Eine neue Bewegung in »New Europe«
Pressebericht in: Neues Deutschland, 11.05.07
Prager Konferenz gegen USA-Raketenschirm forderte von Regierungen Ablehnung des Projektes
Von Thomas Kachel, Prag
Das 2003 vom damaligen USA-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld im Gegensatz zum kriegskritischen Westeuropa als »New Europe« gefeierte Mitteleuropa altert erstaunlich schnell, was die Friedenspolitik betrifft. Jüngster Beleg dafür ist die Europäische Konferenz gegen die Militarisierung Europas, die am vergangenen Wochenende auf Einladung der Initiative »Ne sakladnam« und des linken Mittel-/Osteuropa-Netzwerks Lavka.info in Prag stattfand.
Anlass der Konferenz war die heutige Aufnahme von Verhandlungen zwischen der Tschechischen Republik und den USA über die Stationierung einer Radarbasis für das geplante Raketenabfangsystem in Tschechien und Polen. In den 90er Jahren konnten »Russophobie« und USA-Gefolgschaft der offiziellen Außenpolitik Polens und Tschechiens noch auf einen soliden Zustimmungssockel in der Bevölkerung setzen. Neuere Umfragewerte zeigen aber, dass zumindest die Gefahren, die die USA-Pläne für Mitteleuropa bergen, von der Mehrheit der Menschen erkannt werden, wie auch die tschechischen Redner auf der Konferenz optimistisch feststellten.
Dass sich auch der frühere sozialdemokratische Außenminister Jan Kavan und der frühere Dissident Petr Uhl blicken ließen, zeigt, welche neuen Chancen diese Debatte für die tschechische Linke eröffnet. »Ne sakladnam« (»Keine Basen«) kündigte denn auch eine Ausweitung ihrer öffentlichkeitswirksamen Aktionen auf das ganze Land an und warb bei den ausländischen Aktiven um Teilnahme an der großen Protestdemonstration am Pfingstsonnabend in Prag. Und die polnische Initiative »Stop wojne« (»Stopp dem Kriege«) kündigte an, dass sie noch in dieser Woche mit der Sammlung von Unterschriften für ein Referendum beginnen werde.
Andere europäische Anti-Militärbasis-Initiativen berichteten über ihre Aktivitäten, so auch die Leipziger Aktionsgruppe »Flughafen Leipzig NATOfrei«, die sich bemüht, die militärische Nutzung dieses Flughafens durch die USA-Armee öffentlich zu machen.
Tobias Pflüger, Abgeordneter der linken Fraktion im Europäischen Parlament, belegte anhand von Zitaten aus Papieren des USA-Verteidigungsministeriums, dass das Pentagon selbst den Zweck des Raketenschirms darin sieht, Gegenschläge angegriffener Staaten unmöglich zu machen und damit eigene Erstschläge zu ermöglichen. »Aber auch die EU-Länder betreiben eine Militarisierung ihrer Außen- und Sicherheitspolitik mittels Errichtung von Militärbasen, beispielsweise in Gabun und Usbekistan«, warnte Pflüger.
Kate Hudson, prominente Friedensaktivistin der »Campaign for Nuclear Disarmament« aus Großbritannien, stellte den Raketenabfangplänen dann Aspekte des Völkerrechts gegenüber. In der abschließend angenommenen Prager Deklaration wurden die Staatspräsidenten Polens und Tschechiens aufgefordert, die Mehrheitsmeinung ihrer Bürger zu respektieren und ihre Zustimmung zu den Plänen der USA zu verweigern.
Die westeuropäischen Gäste und auch die Organisatoren selbst waren beeindruckt. Marko Forberger von Lavka.info meinte, mit diesem Treffen habe die mittel- und osteuropäische Friedensbewegung gezeigt, dass sie ein eigenständiger politischer Faktor geworden ist. Nun wird es darauf ankommen, wie effektiv sich Friedensbewegte aus »old Europe« und »new Europe« im Engagement gegen den Raketenschirm vernetzen können.
Das Stichwort
Anliegen von Lavka.info ist es, ein linkes Netzwerk in Mittel- und Osteuropa zu knüpfen, um den Austausch über gesellschaftliche Entwicklungen, Kultur und Lebensweise zu fördern. Partner sind die Europäische Linke, soziale und globalisierungskritische Bewegungen sowie alle emanzipatorischen, humanistischen und ökologischen Akteure bzw. freien Medien. Schwerpunkländer sind Tschechien, Polen und Deutschland. (ND)
Prager Konferenz gegen USA-Raketenschirm forderte von Regierungen Ablehnung des Projektes
Von Thomas Kachel, Prag
Das 2003 vom damaligen USA-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld im Gegensatz zum kriegskritischen Westeuropa als »New Europe« gefeierte Mitteleuropa altert erstaunlich schnell, was die Friedenspolitik betrifft. Jüngster Beleg dafür ist die Europäische Konferenz gegen die Militarisierung Europas, die am vergangenen Wochenende auf Einladung der Initiative »Ne sakladnam« und des linken Mittel-/Osteuropa-Netzwerks Lavka.info in Prag stattfand.
Anlass der Konferenz war die heutige Aufnahme von Verhandlungen zwischen der Tschechischen Republik und den USA über die Stationierung einer Radarbasis für das geplante Raketenabfangsystem in Tschechien und Polen. In den 90er Jahren konnten »Russophobie« und USA-Gefolgschaft der offiziellen Außenpolitik Polens und Tschechiens noch auf einen soliden Zustimmungssockel in der Bevölkerung setzen. Neuere Umfragewerte zeigen aber, dass zumindest die Gefahren, die die USA-Pläne für Mitteleuropa bergen, von der Mehrheit der Menschen erkannt werden, wie auch die tschechischen Redner auf der Konferenz optimistisch feststellten.
Dass sich auch der frühere sozialdemokratische Außenminister Jan Kavan und der frühere Dissident Petr Uhl blicken ließen, zeigt, welche neuen Chancen diese Debatte für die tschechische Linke eröffnet. »Ne sakladnam« (»Keine Basen«) kündigte denn auch eine Ausweitung ihrer öffentlichkeitswirksamen Aktionen auf das ganze Land an und warb bei den ausländischen Aktiven um Teilnahme an der großen Protestdemonstration am Pfingstsonnabend in Prag. Und die polnische Initiative »Stop wojne« (»Stopp dem Kriege«) kündigte an, dass sie noch in dieser Woche mit der Sammlung von Unterschriften für ein Referendum beginnen werde.
Andere europäische Anti-Militärbasis-Initiativen berichteten über ihre Aktivitäten, so auch die Leipziger Aktionsgruppe »Flughafen Leipzig NATOfrei«, die sich bemüht, die militärische Nutzung dieses Flughafens durch die USA-Armee öffentlich zu machen.
Tobias Pflüger, Abgeordneter der linken Fraktion im Europäischen Parlament, belegte anhand von Zitaten aus Papieren des USA-Verteidigungsministeriums, dass das Pentagon selbst den Zweck des Raketenschirms darin sieht, Gegenschläge angegriffener Staaten unmöglich zu machen und damit eigene Erstschläge zu ermöglichen. »Aber auch die EU-Länder betreiben eine Militarisierung ihrer Außen- und Sicherheitspolitik mittels Errichtung von Militärbasen, beispielsweise in Gabun und Usbekistan«, warnte Pflüger.
Kate Hudson, prominente Friedensaktivistin der »Campaign for Nuclear Disarmament« aus Großbritannien, stellte den Raketenabfangplänen dann Aspekte des Völkerrechts gegenüber. In der abschließend angenommenen Prager Deklaration wurden die Staatspräsidenten Polens und Tschechiens aufgefordert, die Mehrheitsmeinung ihrer Bürger zu respektieren und ihre Zustimmung zu den Plänen der USA zu verweigern.
Die westeuropäischen Gäste und auch die Organisatoren selbst waren beeindruckt. Marko Forberger von Lavka.info meinte, mit diesem Treffen habe die mittel- und osteuropäische Friedensbewegung gezeigt, dass sie ein eigenständiger politischer Faktor geworden ist. Nun wird es darauf ankommen, wie effektiv sich Friedensbewegte aus »old Europe« und »new Europe« im Engagement gegen den Raketenschirm vernetzen können.
Das Stichwort
Anliegen von Lavka.info ist es, ein linkes Netzwerk in Mittel- und Osteuropa zu knüpfen, um den Austausch über gesellschaftliche Entwicklungen, Kultur und Lebensweise zu fördern. Partner sind die Europäische Linke, soziale und globalisierungskritische Bewegungen sowie alle emanzipatorischen, humanistischen und ökologischen Akteure bzw. freien Medien. Schwerpunkländer sind Tschechien, Polen und Deutschland. (ND)
Tobias Pflüger - 2007/05/14 14:55
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