"Ein sehr, sehr raffiniertes Netzwerk"
Pressebericht in: Neue Westfälische, 31.03.2008
Die Linke reibt sich am politischen Einfluss der Bertelsmann-Stiftung und des Konzerns
Gütersloh (rb). Wenn es in Deutschland um Dinge wie Gesundheitsreform, Bildungspolitik oder auch Hartz IV gehe, stehe häufig die Bertelsmann-Stiftung im Hintergrund. "Die Spur führt oft nach Gütersloh", sagte der Kreissprecher der Linken, Michael Pusch, bei einer Veranstaltung seiner Partei in der Weberei zum politisch-wirtschaftlichen Einfluss der Institution und, so hieß es, damit auch des Konzerns.
Dessen Dienstleistungssparte Arvato strebe jetzt die Übernahme logistischer Aufgaben der Bundeswehr an, erklärte Hubert Kniesburges, Vorsitzender der DKP Gütersloh/Paderborn. Denn "im deutschen Kriegsministerium" denke man daran, Logistikdienste im Volumen von fünf Milliarden Euro an Privatfirmen zu vergeben.
Für Tobias Pflüger, Mitglied der Linksfraktion des Europäischen Parlaments, liegen bei Bertelsmann Ideengebung (durch die Stiftung), Veröffentlichung dieser Ideen dank starker Medienpräsenz und Umsetzung durch das Unternehmen in einer Hand. "Das ist einmalig, das findet man sonst nirgendwo." Hinzu komme, so der Tübinger, ein "sehr, sehr raffiniertes Netzwerk in der Politik." Der dem Unternehmen verbundene hiesige Europa-Abgeordnete Elmar Brok, der entgegen seinen Bekundungen auch abstimme, wenn Interessen des Konzerns berührt seien, sei geradezu ein "Symbol, dafür, wie Bertelsmann arbeitet."
Pflüger zitierte aus den "Leitlinien für eine europäische Sicherheitspolitik im Zeitalter der Globalisierung", 2007 veröffentlichte Gesprächsergebnisse der Venusberg-Gruppe. Zu dieser gehören laut Pflüger neben Vertretern aus dem militärischen Bereich in Europa auch Mitarbeiter von Bertelsmann oder der Stiftung. Die Gesprächsergebnisse werden Pflüger zufolge im Straßburger Parlament wie von Regierungsstellen gelesen. Dem Papier entnimmt der Abgeordnete unter anderem ein "politisch-militärisches Kerneuropa-Konzept" und ein grundsätzliches "Bekenntnis zu militärischen Interventionen". Das bedeute, so Pflüger: "Man muss den Kapitalismus auch militärisch verteidigen." Und dies auch gegen "systemfeindliche Ideologien" im Innern. Die Leitlinien beschrieben "sehr offen" eine Strategie der "Kapitalismus-Durchsetzung" nach Bertelsmann-Art.
Zuvor hatten Kniesburges und die Herforder Linke-Bundestagsabgeordnete Inge Höger aus ihrer Sicht die Arbeit der Stiftung als "bedeutendster operativer Stiftung in Deutschland" dargestellt. Zwar klinge Stiftung "wohltätig", doch finanziere die 1977 schon aus Gründen der Steuerersparnis gegründete Denkfabrik "nur eigene Bestrebungen" und diene als "Steuerschlupfloch". Praktisch werfe man durch Umfragen Probleme auf und biete dann konzerneigene Lösungen an, so etwa die in England erprobte, nun auch in Würzburg bevorstehende Übernahme kommunaler Verwaltungsaufgaben. Kniesburges sah "zigtausende Arbeitsplätze in den Rathäusern" in Gefahr.
Den Stiftungseinfluss auf die Bildungspolitik erläuterte Höger etwa an dem Projekt "Selbständige Schule", das, obwohl fachlich nicht einwandfrei, an vielen Orten, ob Herford oder Gütersloh, weiter verfolgt werde. In NRW bestimme die Stiftung, "was in der Schule passiert", ob unter Rot-Grün oder Schwarz-Gelb. Auf die Frage aus dem Kreis der 40 Zuhörer, was gegen die Macht der Institution zu tun sei, empfahl Höger, der Staat möge mehr seinen eigenen Beamtenapparat nutzen. Kniesburges forderte, die Gemeinnützigkeit abzuerkennen, die Aktivität transparent zu machen. Im Übrigen gehöre ein derart mächtiger Konzern "nicht in private Hand."
Die Linke reibt sich am politischen Einfluss der Bertelsmann-Stiftung und des Konzerns
Gütersloh (rb). Wenn es in Deutschland um Dinge wie Gesundheitsreform, Bildungspolitik oder auch Hartz IV gehe, stehe häufig die Bertelsmann-Stiftung im Hintergrund. "Die Spur führt oft nach Gütersloh", sagte der Kreissprecher der Linken, Michael Pusch, bei einer Veranstaltung seiner Partei in der Weberei zum politisch-wirtschaftlichen Einfluss der Institution und, so hieß es, damit auch des Konzerns.
Dessen Dienstleistungssparte Arvato strebe jetzt die Übernahme logistischer Aufgaben der Bundeswehr an, erklärte Hubert Kniesburges, Vorsitzender der DKP Gütersloh/Paderborn. Denn "im deutschen Kriegsministerium" denke man daran, Logistikdienste im Volumen von fünf Milliarden Euro an Privatfirmen zu vergeben.
Für Tobias Pflüger, Mitglied der Linksfraktion des Europäischen Parlaments, liegen bei Bertelsmann Ideengebung (durch die Stiftung), Veröffentlichung dieser Ideen dank starker Medienpräsenz und Umsetzung durch das Unternehmen in einer Hand. "Das ist einmalig, das findet man sonst nirgendwo." Hinzu komme, so der Tübinger, ein "sehr, sehr raffiniertes Netzwerk in der Politik." Der dem Unternehmen verbundene hiesige Europa-Abgeordnete Elmar Brok, der entgegen seinen Bekundungen auch abstimme, wenn Interessen des Konzerns berührt seien, sei geradezu ein "Symbol, dafür, wie Bertelsmann arbeitet."
Pflüger zitierte aus den "Leitlinien für eine europäische Sicherheitspolitik im Zeitalter der Globalisierung", 2007 veröffentlichte Gesprächsergebnisse der Venusberg-Gruppe. Zu dieser gehören laut Pflüger neben Vertretern aus dem militärischen Bereich in Europa auch Mitarbeiter von Bertelsmann oder der Stiftung. Die Gesprächsergebnisse werden Pflüger zufolge im Straßburger Parlament wie von Regierungsstellen gelesen. Dem Papier entnimmt der Abgeordnete unter anderem ein "politisch-militärisches Kerneuropa-Konzept" und ein grundsätzliches "Bekenntnis zu militärischen Interventionen". Das bedeute, so Pflüger: "Man muss den Kapitalismus auch militärisch verteidigen." Und dies auch gegen "systemfeindliche Ideologien" im Innern. Die Leitlinien beschrieben "sehr offen" eine Strategie der "Kapitalismus-Durchsetzung" nach Bertelsmann-Art.
Zuvor hatten Kniesburges und die Herforder Linke-Bundestagsabgeordnete Inge Höger aus ihrer Sicht die Arbeit der Stiftung als "bedeutendster operativer Stiftung in Deutschland" dargestellt. Zwar klinge Stiftung "wohltätig", doch finanziere die 1977 schon aus Gründen der Steuerersparnis gegründete Denkfabrik "nur eigene Bestrebungen" und diene als "Steuerschlupfloch". Praktisch werfe man durch Umfragen Probleme auf und biete dann konzerneigene Lösungen an, so etwa die in England erprobte, nun auch in Würzburg bevorstehende Übernahme kommunaler Verwaltungsaufgaben. Kniesburges sah "zigtausende Arbeitsplätze in den Rathäusern" in Gefahr.
Den Stiftungseinfluss auf die Bildungspolitik erläuterte Höger etwa an dem Projekt "Selbständige Schule", das, obwohl fachlich nicht einwandfrei, an vielen Orten, ob Herford oder Gütersloh, weiter verfolgt werde. In NRW bestimme die Stiftung, "was in der Schule passiert", ob unter Rot-Grün oder Schwarz-Gelb. Auf die Frage aus dem Kreis der 40 Zuhörer, was gegen die Macht der Institution zu tun sei, empfahl Höger, der Staat möge mehr seinen eigenen Beamtenapparat nutzen. Kniesburges forderte, die Gemeinnützigkeit abzuerkennen, die Aktivität transparent zu machen. Im Übrigen gehöre ein derart mächtiger Konzern "nicht in private Hand."
Tobias Pflüger - 2008/03/31 22:37
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