»Die EU legt einen doppelten Maßstab an«
Dokumentation: Junge Welt, 20.09.2007
Hinter der Politik der EU gegenüber Kuba steht die Instrumentalisierung der Menschenrechte. Ein Gespräch mit Willy Meyer
Harald Neuber, Brüssel
Willy Meyer Pleite ist Abgeordneter der spanischen Partei Vereinigte Linke im Europäischen Parlament. Er ist zudem Vizepräsident der »Freundschafts- und Solidaritätsgruppe mit den kubanischen Volk« im EU-Parlament und Vizepräsident der europäisch-lateinamerikanischen Parlamentarierdelegation EUROLAT.
Seit fast elf Jahren hält die Europäische Union den sogenannten Gemeinsamen Standpunkt zu Kuba aufrecht. Wie hat sich diese Politik entwickelt?
Eine leicht positive Entwicklung gab es im Juni dieses Jahres. Der Rat der Europäischen Union hat bei seiner Tagung in Luxemburg eine schwache Kurskorrektur vorgenommen. In einem gemeinsamen Papier zu Kuba wurde die Notwendigkeit betont, gegenseitige Beziehungen aufrecht zu erhalten. Das ist ein kleiner Fortschritt. Zugleich wurde bewußt davon Abstand genommen, die Drohung mit Sanktionen und den diskriminierenden »Gemeinsamen Standpunkt« zu beenden.
Kuba ist das einzige Land, gegenüber dem der EU-Rat eine solche Richtlinie erarbeitet hat?
Ja. Eine solche Vorgabe aus Brüssel gibt es noch nicht einmal im Fall Chinas oder Vietnams. Deswegen sagen wir von der Linken ja, daß die Position ungerecht und ungerechtfertigt ist.
Es geht also gar nicht um Menschenrechte?
Nein, das glaube ich nicht. In meinem Vortrag auf der Kuba-Konferenz am Dienstag im EU-Parlament habe ich das Ungleichgewicht zu verdeutlichen versucht. Ich habe auf den Fall Guatemalas verwiesen – ein Land, in dem vor den jüngsten Wahlen 50 Menschen aus politischen Gründen ermordet wurden, davon 40 Kandidaten. Es gibt zugleich eine totale Straflosigkeit. Selbst die Staatsführung muß anerkennen, daß das organisierte Verbrechen den Staat unterwandert hat. Vergleichen wir diese Lage nun mit Kuba, dann drängt sich der Verdacht auf, daß mit Menschenrechten in Brüssel unterschiedlich umgegangen wird. Denn im Fall Guatemalas wurde – glücklicherweise, muß man sagen – kein gemeinsamer Standpunkt verabschiedet. Statt dessen unternimmt die EU, was sie unternehmen sollte. Sie nimmt an den Prozessen teil und beobachtet. Was Kuba betrifft, so haben wir uns in der europäischen Linken scheinbar an die Sonderpolitik gewöhnt, die von der rechten Mehrheit geprägt und durchgesetzt wurde.
Fehlt auf der Linken eine Debatte um die eigene Position zu Menschenrechten?
Natürlich, und das haben wir mit dieser Kuba-Konferenz zu ändern versucht. Wir müssen uns stärker gegen die Instrumentalisierung der Menschenrechte wenden.
Im vergangenen Jahr gab es zumindest in der damaligen PDS eine angeregte Debatte über die Kritik an Menschenrechten in Kuba. Auslöser war die Zustimmung einiger EU-Abgeordneter der Europafraktion zu einem Antrag des rechtskonservativen spanischen Abgeordneten Salafranca. Sehen Sie eine solche Allianzbildung als Resultat der mangelnden Reflexion über das Thema in der Linken an?
Ich denke, daß es in einigen Fällen Entgleisungen gibt – ideologisch und politisch. Man kann für oder gegen die kubanische Revolution sein. Was ich aber einfordere, ist die gemeinsame Ablehnung der Linken, wenn Vorstöße von der erzkonservativen Rechten eingebracht werden; einer Rechten, die eng mit der Bush-Regierung zusammenarbeitet. Die Mehrheit der Linken vertritt diese Haltung und überschreitet die Grenze zur Rechten nicht. Aber es gibt eben auch Ausnahmen.
Wie haben Sie damals abgestimmt?
Ich habe den Vorstoß von Salafranca natürlich zurückgewiesen.
Hinter der Politik der EU gegenüber Kuba steht die Instrumentalisierung der Menschenrechte. Ein Gespräch mit Willy Meyer
Harald Neuber, Brüssel
Willy Meyer Pleite ist Abgeordneter der spanischen Partei Vereinigte Linke im Europäischen Parlament. Er ist zudem Vizepräsident der »Freundschafts- und Solidaritätsgruppe mit den kubanischen Volk« im EU-Parlament und Vizepräsident der europäisch-lateinamerikanischen Parlamentarierdelegation EUROLAT.
Seit fast elf Jahren hält die Europäische Union den sogenannten Gemeinsamen Standpunkt zu Kuba aufrecht. Wie hat sich diese Politik entwickelt?
Eine leicht positive Entwicklung gab es im Juni dieses Jahres. Der Rat der Europäischen Union hat bei seiner Tagung in Luxemburg eine schwache Kurskorrektur vorgenommen. In einem gemeinsamen Papier zu Kuba wurde die Notwendigkeit betont, gegenseitige Beziehungen aufrecht zu erhalten. Das ist ein kleiner Fortschritt. Zugleich wurde bewußt davon Abstand genommen, die Drohung mit Sanktionen und den diskriminierenden »Gemeinsamen Standpunkt« zu beenden.
Kuba ist das einzige Land, gegenüber dem der EU-Rat eine solche Richtlinie erarbeitet hat?
Ja. Eine solche Vorgabe aus Brüssel gibt es noch nicht einmal im Fall Chinas oder Vietnams. Deswegen sagen wir von der Linken ja, daß die Position ungerecht und ungerechtfertigt ist.
Es geht also gar nicht um Menschenrechte?
Nein, das glaube ich nicht. In meinem Vortrag auf der Kuba-Konferenz am Dienstag im EU-Parlament habe ich das Ungleichgewicht zu verdeutlichen versucht. Ich habe auf den Fall Guatemalas verwiesen – ein Land, in dem vor den jüngsten Wahlen 50 Menschen aus politischen Gründen ermordet wurden, davon 40 Kandidaten. Es gibt zugleich eine totale Straflosigkeit. Selbst die Staatsführung muß anerkennen, daß das organisierte Verbrechen den Staat unterwandert hat. Vergleichen wir diese Lage nun mit Kuba, dann drängt sich der Verdacht auf, daß mit Menschenrechten in Brüssel unterschiedlich umgegangen wird. Denn im Fall Guatemalas wurde – glücklicherweise, muß man sagen – kein gemeinsamer Standpunkt verabschiedet. Statt dessen unternimmt die EU, was sie unternehmen sollte. Sie nimmt an den Prozessen teil und beobachtet. Was Kuba betrifft, so haben wir uns in der europäischen Linken scheinbar an die Sonderpolitik gewöhnt, die von der rechten Mehrheit geprägt und durchgesetzt wurde.
Fehlt auf der Linken eine Debatte um die eigene Position zu Menschenrechten?
Natürlich, und das haben wir mit dieser Kuba-Konferenz zu ändern versucht. Wir müssen uns stärker gegen die Instrumentalisierung der Menschenrechte wenden.
Im vergangenen Jahr gab es zumindest in der damaligen PDS eine angeregte Debatte über die Kritik an Menschenrechten in Kuba. Auslöser war die Zustimmung einiger EU-Abgeordneter der Europafraktion zu einem Antrag des rechtskonservativen spanischen Abgeordneten Salafranca. Sehen Sie eine solche Allianzbildung als Resultat der mangelnden Reflexion über das Thema in der Linken an?
Ich denke, daß es in einigen Fällen Entgleisungen gibt – ideologisch und politisch. Man kann für oder gegen die kubanische Revolution sein. Was ich aber einfordere, ist die gemeinsame Ablehnung der Linken, wenn Vorstöße von der erzkonservativen Rechten eingebracht werden; einer Rechten, die eng mit der Bush-Regierung zusammenarbeitet. Die Mehrheit der Linken vertritt diese Haltung und überschreitet die Grenze zur Rechten nicht. Aber es gibt eben auch Ausnahmen.
Wie haben Sie damals abgestimmt?
Ich habe den Vorstoß von Salafranca natürlich zurückgewiesen.
Tobias Pflüger - 2007/09/20 12:16
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