Politik nicht gestattet

Finanzamt will IMI Gemeinnützigkeit streichen

Pressebericht in: Schwäbisches Tagblatt vom 16.07.2007

TÜBINGEN (vor). Das Finanzamt will der Tübinger Informationsstelle Militarisierung (IMI) die Gemeinnützigkeit versagen, weil sich deren Tätigkeit "fast ausschließlich in politischen Aktivitäten" erschöpfe. Die IMI ihrerseits vermutet politische Hintergründe.

Von welcher Behörde der zunächst erhobene Vorwurf der "Verfassungswidrigkeit" stammt und womit er begründet wurde, wollte Finanzamtsleiter Walter Lebherz auf TAGBLATT-Nachfrage nicht sagen. Doch darum geht es jetzt auch gar nicht mehr: "Wir sehen eine politische Zweckverfolgung", so Lebherz, dessen Mitarbeiter sich auf der IMI-Internetseite umschauten. Politische Zwecke ("Beeinflussung der politischen Meinungsbildung") jedoch seien "gemeinnützigen Körperschaften" nicht gestattet. Die Gemeinnützigkeit soll dem Verein nicht nur künftig, sondern gleich sechs Jahre rückwirkend aberkannt werden. Auf die IMI kämen in diesem Fall erhebliche Steuernachforderungen zu.

"Das würde uns existenziell treffen", sagt IMI-Vorstand Jürgen Wagner. Die Beanstandung des Finanzamts kann er nicht nachvollziehen: Bundeswehrsstrategie und weltweite Einsätze, EU-Sicherheitspolitik, Globalisierung und Armut als Kriegsursache, außerdem Länderschwerpunkte wie Afghanistan, Kongo oder Irak - "zu solchen Themen arbeiten wir doch schon seit unserer Gründung vor elf Jahren". Rerferent(inn)en der Informationsstelle halten laut Wagner an die hundert Vorträge im Jahr. Der Verein veröffentlicht Analysen im Internet, Zeitungen und Büchern, ist Mitherausgeber der Vierteljahresschrift "Wissenschaft und Frieden" und veranstaltet alljährlich einen friedenspolitischen Kongress in Tübingen.

Laut Lebherz prüfte das Finanzamt bereits die IMI-Tätigkeit ("tatsächliche Geschäftsführung") in den Jahren 1996 bis 2000 - und hatte seinerzeit nichts zu beanstanden. Was hat sich seit damals geändert? Lebherz: "Vielleicht haben wir's auch zu spät erkannt."

Der IMI-Mitbegründer und Europaabgeordnete der Linken, Tobias Pflüger, vermutet indes einen Zusammenhang zu dem gegen ihn laufenden Ermittlungsverfahren der Münchner Staatsanwaltschaft (wir berichteten). Pazifist Pflüger, so der ursprüngliche Vorwurf, soll bei der Münchner Sicherheitskonferenz im Februar 2005 Polizisten beschimpft haben, gar tätlich geworden sein. Daraufhin entzog ihm das EU-Parlament die Immunität. Von den Vorwürfen blieb schließlich nur noch die angebliche Beamtenbeleidigung übrig - auch die bestreitet Pflüger: "Eine erfundene Geschichte." Besagte Staatsanwaltschaft ermittle bereits zum vierten Mal gegen ihn in Zusammenhang mit der Münchner Sicherheitskonferenz - stets ohne Erfolg.

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