Ihr Job ist der Krieg - Die NATO-Sicherheitskonferenz bleibt auch mit Kofi Annan eine Kriegskonferenz. Friedensbewegung kündigt vielfältige Proteste für das Wochenende in München an

Pressebericht in: junge Welt, 10.02.2005

Claus Schreer

Seit drei Jahren – seit den massenhaften Antikriegsprotesten im Jahr 2002 – bemüht sich Horst Teltschik, der Organisator der sogenannten Sicherheitskonferenz in München, verzweifelt, seiner Militärtagung einen friedenspolitischen Anstrich zu geben. Gebetsmühlenartig beteuert er, bei dieser Tagung gehe es »ausschließlich« um friedliche Konfliktregelungen.

Folgerichtig hat Teltschik für das Treffen, das am kommenden Wochenende erneut in München stattfinden wird, einen neuen Titel erfunden: »Frieden durch Dialog«. Und er hat den Generalsekretär der Vereinten Nationen, Kofi Annan, eingeladen. Der Gipfel dieses absurden Theaters: Die berufsmäßigen Kriegsbrandstifter wollen Annan mit einer Friedensplakette auszeichnen. Der müßte eigentlich wissen, was mit dieser Inszenierung bezweckt wird. Seine Teilnahme an der Kriegskonferenz im Bayerischen Hof wird sowohl von den Veranstaltern als auch von den großbürgerlichen Medien als Billigung der militär- und machtpolitischen Ziele der NATO interpretiert.

Am 22. Januar schrieb die Süddeutsche Zeitung: »Die Münchner Sicherheitskonferenz hat schon immer ein militärlastiges Image, was aus ihren früheren Jahren herrühren mag. ... Das ist Vergangenheit.« Ein anderer Kommentator der gleichen Zeitung erklärte: Die Veranstalter der Gegendemonstrationen »sollten anerkennen«, daß Horst Teltschik bemüht ist, »den Friedensgedanken mehr und mehr in den Vordergrund zu rücken«; sie sollten deshalb die Tagung nicht länger »als Kriegstreiber-Treff abstempeln«. Auf der »Frieden-durch-Dialog«-Konferenz im Nobelhotel Bayerischer Hof versammelt sich jedoch bekanntlich die militärpolitische Elite der NATO-Staaten. Außen- und Kriegsminister, ihre Staatssekretäre, sogenannte Sicherheitsexperten, führende NATO-Generäle und Vertreter der Rüstungsindustrie werden erwartet.

Selbstverständlich geht es weder den NATO-Militärs noch den Kriegswaffenproduzenten um Frieden, um Völkerverständigung oder gar um soziale Gerechtigkeit auf dem Globus. Das ist gar nicht ihr Job. Ihr Job ist der Krieg. Ihr Job ist die militärische Absicherung der Profit- und Machtinteressen einer kleinen Minderheit gegen den Rest der Welt. Ihr Job ist es, den Zugriff auf die und die Kontrolle der Rohstoffe und Energieressourcen notfalls mit Krieg durchzusetzen. Ihr Job ist die militärische Absicherung eines Systems, das sowohl in Friedens- wie in Kriegszeiten über Leichen geht.


Auch EU auf Kriegskurs

Deutschland und die EU wollen dabei in Zukunft eine größere Rolle spielen. Die angeblichen Kriegsgegner arbeiten fieberhaft daran, ihre eigenen Kriegsfähigkeiten zu verbessern, um in den Regionen, die sie als ihre Einflußzonen ansehen, auch unabhängig von den USA militärisch handlungsfähig zu sein. Die Proteste am 11. und 12. Februar in München richten sich gegen diese Kriegspolitik, gegen die der USA ebenso wie die Deutschlands und der EU. Auf den Münchner Sicherheitskonferenzen werden zwar keine Beschlüsse gefaßt, immer geht es jedoch um militärische Absprachen, um Koordination oder Arbeitsteilung im Rahmen der NATO.

Die Proteste richten sich gegen jede Unterstützung der illegalen Besatzungsherrschaft im Irak durch die Bundesregierung und gegen die US-Planungen für einen neuen Krieg. Das nächste Kriegsziel ist offensichtlich der Iran. Die Kriegsdrohungen des US-Präsidenten müssen äußerst ernst genommen werden. Es ist das gleiche Szenario wie in den Monaten vor dem Angriff auf den Irak: Sanktionen, ultimative Forderungen, Androhung von Militärschlägen – und schließlich Krieg.

Auf der Münchner Sicherheitskonferenz wird diesmal nicht Donald Rumsfeld, sondern der dritte Mann im Pentagon, Douglas Feith, erwartet. Mit ziemlicher Sicherheit wird er die internationale Medienpräsenz dafür nutzen, um den Krieg gegen den Iran propagandistisch vorzubereiten – als letztes Mittel versteht sich. Das war im Fall des Irak nicht anders. Feith gehört zu den schärfsten Kriegsfalken der Bush-Administration. Mit Rumsfeld ud Wolfowitz forderte er bereits Mitte der 90er Jahre den Angriff auf den Irak und die Installierung eines US-hörigen Regimes.

Bundeskanzler Schröder wird bei der Münchner Sicherheitskonferenz Bedenken anmelden und für diplomatische statt militärische Maßnahmen im Iran-Konflikt plädieren. Gleichzeitig bereitet er jedoch den Schulterschluß mit US-Präsident Bush vor, den er am 23. Februar in Mainz treffen will. Es gibt keinen Grund abzuwarten, bis die Bomben fallen. Die Antikriegsbewegung muß sich jetzt laut und unüberhörbar zu Wort melden.

* Claus Schreer ist Sprecher des Aktionsbündnisses gegen die NATO-Sicherheitskonferenz


Freitag, 11. Februar

16.30 Uhr: Demonstration vom Lenbachplatz zur Wirtschafts- und Bankentagung, Bayerstraße (Hbf Süd)

19.30 Uhr: Friedenskonferenz, Altes Rathaus, Marienplatz

Samstag, 12. Februar

11.30 Uhr: Auftaktkundgebung zur Internationalen Demonstration, Marienplatz

18 Uhr: Soli-Kulturfestival »Planet Peace – runter vom Gipfel«, Feierwerk, Hansastraße 39 – 41, (U- und S-Bf Heimeranplatz)

Weitere Termine unter: http://www.no-nato.de

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