Nur für »echte« Seeleute. Der Marine-Bund untersagte Gedenken an Deserteure in Laboe
Artikel in: Neues Deutschland, Samstag, 30. Mai 2009
Von Dieter Hanisch, Kiel
Dem Deutschen Marine-Bund (DMB) ist nicht jede Form von Gedenken am Marine-Ehrenmal in Laboe willkommen.
Unter Androhung einer Strafanzeige untersagte er dem Europaabgeordneten Tobias Pflüger und den LINKEN Schleswig-Holsteins, dort einen Kranz für die gefallenen Deserteure des Ersten und Zweiten Weltkrieges niederzulegen. So etwas müsse vorher angemeldet werden, erklärte DMB-Historiker Jann Witt.
Neben formalen treiben Witt aber auch inhaltliche Bedenken. Seiner Ansicht nach verstößt der Gedenkspruch gegen die Satzung und die Widmung des Ehrenmals. Demnach werde in Laboe den auf den Meeren umgekommenen Seeleuten aller Nationen gedacht. Für Witt, nach eigenen Angaben Offizier der Reserve, seien Deserteure per se keine Widerstandskämpfer gewesen. Für den Antimilitaristen Pflüger ist die Argumentation nicht haltbar. Seit 2002 sind Deserteure, die unter dem NS-Regime Unrecht erfahren hatten, in Deutschland rehabilitiert.
Witt verwahrte sich gegen eine »gesinnungspolitische Vereinnahmung« des Ortes und machte darauf aufmerksam, dass auch die NPD bereits vom Gelände verwiesen wurde. In der rechtspopulistischen Wochenzeitung »Junge Freiheit« sei man ebenfalls schon wegen seiner restriktiven Auslegung des Gedenkens gescholten worden. Pflüger riet er, sich mit der Behandlung von Deserteuren in der NVA auseinanderzusetzen.
In anderen Fragen hat der DMB offenbar weniger Bauchschmerzen. An Kiosken und in Souvenirläden rund um das Monument werden Reichskriegsflaggen und zum Teil geschichtsrevisionistische bzw. den Krieg verherrlichende Literatur zum Kauf angeboten. Im Flaggenraum des Ehrenmals selbst sind nebenein-ander die Hakenkreuzfahne, die Reichskriegsflagge, die Flagge der DDR-Volksmarine und die der Deutschen Marine zu sehen. Zur »Einordnung in den marinegeschichtlichen Kontext«, so das fragwürdige Argument.
In Sachen militaristische Zurschaustellung übt sich der DMB jedenfalls in keiner Weise in Zurückhaltung. Im Gegenteil: Am 3. September soll auf dem Innenhof des 1936 von Adolf Hitler eingeweihten Ehrenmals ein öffentliches Gelöbnis stattfinden. »Wir fordern die Bundeswehr auf, das Gelöbnis abzusagen«, sagt Björn Radke, Landessprecher der LINKEN im nördlichsten Bundesland. Es sei ein »Skandal«, dass sich die Bundeswehr mit der Rekrutenvereidigung in die Tradition der deutschen Wehrmacht stelle.
Von Dieter Hanisch, Kiel
Dem Deutschen Marine-Bund (DMB) ist nicht jede Form von Gedenken am Marine-Ehrenmal in Laboe willkommen.
Unter Androhung einer Strafanzeige untersagte er dem Europaabgeordneten Tobias Pflüger und den LINKEN Schleswig-Holsteins, dort einen Kranz für die gefallenen Deserteure des Ersten und Zweiten Weltkrieges niederzulegen. So etwas müsse vorher angemeldet werden, erklärte DMB-Historiker Jann Witt.
Neben formalen treiben Witt aber auch inhaltliche Bedenken. Seiner Ansicht nach verstößt der Gedenkspruch gegen die Satzung und die Widmung des Ehrenmals. Demnach werde in Laboe den auf den Meeren umgekommenen Seeleuten aller Nationen gedacht. Für Witt, nach eigenen Angaben Offizier der Reserve, seien Deserteure per se keine Widerstandskämpfer gewesen. Für den Antimilitaristen Pflüger ist die Argumentation nicht haltbar. Seit 2002 sind Deserteure, die unter dem NS-Regime Unrecht erfahren hatten, in Deutschland rehabilitiert.
Witt verwahrte sich gegen eine »gesinnungspolitische Vereinnahmung« des Ortes und machte darauf aufmerksam, dass auch die NPD bereits vom Gelände verwiesen wurde. In der rechtspopulistischen Wochenzeitung »Junge Freiheit« sei man ebenfalls schon wegen seiner restriktiven Auslegung des Gedenkens gescholten worden. Pflüger riet er, sich mit der Behandlung von Deserteuren in der NVA auseinanderzusetzen.
In anderen Fragen hat der DMB offenbar weniger Bauchschmerzen. An Kiosken und in Souvenirläden rund um das Monument werden Reichskriegsflaggen und zum Teil geschichtsrevisionistische bzw. den Krieg verherrlichende Literatur zum Kauf angeboten. Im Flaggenraum des Ehrenmals selbst sind nebenein-ander die Hakenkreuzfahne, die Reichskriegsflagge, die Flagge der DDR-Volksmarine und die der Deutschen Marine zu sehen. Zur »Einordnung in den marinegeschichtlichen Kontext«, so das fragwürdige Argument.
In Sachen militaristische Zurschaustellung übt sich der DMB jedenfalls in keiner Weise in Zurückhaltung. Im Gegenteil: Am 3. September soll auf dem Innenhof des 1936 von Adolf Hitler eingeweihten Ehrenmals ein öffentliches Gelöbnis stattfinden. »Wir fordern die Bundeswehr auf, das Gelöbnis abzusagen«, sagt Björn Radke, Landessprecher der LINKEN im nördlichsten Bundesland. Es sei ein »Skandal«, dass sich die Bundeswehr mit der Rekrutenvereidigung in die Tradition der deutschen Wehrmacht stelle.
Tobias Pflüger - 2009/05/30 13:54
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