Linke will Politikwechsel in Europa

Agenturmeldung dpa vom 1. März 2009, 17:54 Uhr

Essen (dpa) - Die Linke zieht mit ihrem Vorsitzenden Lothar Bisky als Spitzenkandidat und der Forderung nach einem radikalen Politikwechsel in die Europawahl. Die in der Europapolitik zuvor zerstrittene Partei fällte bei ihrem Bundeskongress am Wochenende in Essen beide Beschlüsse einhellig.

Ihre langjährigen Europaabgeordneten Sylvia-Yvonne Kaufmann und André Brie, die für einen proeuropäischen Kurs stehen, nominierte die Linke nicht wieder. SPD und Grüne warfen der Partei am Sonntag Europafeindlichkeit vor, was Linke-Chef Oskar Lafontaine entschieden zurückwies.

Die Linke forderte einen neuen, durch zeitgleiche Volksabstimmungen in allen EU-Staaten legitimierten EU-Vertrag, die Schaffung einer europäischen Wirtschaftsregierung und die Auflösung der NATO. Mit diesem Profil strebt sie bei der Wahl am 7. Juni ein Ergebnis von mehr als zehn Prozent an (2004: 6,1).

Der Bundestagsfraktionsvorsitzende Gregor Gysi sagte der Deutschen Presse-Agentur dpa: «Wir sind proeuropäisch, die anderen Parteien sind antieuropäisch, weil sie ein Europa der Regierungen wollen und wir ein Europa der Bevölkerungen.» Die Linke habe in Essen gezeigt, dass sie geschlossen, programmatisch und diszipliniert Politik mache. Das Zusammenwachsen von Ost- und West-Mitgliedern sei zwar noch nicht abgeschlossen. Es gebe aber einen «Reifeprozess». In seinem Schlusswort zum Parteitag rief er den rund 500 Delegierten zu: «Wir brauchen noch etwas Zeit. Wir sind weitergekommen, aber wir sind noch nicht angekommen.» Zugleich ermutigte er seine Partei, sich weiter für den Zusammenhalt zu engagieren. Die Linke bereits viel erreicht. «Schon jetzt verändert die Linke die Gesellschaft.»

Dem Kongress war eine heftige Debatte vorausgegangen, ob die Linke eher die ihrer Ansicht nach bestehenden Bedrohungen und Nachteile der EU oder Chancen und Vorteile herausstellen soll. Bisky, der auch Chef der Europäischen Linken (EL) ist, betonte: «Die Linke will die Europäische Union weder abschaffen noch zurück zur ausschließlichen Nationalstaatlichkeit. Für uns ist entscheidend, europäisch zu handeln.» Der 67-Jährige wurde mit 93,4 Prozent auf Platz eins gewählt. Der Parteitag folgte den Vorschlägen des Bundesausschusses für die Liste weitgehend. 13 Plätze gelten in der Partei als aussichtsreich, für 16 hatte der Ausschuss Kandidaten nominiert. Nur drei von ihnen wurden vom Parteitag nicht entsprechend bedacht.

Auf Platz zehn setzte sich überraschend der EU-Abgeordnete Tobias Pflüger durch, der vom Bundesausschuss wie Kaufmann und Brie nicht nominiert worden war. Kaufmann verlor drei Kampfabstimmungen. Sie ist in der Partei umstritten, weil sie für den EU-Reformvertrag von Lissabon gestimmt hat, während ihre Partei dagegen vor dem Bundesverfassungsgericht klagt. Brie unterlag in einer Stichwahl um Platz zwölf. Als einzige Europaabgeordnete hatte der Bundesausschuss Ex-PDS-Chefin Gabi Zimmer wieder nominiert. Sie wurde auf Listenplatz drei bestätigt. Insgesamt bewarben sich 81 Bewerber auf 30 Plätze.

Lafontaine forderte als Reaktion auf die Wirtschaftskrise mehr Geld für die bisher «enteigneten» Arbeitnehmer und Rentner. Ursache der Krise sei nicht nur fehlende Kontrolle von Banken und Unternehmen, sondern auch eine falsche Einkommens- und Vermögensverteilung. Über Beteiligungen der Belegschaften an ihren Betrieben müsse eine «demokratische Wirtschaft» aufgebaut werden. Banken und Unternehmen hätten für Milliardenverluste zu haften. «Wenn wir die ganze Scheiße in Bayern angerichtet hätten - die ganze Presse wäre doch nicht mehr zu halten gewesen. Aber die dürfen Milliarden verschleudern!», rief er den rund 500 Delegierten zu. Die SPD bezichtigte er der «Lüge», weil sie über Obergrenzen für Managergehälter spreche, aber nichts dafür tue.

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