Linke dankt der CSU

Pressebericht in: Junge Welt, 30.08.2008
Vorauseilender Gehorsam in München
von Julia Sergio

Die Linke in Bayern hat am Freitag die heiße Phase im Landtagswahlkampf ausgerufen und in München zu einer Pressekonferenz unter freiem Himmel geladen. Neben Journalisten waren Polizei und Staatsschutz angetreten. Die Beamten observierten und fotografierten sämtliche Teilnehmer der Pressekonferenz. Auf Nachfrage sagte der zuständige Beamte, es werde noch geprüft, »ob es sich hier nicht um eine unangemeldete Versammlung handelt«. »Wir sind hier eben in Bayern«, reagierte Anny Heike, Spitzenkandidatin der Linken im Bezirk Mittelfranken. Das neue Versammlungsgesetz sei zwar noch nicht in Kraft, »aber das ist wohl vorauseilender Gehorsam«, so Anny Heike. »Das unangemeldete Erscheinen von Polizei auf einer angemeldeten Pressekonferenz ist definitiv kein normaler Vorgang«, kritisierte Landeschefin Eva Bulling-Schröter. Die Annahme, es habe sich um eine unangemeldete Pressekonferenz gehandelt, sei nachweislich falsch. »Ich verlange Aufklärung darüber, was mit den angefertigten Fotos geschieht und eine Stellungnahme der politisch Verantwortlichen zu dieser nicht hinnehmbaren Einschränkung der Berichterstattung über unseren Wahlkampf«, so Bulling-Schröter.

Ansonsten war sie guter Dinge. Derzeit liege die Partei in Umfragen bei vier bis fünf Prozent, informierte die Landeschefin. Innerhalb des letzten Jahres habe Die Linke 50 Prozent an Mitgliedern hinzugewonnen und zähle aktuell 2 900 Mitstreiter. Sie sei »sehr optimistisch« und danke indsbesondere der CSU, die sich mit ihrer offensiven Anti-Links-Kampagne geradezu als Wahlkämpfer für Die Linke betätige. Seit CSU-Chef Erwin Huber seinen Kreuzzug gegen Die Linke ausgerufen habe, sei diese mehr und mehr im Gespräch, bestätigte Xaver Merk, ehemaliger SPD-Mann und Spitzenkandidat für Die Linke im Bezirk Schwaben. Ungefragt lehnte er »Mauerbau und Schießbefehl selbstverständlich« ab. »Bei uns in Schwaben war niemand in der SED«, so Merk.

Anny Heike nannte es aber erstaunlich, daß man in der Linken ständig SED-Vergangenheiten suche, bei der CDU und CSU aber nicht auf den Gedanken käme, nach Nazi-Vergangenheiten zu fragen. Im Wahlkampf will die Linke auf Inhalte und weniger auf Personen setzen, verkündete sie. Dies geschehe auch notgedrungen: »Sie kennen mich ja auch alle gar nicht.« Dafür wird sich in den kommenden Tagen die Parteiprominenz in Bayern die Klinke in die Hand geben. So haben sich Bundesparteichef Oskar Lafontaine, Bundestagsfraktionschef Gregor Gysi, Parteivize Klaus Ernst wie auch die Linke-Europaabgeordneten Sahra Wagenknecht und Tobias Pflüger angesagt. Das wird nötig sein, denn mit bayernweit 21000 Plakatständern allein wird es nicht getan sein. Das Budget für den Landtagswahlkampf der Partei beträgt den Angaben zufolge 200000 Euro. Im Vergleich dazu will die CSU allein aus Landesparteimitteln 5,8 Millionen Euro ausgeben.

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