Bundeswehr im Sudan und die PDS

Prof. Dr. Gregor Schirmer

Mord, Vergewaltigung und Vertreibung im Sudan müssen mithilfe der Vereinten Nationen beendet werden, auch durch politischen Druck auf die Streitparteien. Die Resolution des Sicherheitsrats 1590 vom 24. März bietet dafür erfolgversprechende Ansätze, zumal die Regierung Sudans und die Sudanesische Befreiungsbewegung ein Umfassendes Friedensabkommen abgeschlossen und „ersucht“ haben, eine VN-Mission zur Unterstützung der Umsetzung des brüchigen Friedens einzurichten. Der Bundestag hat dem Antrag der Regierung zugestimmt, dass sich die Bundeswehr „mit bis zu 75 Soldaten mit entsprechender Ausrüstung“ an der VN-Mission beteiligt. Den Einsatzkräften wird mit Ausnahme der Militärbeobachter „zur Durchsetzung ihrer Schutzaufträge auch das Recht zur Anwendung von Gewalt erteilt“. Wie viele von den 75 Soldaten dieses Recht haben, bleibt offen. Einsatzgebiet ist „das gesamte Territorium Sudans“. Das „Schwerpunktgebiet“ ist Südsudan und Khartum. Die Regierung hat in einer Protokollnotiz, die nicht Bestandteil des Bundestagsbeschlusses ist, zugesichert, die Obleute des Auswärtigen und des Verteidigungsausschusses vorab zu unterrichten, wenn Soldaten außerhalb des Schwerpunktgebietes eingesetzt werden sollen und „erheblichen Bedenken“ Rechnung zu tragen. Die beiden PDS-Abgeordneten haben sich bei der Abstimmung enthalten.

Die Resolution des Sicherheitsrats wird von Lothar Bisky und Gesine Lötzsch leider in einem wichtigen Punkt nicht genau wiedergegeben. Man kann große Teile der Resolution auf Kapitel VI der Charta (friedliche Streitbeilegung) stützen. Die für die Anwendung militärischer Gewalt entscheidende Ziffer 16 stützt sich aber ausdrücklich auf Kapitel VII, das militärische Sanktionsmaßnahmen erlaubt, und nicht auf Kapitel VI. Die Truppen der Mission der Vereinten Nationen sind auch nicht nur „zum Selbstschutz bewaffnet“, wie Lothar Bisky meint. Sie werden, außer zur Selbstverteidigung, ermächtigt, „die erforderlichen Maßnahmen“ zu ergreifen, also Gewalt anzuwenden, um VN-Personal und Einrichtungen sowie „Personen, die unmittelbar von körperlicher Gewalttätigkeit bedroht sind, zu schützen“. Eine spitzfindige Korrektur meinerseits?

Ich fürchte, dass in dem „neutralen“ Verhalten der PDS-Oberen eher eine zumindest „halbe“ Verabschiedung nicht nur vom Münsteraner Beschluss, sondern auch von folgender Festlegung im Parteiprogramm liegt: „Die PDS lehnt in konsequenter Anerkennung des Artikels 26 Grundgesetz weiterhin eine Beteiligung der Bundeswehr an UN-mandatierten Militärinterventionen unter Berufung auf Kapitel VII der UN-Charta ab, unabhängig von der jeweiligen Haltung der im UN-Sicherheitsrat vertretenen Staaten.“ Die PDS sollte bei diesem Standpunkt bleiben. Deutschland sollte die Bundeswehr zuhause lassen und sich mit seinen enormen zivilen Mitteln am Friedensprozess in Sudan beteiligen. Man sage nicht, ich spräche deutscher Drückebergerei das Wort. Zivilisten im Friedenseinsatz vor Ort müssen nicht geringere Risiken auf sich nehmen, als Soldaten.

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