Nein heißt Nein - Europa braucht einen neuen Vertrag für eine neue Zeit

Pressemitteilung 2009/012, Strasbourg, 07.05.2009

Der Lissabonvertrag war gestern Gegenstand im Europäischen Parlament, obwohl er seit dem Referendum in Irland tot ist und schon lange begraben sein sollte. Dass er überhaupt debattiert wurde, zeigt, wie sehr das Establishment im Parlament auf den Vertrag fixiert ist. Sie wollen immer und immer wieder die angeblichen Vorteile erklären. Warum wartet man nicht, ob der Lissabon-Vertrag überhaupt kommt? Warum lässt man nicht das neue Parlament darüber diskutieren? Hier wird weiter Druck ausgeübt, damit der Vertrag doch noch ratifiziert wird.

Dass das irische Nein, die Entscheidung eines souveränen Mitgliedsstaates, so einfach übergangen wird, ist ein Skandal und ein Angriff auf demokratische Grundregeln. Irland war das einzige Land, in dem überhaupt über den Lissabonvertrag abgestimmt wurde. Denn Referenden wären auch andernorts negativ ausgefallen, weil man die Zustimmung der Wähler zu einem Vertrag, den auch ein gutwilliger Leser nicht mehr verstehen kann, weder bekommen kann, noch bekommen sollte!

Es gibt gute, rein rationale Gründe gegen diesen Vertrag, und deshalb sollte es bei dem bleiben, was in Irland formuliert wurde, nämlich: Nein heißt Nein. Die Debatte hat jedoch noch einmal gezeigt, dass der Lissabon-Vertrag von seinen Befürwortern nicht rational, sondern emotional gesehen wird.

Der Lissabon-Vertrag macht politisch inhaltliche Festlegungen. Das betrifft zentrale Inhalte. In Artikel 43 Absatz 1 werden Kampfeinsätze der Europäischen Union festgeschrieben. Es gibt eine militärische Solidaritätsklausel im Artikel 222 Absatz 1a: „alle zur Verfügung stehenden Mittel“ sollen mobilisiert werden, „um terroristische Bedrohungen im Hoheitsgebiet von Mitgliedstaaten abzuwenden“. Die Europäische Union würde zu einem Militärbündnis, sogar mit der Möglichkeit eines Militäreinsatzes im Inneren. Die „Ständige Strukturierte Zusammenarbeit“ soll ein militärisches Kern-Europa ermöglichen, die NATO spielt eine Rolle in diesem Vertrag, und „die Mitgliedstaaten verpflichten sich, ihre militärischen Fähigkeiten schrittweise zu verbessern“. Wenn dieser Vertrag kommen sollte, könnte nach Artikel 41 mit dem Anschubfonds der EU-Haushalt auch für Militärisches genutzt werden.

Der Lissabon-Vertrag ist nicht nur ein Militärvertrag, er bedeutet auch eine Machtverschiebung in Richtung der großen Mitgliedstaaten. Als Internationalistinnen und Internationalisten verteidigen wir die europäische Idee gegen diejenigen, die die EU zu einer Militärmacht und zu einem reinen Wirtschaftsbündnis machen wollen. In der Wirtschaftspolitik des Lissabon-Vertrags herrscht genau die wirtschaftliche Logik, die zur Wirtschaftskrise geführt hat: „offene Marktwirtschaft mit freiem Wettbewerb“. Das würde heute niemand mehr so formulieren. Die so genannte EU-Elite, die diesen Vertrag will, lebt in der Vergangenheit. Die Bedingungen haben sich grundlegend geändert. Was wir brauchen, ist ein neuer Vertrag für eine neue Zeit.

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