"Die angebliche Neutralität der EU-Mission im Tschad ist völlig unglaubwürdig"

Presseinformation 2008/002 - Tobias Pflüger - Brüssel, 28.01.2008

Tobias Pflüger, Europaabgeordneter der LINKEN, Mitglied im Auswärtigen Ausschuss (AFET), Koordinator der Linksfraktion (GUE/NGL) im Unterausschuss Sicherheit und Verteidigung (SEDE) zur heute beschlossenen EU-Militärmission im Tschad und der Zentralafrikanischen Republik:

Entgegen allen Behauptungen ist die heute beschlossene EU-Militärmission im Tschad nicht neutral. Französische Soldaten haben schon gegen Rebellengruppen zur Absicherung des Militärputschisten Idriss Déby gekämpft. Nun sollen französische Soldaten "neutral" zwischen Regierungstruppen und regierungsloyaler Polizei einerseits und Rebellengruppen andererseits stehen. "Die angebliche Neutralität der EU-Mission im Tschad ist völlig unglaubwürdig", so Tobias Pflüger.

Die EU-Mission hat als ein wesentliches Ziel die politische und militärische Absicherung der nicht gerade demokratischen Regierungen im uran- und ölreichen Tschad und der Zentralafrikanischen Republik. Der allergrößte Anteil der Truppe wird von Frankreich gestellt (rund 2.000 Soldaten), nun auch noch die fehlenden Helikopter. Neben Frankreich werden Polen, Belgien, Irland, Schweden, Österreich und Spanien jeweils eigene Soldaten entsenden. Mit vier Offizieren in der Pariser Kommandozentrale ist Deutschland beteiligt. "EUFOR TCHAD/RCA ist die Fortsetzung der postkolonialen Politik Frankreichs nun unter EU-Flagge", meint Tobias Pflüger.

Interessant ist, dass durch den geltenden Athena-Mechanismus zur Bezahlung von EU-Militärmissionen alle 26 EU-Mitgliedstaaten, die an der militärischen Komponente beteiligt sind, diesen Militäreinsatz mitbezahlen, Deutschland z.B. bisher ca. 20 Millionen Euro.

Ein anderes wesentliches Ziel der EU-Militärmission ist die Einflussnahme auf die Entwicklung in Sudan und dort besonders in der Region Darfur. Offiziell geht es bei diesem Einsatz um den Schutz von Flüchtlingen an der Grenze Sudan / Tschad insbesondere in der Region Darfur. Das zugrunde liegende UN-Mandat lässt der EU-Truppe allerdings einen breiten Spielraum: es legt das Einsatzgebiet nicht explizit fest und hat keine Exitstrategie. Es gibt ein Stationierungsabkommen, was auf langfristige Präsenz deutet, obwohl der Einsatz offiziell nur ein Jahr dauern soll. Auch die Übergabepläne an die UN-Truppen sind völlig unrealistisch. Pflüger: "Insgesamt handelt es sich um ein gefährliches Militärabenteuer der EU."

Interessant ist, dass es ein Studie des renommierten "Massachusetts Institute of Technology" (MIT) gibt, mit dem Titel "African Adventure? - Assessing the European Union’s Military Intervention in Chad and the Central African Republic". Die österreichische Zeitung "Der Standard" fasst die Studie wie folgt zusammen: "Zu gering dimensioniert, logistisch aufwändiger als bisher bekannt und ohne Zukunftsperspektive."

Tobias Pflüger abschließend: "Diese EU-Militärmission ist gefährlich, unlogisch und falsch. Offensichtlich geht es im Wesentlichen darum, dass die EU als militärischer Akteur 'ausprobiert' werden soll. Neu ist, dass die EU-Militärmissionen nun Fortsetzungen von weltweitem militärischen Engagements von einzelnen EU-Mitgliedstaaten werden. Das lässt nichts Gutes erahnen für die Zukunft. Deshalb: Schluss mit dieser EU-Militärmission und der immer weiteren Militarisierung der EU."

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