Schmidt lügt
Junge Welt, Dienstag 22.07.2008
Schmidt lügt
Altkanzler verspricht Soldaten: Dieser Staat wird euch nicht mißbrauchen. Gelöbnis ohne Öffentlichkeit. Polizei stürmt in Gegenkundgebung und kappt Lautsprecherkabel
Frank Brendle
Erstmals in der deutschen Nachkriegsgeschichte haben am Sonntag abend deutsche Soldaten vor dem Reichstag ihren Treueschwur geleistet. Die Zeremonie fand abgeschottet von der Öffentlichkeit statt, rund 2000 Polizisten und Feldjäger ließen nur handverlesene Gäste passieren. »Von einem öffentlichen Gelöbnis konnte keine Rede sein«, erklärten die Veranstalter der antimilitaristischen GelöbNIX-Kundgebung am Montag. Die Proteste, an denen sich rund 500 Menschen beteiligten, mußten in einer Entfernung von über 600 Metern stattfinden.
Scharfe Kritik übten Sprecher des Bündnisses am Agieren der Polizei, die »als rabiater Helfer des Militärs« aufgetreten sei. Während des »feierlichen Höhepunktes« vor dem Reichstag, als die 500 Rekruten des Wachbataillons die Gelöbnisformel nachsprachen, stürmte die Polizei den Lautsprecherwagen der Demonstranten und schnitt die Kabel durch. Sieben Bundeswehrgegner wurden vorübergehend festgenommen. Die Geräusche seien zu laut gewesen, und es seien verbotene Sirenentöne abgespielt worden, hieß es zur Begründung. Genau das war allerdings erst anläßlich des Großen Zapfenstreichs im Oktober 2005 vom Verwaltungsgericht ausdrücklich erlaubt worden. In der Vergangenheit hatten Gerichte mehrfach festgestellt, daß die Bundeswehr, wenn sie in die Öffentlichkeit geht, mit hörbarer Kritik leben müsse. Der Berliner Tagesspiegel zitierte in der Montagausgabe einen Polizeiführer, der dennoch ankündigte, ähnliche Kundgebungen dürften in Zukunft nur in noch größerer Entfernung stattfinden.
Auf der Protestveranstaltung sprachen u.a. die beiden Politiker der Linkspartei Inge Höger und Tobias Pflüger, außerdem Heinrich Fink von der VVN-BdA und der Wehrmachtsdeserteur Ludwig Baumann. Die Redner kritisierten vor allem den Umbau der Bundeswehr zur Angriffsarmee und die Militarisierung der Innenpolitik. Daß auch die Bundestagsfraktion der Linkspartei die Proteste unterstützte, bezeichnete Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) im ARD-Interview als »skandalös«.
Die Zeremonie selbst verlief zwar störungsfrei, die Kundgebung der Gelöbnisgegner war aber zu hören. Altkanzler Helmut Schmidt (SPD) erzählte den Rekruten aus seiner Wehrmachtsgeschichte und versicherte ihnen, er habe erst 1944 gemerkt, daß er einem verbrecherischen Regime gedient habe. Anders als Ludwig Baumann, der bereits 1942 desertiert war, war der Oberleutnant Schmidt allerdings bis 1945 seinem Führereid treu geblieben. Etwaige Zweifel an der Legitimität der bundesdeutschen Angriffskriege suchte er zu zerstreuen: »Ihr könnt euch darauf verlassen, dieser Staat wird euch nicht mißbrauchen.«
Schmidt lügt
Altkanzler verspricht Soldaten: Dieser Staat wird euch nicht mißbrauchen. Gelöbnis ohne Öffentlichkeit. Polizei stürmt in Gegenkundgebung und kappt Lautsprecherkabel
Frank Brendle
Erstmals in der deutschen Nachkriegsgeschichte haben am Sonntag abend deutsche Soldaten vor dem Reichstag ihren Treueschwur geleistet. Die Zeremonie fand abgeschottet von der Öffentlichkeit statt, rund 2000 Polizisten und Feldjäger ließen nur handverlesene Gäste passieren. »Von einem öffentlichen Gelöbnis konnte keine Rede sein«, erklärten die Veranstalter der antimilitaristischen GelöbNIX-Kundgebung am Montag. Die Proteste, an denen sich rund 500 Menschen beteiligten, mußten in einer Entfernung von über 600 Metern stattfinden.
Scharfe Kritik übten Sprecher des Bündnisses am Agieren der Polizei, die »als rabiater Helfer des Militärs« aufgetreten sei. Während des »feierlichen Höhepunktes« vor dem Reichstag, als die 500 Rekruten des Wachbataillons die Gelöbnisformel nachsprachen, stürmte die Polizei den Lautsprecherwagen der Demonstranten und schnitt die Kabel durch. Sieben Bundeswehrgegner wurden vorübergehend festgenommen. Die Geräusche seien zu laut gewesen, und es seien verbotene Sirenentöne abgespielt worden, hieß es zur Begründung. Genau das war allerdings erst anläßlich des Großen Zapfenstreichs im Oktober 2005 vom Verwaltungsgericht ausdrücklich erlaubt worden. In der Vergangenheit hatten Gerichte mehrfach festgestellt, daß die Bundeswehr, wenn sie in die Öffentlichkeit geht, mit hörbarer Kritik leben müsse. Der Berliner Tagesspiegel zitierte in der Montagausgabe einen Polizeiführer, der dennoch ankündigte, ähnliche Kundgebungen dürften in Zukunft nur in noch größerer Entfernung stattfinden.
Auf der Protestveranstaltung sprachen u.a. die beiden Politiker der Linkspartei Inge Höger und Tobias Pflüger, außerdem Heinrich Fink von der VVN-BdA und der Wehrmachtsdeserteur Ludwig Baumann. Die Redner kritisierten vor allem den Umbau der Bundeswehr zur Angriffsarmee und die Militarisierung der Innenpolitik. Daß auch die Bundestagsfraktion der Linkspartei die Proteste unterstützte, bezeichnete Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) im ARD-Interview als »skandalös«.
Die Zeremonie selbst verlief zwar störungsfrei, die Kundgebung der Gelöbnisgegner war aber zu hören. Altkanzler Helmut Schmidt (SPD) erzählte den Rekruten aus seiner Wehrmachtsgeschichte und versicherte ihnen, er habe erst 1944 gemerkt, daß er einem verbrecherischen Regime gedient habe. Anders als Ludwig Baumann, der bereits 1942 desertiert war, war der Oberleutnant Schmidt allerdings bis 1945 seinem Führereid treu geblieben. Etwaige Zweifel an der Legitimität der bundesdeutschen Angriffskriege suchte er zu zerstreuen: »Ihr könnt euch darauf verlassen, dieser Staat wird euch nicht mißbrauchen.«
Tobias Pflüger - 2005/07/30 12:50
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