generalmajor David Petraeus werden. Die Ausbilder werden auf den Schutz der US-geführten Besatzungsstreitkräfte angewiesen sein. Nach langem Gefeilsche sollen die Kosten von den Teilnehmerstaaten und aus der gemeinsamen NATO-Kasse beglichen werden. In Washington, wo man heftig auf die Mission drängte, sieht man zur Zeit mehr noch als den militärischen ihren politischen Wert, wachse durch die breite Unterstützung über den Umweg des Nordatlantikpaktes doch die politische Legitimität von Krieg und Besatzung. In Berlin wird derweil auch über militärische Hilfe beim Straßen- und Brückenbau sowie bei der Entschärfung von Bomben und Minen nachgedacht. Das NATO-Ausbildungszentrum in Irak soll bis Ende des Jahres einsatzbereit sein.
Tobias Pflüger - 2004/10/02 01:51
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