»Sie nennen es Frieden. Wir nennen es Krieg«
Pressebericht in: Neues Deutschland, 11.02.2008 / Inland / Seite 2
Großkundgebung gegen Sicherheitskonferenz mit mehreren tausend Teilnehmern in Münchens Innenstadt
Von Gisela Dürselen, München
Mehrere tausend Menschen haben am Sonnabend in München weitgehend friedlich gegen die 44. Sicherheitskonferenz demonstriert. Erwartet friedlich verlief auch die Friedenskonferenz am selben Ort.
3700 Polizisten, ein paar Rangeleien am Rande und laut dem Ermittlungsausschuss der Roten Hilfe 45 Leute in Gewahrsam: Das ist die Bilanz des großen Demonstrationszugs am Sonnabendabend gegen die 44. NATO-Sicherheitskonferenz (Siko). Zu den von der Polizei befürchteten Ausschreitungen kam es nicht – obwohl der Zug gegen die Bedenken der Polizei erstmals mitten durch die Fußgängerzone führte. Die Veranstalter zeigten sich zufrieden und gaben die Teilnehmer mit 8000 bis 10 000 an. Die Polizei sprach von 3000 Demonstranten.
Der Protestzug unter dem Motto »Wir stellen uns quer« war Höhepunkt einer Reihe von Veranstaltungen gegen die diesjährige Siko. Ein breites Bündnis aus politischen Gruppen und Friedensinitiativen hatte dazu aufgerufen.
Zäh waren in den vergangenen Wochen die Verhandlungen mit dem Kreisverwaltungsreferat über die Route des Demonstrationszugs verlaufen. Nach einem Kompromiss setzte sich der Zug aber pünktlich um 18 Uhr in Bewegung. Eingebettet von allen vier Seiten durch Polizisten und in guter Stimmung durch Musik, steuerten die Demonstranten den Odeonsplatz an: in Hör- und Sichtweite der Residenz, in der die Siko-Teilnehmer zu dieser Zeit dinierten.
»Sie nennen es Frieden. Wir nennen es Krieg« war auf einem Banner, das quer über die Straße ging, zu lesen. »Ginge es nach dem Grundgesetz, dürfte die heute tagende Kriegskonferenz nicht stattfinden. Die Vorbereitung von Angriffskriegen ist nämlich verfassungswidrig und vom Grundgesetz verboten«, sagte Hauptorganisator Claus Schreer bei der Großkundgebung auf dem Marienplatz, die der Demonstration vorausging. Schreer warf den Veranstaltern des NATO-Treffens Scheinheiligkeit vor: Die Staatschefs planten mit den Rüstungslobbyisten Kriege und nennten dies »Friedensmissionen«. Der »Gipfel der Heuchelei« aber bestehe in der Verleihung eines Friedenspreises mit dem Titel »Frieden durch Dialog«: Um Frieden durch Dialog zu stiften, schicke »Militärminister Jung« jetzt eine zusätzliche Kampftruppe nach Afghanistan: »Dieser Dialog wird mit schweren Waffen geführt«, sagte Schreer. In diesem Jahr vergab die Münchner Friedensbewegung ihrerseits zum ersten Mal einen Friedenspreis: Das Munich American Peace Committee verlieh den Preis »Frieden aus Überzeugung« an den ehemaligen US-Soldaten Chris Capps, der nach einem Einsatz in Irak vor seiner Verschickung nach Afghanistan desertiert war.
An den Protesten am Sonnabend beteiligten sich starke Delegationen aus dem Ausland – unter anderem aus dem italienischen Vincenza und aus Griechenland; Grußworte schickte der 85-jährige Poet und ehemalige sandinistische Kulturminister Ernesto Cardenal. Eine starke Abordnung stellten die Kurden, die gegen die herausragende Rolle des türkischen Ministerpräsidenten Recep Tayyip Erdogan bei der diesjährigen Siko protestierten. Auch Künstler wie Konstantin Wecker und eine Reihe von Politikern hatten sich den Protesten angeschlossen. Unter ihnen waren der linke Europaparlamentarier Tobias Pflüger und Christine Buchholz, Mitglied im geschäftsführenden Parteivorstand der LINKEN. Pflüger fragte bei seiner Rede nach der deutschen Rolle in Afghanistan, wo sich der deutsche Einsatz immer weiter von der ursprünglich angepriesenen Stabilisierungs- und Wiederaufbaumission in Richtung eines offensiven Kampfeinsatzes verschiebe. In den Kriegen der NATO würden immer mehr Zivilisten getötet, sagte Pflüger. Sie seien aber nur mit Hilfe der Militärbasen möglich, gegen die sich ein weltweiter Widerstand richten müsse. Buchholz wertet die Demonstration als »vollen Erfolg«. »Die Demonstranten haben auf die Straße getragen, was die Mehrheit der Bevölkerung denkt: Der Krieg in Afghanistan ist nicht zu gewinnen und die Bundeswehr muss zurückgezogen werden.«
Um die Argumente der Siko-Gegner ging es auch bei der 6. Friedenskonferenz am Freitag und Sonnabend. Der Schirmherr und neue Ehrenbürger Münchens, Prof. Hans-Peter Dürr, war sich mit den weiteren Referenten einig: Die Zivilgesellschaft dürfe nicht warten, bis die Politik aktiv werde, sondern müsse jetzt handeln. Es sei der Widerstand des gewöhnlichen Volkes, der die entscheidenden Impulse setze.
Großkundgebung gegen Sicherheitskonferenz mit mehreren tausend Teilnehmern in Münchens Innenstadt
Von Gisela Dürselen, München
Mehrere tausend Menschen haben am Sonnabend in München weitgehend friedlich gegen die 44. Sicherheitskonferenz demonstriert. Erwartet friedlich verlief auch die Friedenskonferenz am selben Ort.
3700 Polizisten, ein paar Rangeleien am Rande und laut dem Ermittlungsausschuss der Roten Hilfe 45 Leute in Gewahrsam: Das ist die Bilanz des großen Demonstrationszugs am Sonnabendabend gegen die 44. NATO-Sicherheitskonferenz (Siko). Zu den von der Polizei befürchteten Ausschreitungen kam es nicht – obwohl der Zug gegen die Bedenken der Polizei erstmals mitten durch die Fußgängerzone führte. Die Veranstalter zeigten sich zufrieden und gaben die Teilnehmer mit 8000 bis 10 000 an. Die Polizei sprach von 3000 Demonstranten.
Der Protestzug unter dem Motto »Wir stellen uns quer« war Höhepunkt einer Reihe von Veranstaltungen gegen die diesjährige Siko. Ein breites Bündnis aus politischen Gruppen und Friedensinitiativen hatte dazu aufgerufen.
Zäh waren in den vergangenen Wochen die Verhandlungen mit dem Kreisverwaltungsreferat über die Route des Demonstrationszugs verlaufen. Nach einem Kompromiss setzte sich der Zug aber pünktlich um 18 Uhr in Bewegung. Eingebettet von allen vier Seiten durch Polizisten und in guter Stimmung durch Musik, steuerten die Demonstranten den Odeonsplatz an: in Hör- und Sichtweite der Residenz, in der die Siko-Teilnehmer zu dieser Zeit dinierten.
»Sie nennen es Frieden. Wir nennen es Krieg« war auf einem Banner, das quer über die Straße ging, zu lesen. »Ginge es nach dem Grundgesetz, dürfte die heute tagende Kriegskonferenz nicht stattfinden. Die Vorbereitung von Angriffskriegen ist nämlich verfassungswidrig und vom Grundgesetz verboten«, sagte Hauptorganisator Claus Schreer bei der Großkundgebung auf dem Marienplatz, die der Demonstration vorausging. Schreer warf den Veranstaltern des NATO-Treffens Scheinheiligkeit vor: Die Staatschefs planten mit den Rüstungslobbyisten Kriege und nennten dies »Friedensmissionen«. Der »Gipfel der Heuchelei« aber bestehe in der Verleihung eines Friedenspreises mit dem Titel »Frieden durch Dialog«: Um Frieden durch Dialog zu stiften, schicke »Militärminister Jung« jetzt eine zusätzliche Kampftruppe nach Afghanistan: »Dieser Dialog wird mit schweren Waffen geführt«, sagte Schreer. In diesem Jahr vergab die Münchner Friedensbewegung ihrerseits zum ersten Mal einen Friedenspreis: Das Munich American Peace Committee verlieh den Preis »Frieden aus Überzeugung« an den ehemaligen US-Soldaten Chris Capps, der nach einem Einsatz in Irak vor seiner Verschickung nach Afghanistan desertiert war.
An den Protesten am Sonnabend beteiligten sich starke Delegationen aus dem Ausland – unter anderem aus dem italienischen Vincenza und aus Griechenland; Grußworte schickte der 85-jährige Poet und ehemalige sandinistische Kulturminister Ernesto Cardenal. Eine starke Abordnung stellten die Kurden, die gegen die herausragende Rolle des türkischen Ministerpräsidenten Recep Tayyip Erdogan bei der diesjährigen Siko protestierten. Auch Künstler wie Konstantin Wecker und eine Reihe von Politikern hatten sich den Protesten angeschlossen. Unter ihnen waren der linke Europaparlamentarier Tobias Pflüger und Christine Buchholz, Mitglied im geschäftsführenden Parteivorstand der LINKEN. Pflüger fragte bei seiner Rede nach der deutschen Rolle in Afghanistan, wo sich der deutsche Einsatz immer weiter von der ursprünglich angepriesenen Stabilisierungs- und Wiederaufbaumission in Richtung eines offensiven Kampfeinsatzes verschiebe. In den Kriegen der NATO würden immer mehr Zivilisten getötet, sagte Pflüger. Sie seien aber nur mit Hilfe der Militärbasen möglich, gegen die sich ein weltweiter Widerstand richten müsse. Buchholz wertet die Demonstration als »vollen Erfolg«. »Die Demonstranten haben auf die Straße getragen, was die Mehrheit der Bevölkerung denkt: Der Krieg in Afghanistan ist nicht zu gewinnen und die Bundeswehr muss zurückgezogen werden.«
Um die Argumente der Siko-Gegner ging es auch bei der 6. Friedenskonferenz am Freitag und Sonnabend. Der Schirmherr und neue Ehrenbürger Münchens, Prof. Hans-Peter Dürr, war sich mit den weiteren Referenten einig: Die Zivilgesellschaft dürfe nicht warten, bis die Politik aktiv werde, sondern müsse jetzt handeln. Es sei der Widerstand des gewöhnlichen Volkes, der die entscheidenden Impulse setze.
Tobias Pflüger - 2008/02/12 12:06
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