Angeklagt: Wir alle!
Pressebericht in: Junge Welt, 15.09.2007 / Ansichten / Seite 8
Polizei jagt islamische Web-User
Jürgen Elsässer
Die Terrorhysterie wird weiter verschärft. Schon bisher galt: Wer mit dem Koran, Haarbleiche und Mehl erwischt wird, findet sich schnell wegen Bombenbaus in U-Haft. Neu ist, was zur Wochenmitte in Wien geschah: Dort wanderten drei Moslems in den Knast, denen nicht die Vorbereitung eines Anschlages zur Last gelegt wird, sondern lediglich die Verbreitung unbequemer Ansichten im Internet.
Spiegel-Online faßt zusammen: was dem Trio vorgeworfen wird: »Sie sollen an der Produktion eines Videos beteiligt gewesen sein ... Darin drohte ein vermummter Sprecher auf Arabisch mit Anschlägen in Deutschland und Österreich, falls die beiden Länder ihre Soldaten nicht aus Afghanistan abzögen.« Doch in dem Filmchen wurden Anschläge weder angedroht noch gerechtfertigt. Statt dessen hieß es: »Die deutsche Regierung log ihr Volk an, als sie sagte, daß die Teilnahme der Deutschen bei den Nato-Truppen für den Wiederaufbau gedacht ist.« Und weiter: »Wir fragen uns: Welchen Nutzen hat Deutschland davon, daß es 2750 Soldaten als Unterstützung für die NATO-Truppen schickt, um die Lügen von Bush und seiner Bande zu verteidigen? (...) Ist es nicht dumm, die Mudschaheddin zu ermutigen, Anschläge in eurem Land zu verüben?«
Klar gesagt: Das sind kluge und richtige Sätze. Ihre Evidenz liegt auf der Hand. Vielleicht finden sich auf der von dem Trio betriebenen Website »Globale Islamische Medienfront« auch verrückte und kriminelle Beiträge, etwa Kommandoerklärungen tatsächlicher Terrorgruppen. Doch interessanterweise sind nicht diese Gegenstand des Verfahrens, sondern ausdrücklich das Video vom 11. März. Offensichtlich soll gerade nicht der Fanatismus kriminalisiert werden, sondern das ganz ruhige Argumentieren, das jeder Hausfrau einleuchtet.
Dieselbe Position wie in diesem Video vertreten in Deutschland etwa der Vorsitzender der Linken, Oskar Lafontaine, oder der Sachbuchautor Peter Scholl-Latour. Lafontaine sagte etwa am 19. Januar 2007 im Bundestag: »Der Einsatz in Afghanistan führt zu keinem vernünftigen Ergebnis. Er erhöht die Terroranschlagsgefahr in Deutschland.« Und Scholl-Latour schrieb: »Selbstverständlich hat der Einsatz der Bundeswehr in Afghanistan die Terrorgefahr bei uns erhöht.« Muß man damit rechnen, daß demnächst auch diese beiden als Al-Qaida-Unterstützer eingesperrt werden? Die Befürchtung ist nicht allzuweit hergeholt. Bereits am gestrigen Freitag stellte Spiegel-Online eine Verbindung zwischen den »Alpendschihadisten« und dem linken Europaabgeordneten Tobias Pflüger her. Der sei nämlich, ebenso wie einer der drei Verhafteten, als Redner auf einer Kundgebung gegen den Besuch des US-Präsidenten George W. Bush im Jahr 2006 in Wien aufgetreten.
Wenn das österreichische Beispiel Schule macht, kann jede Opposition gegen den Krieg mundtot gemacht werden. Wer sich jetzt nicht mit den Verhafteten solidarisiert, könnte morgen selbst ins Visier von Big Brother und seinen Robocops geraten.
Polizei jagt islamische Web-User
Jürgen Elsässer
Die Terrorhysterie wird weiter verschärft. Schon bisher galt: Wer mit dem Koran, Haarbleiche und Mehl erwischt wird, findet sich schnell wegen Bombenbaus in U-Haft. Neu ist, was zur Wochenmitte in Wien geschah: Dort wanderten drei Moslems in den Knast, denen nicht die Vorbereitung eines Anschlages zur Last gelegt wird, sondern lediglich die Verbreitung unbequemer Ansichten im Internet.
Spiegel-Online faßt zusammen: was dem Trio vorgeworfen wird: »Sie sollen an der Produktion eines Videos beteiligt gewesen sein ... Darin drohte ein vermummter Sprecher auf Arabisch mit Anschlägen in Deutschland und Österreich, falls die beiden Länder ihre Soldaten nicht aus Afghanistan abzögen.« Doch in dem Filmchen wurden Anschläge weder angedroht noch gerechtfertigt. Statt dessen hieß es: »Die deutsche Regierung log ihr Volk an, als sie sagte, daß die Teilnahme der Deutschen bei den Nato-Truppen für den Wiederaufbau gedacht ist.« Und weiter: »Wir fragen uns: Welchen Nutzen hat Deutschland davon, daß es 2750 Soldaten als Unterstützung für die NATO-Truppen schickt, um die Lügen von Bush und seiner Bande zu verteidigen? (...) Ist es nicht dumm, die Mudschaheddin zu ermutigen, Anschläge in eurem Land zu verüben?«
Klar gesagt: Das sind kluge und richtige Sätze. Ihre Evidenz liegt auf der Hand. Vielleicht finden sich auf der von dem Trio betriebenen Website »Globale Islamische Medienfront« auch verrückte und kriminelle Beiträge, etwa Kommandoerklärungen tatsächlicher Terrorgruppen. Doch interessanterweise sind nicht diese Gegenstand des Verfahrens, sondern ausdrücklich das Video vom 11. März. Offensichtlich soll gerade nicht der Fanatismus kriminalisiert werden, sondern das ganz ruhige Argumentieren, das jeder Hausfrau einleuchtet.
Dieselbe Position wie in diesem Video vertreten in Deutschland etwa der Vorsitzender der Linken, Oskar Lafontaine, oder der Sachbuchautor Peter Scholl-Latour. Lafontaine sagte etwa am 19. Januar 2007 im Bundestag: »Der Einsatz in Afghanistan führt zu keinem vernünftigen Ergebnis. Er erhöht die Terroranschlagsgefahr in Deutschland.« Und Scholl-Latour schrieb: »Selbstverständlich hat der Einsatz der Bundeswehr in Afghanistan die Terrorgefahr bei uns erhöht.« Muß man damit rechnen, daß demnächst auch diese beiden als Al-Qaida-Unterstützer eingesperrt werden? Die Befürchtung ist nicht allzuweit hergeholt. Bereits am gestrigen Freitag stellte Spiegel-Online eine Verbindung zwischen den »Alpendschihadisten« und dem linken Europaabgeordneten Tobias Pflüger her. Der sei nämlich, ebenso wie einer der drei Verhafteten, als Redner auf einer Kundgebung gegen den Besuch des US-Präsidenten George W. Bush im Jahr 2006 in Wien aufgetreten.
Wenn das österreichische Beispiel Schule macht, kann jede Opposition gegen den Krieg mundtot gemacht werden. Wer sich jetzt nicht mit den Verhafteten solidarisiert, könnte morgen selbst ins Visier von Big Brother und seinen Robocops geraten.
Tobias Pflüger - 2007/09/28 10:00
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