Entschließungsantrag zu „eine Welt ohne Minen“

Entschließungsantrag - 04.07.05 - B6‑0025/2005

eingereicht im Anschluss an die Erklärungen des Rates und der Kommission

gemäß Artikel 103 Absatz 2 der Geschäftsordnung

von Luisa Morgantini, Tobias Pflüger, Pedro Guerreiro, Gabriele Zimmer und Adamos Adamou

im Namen der GUE/NGL-Fraktion

zu „eine Welt ohne Minen“

PE 360.607v01-00

B6‑0425/2005
Entschließung des Europäischen Parlaments zu „eine Welt ohne Minen“

Das Europäische Parlament,

– unter Hinweis auf seinen früheren Entschließungen zu Landminen, Streumunition und nicht zur Wirkung gelangten Kampfmitteln,

– unter Hinweis auf die Antiminenstrategie der EU 2005-2007,



– in Kenntnis des Berichts der Ad-hoc-Delegation des Europäischen Parlaments zur Vorbereitung der Ersten Konferenz der Unterzeichnerstaaten zur Überprüfung des Übereinkommens über das Verbot der Verwendung, Lagerung, Herstellung und Weitergabe von Antipersonenminen und deren Zerstörung (Nairobi, 28. November – 3. Dezember 2004),



– unter Hinweis auf seine Entschlossenheit, einen Betrag zu einer völlig von Minen freien Welt zu leisten, die es in seiner Anhörung am 16. Juni 2005 zum Ausdruck gebracht hat,

– gestützt auf Artikel 103 Absatz 2 seiner Geschäftsordnung,

A. in der Erwägung, dass das Übereinkommen über das Verbot des Einsatzes, der Lagerung, der Herstellung und der Weitergabe von Antipersonenminen und über deren Vernichtung (auch bekannt als Vertrag über die Ächtung von Landminen) bislang von 144 Staaten ratifiziert bzw. übernommen und von acht weiteren Staaten unterzeichnet wurde, jedoch besorgt darüber, dass 50 Länder, darunter auch einige EU-Mitgliedstaaten, dem Vertrag nicht beigetreten sind,

B. in der Erwägung, dass das Übereinkommen weiterhin umfassend eingehalten wird, da 69 Unterzeichnerstaaten die Vernichtung ihrer Bestände abgeschlossen haben, wobei mehr als 38,3 Millionen Minen zerstört wurden, und 13 weitere dabei sind, ihre Minen zu zerstören, in der Erwägung, dass alle Unterzeichnerstaaten, deren Frist für die Zerstörung ihrer Bestände abgelaufen ist, erklärt haben, dass diese erfolgreich abgeschlossen wurde; in der Erwägung, dass die Unterzeichnerstaaten die ursprünglichen Anforderungen im Hinblick auf Transparenz und Berichterstattung zu über 95% eingehalten haben,

C. in der Erwägung, dass trotz dieser Fortschritte geschätzt wird, dass noch immer zwischen 180 und 185 Millionen Antipersonenminen eingelagert sind und dass weltweit noch 83 Länder mit Landminen verseucht sind, darunter auch 54 Vertragsstaaten,

D. in der Erwägung, dass die Landminen noch immer jährlich zwischen 15 000 und 20 000 Opfer, in den meisten Fällen unter der Zivilbevölkerung, fordern, zusätzlich zu den weltweit Hunderttausenden durch Landminen verletzten Personen, die für den Rest ihres Lebens auf Pflege und Hilfe angewiesen sind, und in der Erwägung, dass in weitaus den meisten der betroffenen Länder die für die Rehabilitierung und Wiedereingliederung der Opfer von Landminen in die Gesellschaft verfügbare Hilfe hoffnungslos unzureichend ist,

E. in der Erwägung, dass das Übereinkommen von den Vertragsstaaten verlangt, dass sie bis spätestens zehn Jahr nach seinem Inkrafttreten für die Vernichtung aller Antipersonenminen sorgen, und von Vertragsstaaten, die hierzu in der Lage sind, verlangt, dass sie bei der Erreichung dieses Ziels Unterstützung leisten,

F. in Würdigung der Bedeutung der Ersten Konferenz der Unterzeichnerstaaten zur Überprüfung des Übereinkommens, die vom 29. November bis zum 3. Dezember 2004 in Nairobi, Kenia stattfand („Gipfel von Nairobi über eine minenfreie Welt"), und des von den Vertragsstaaten auf diesem Gipfel beschlossenen Aktionsplans,

G. in der Erwägung, dass es sich heutzutage bei einem Großteil der Konflikte um interne Konflikte oder Bürgerkriege handelt und Landminen in diesem Zusammenhang sowohl von staatlichen bewaffneten Truppen als auch von nicht-staatlichen bewaffneten Gruppen verlegt werden,

H. unter Anerkennung der bisher unternommenen Anstrengungen und der Erfolge, die dabei erzielt wurde, nichtstaatliche bewaffnete Gruppen für das Verbot von Landminen zu gewinnen, wobei bekräftigt werden muss, dass dies jedoch nicht bedeutet, dass nichtstaatliche bewaffnete Gruppen oder deren Tätigkeit unterstützt bzw. als legitim anerkannt werden,

I. unter Hinweis darauf, dass das Übereinkommen besagt, dass „jeder Vertragsstaat [sich] verpflichtet, unter keinen Umständen jemals irgend jemanden in irgendeiner Weise zu unterstützen, zu ermutigen oder zu veranlassen, Tätigkeiten vorzunehmen, die einem Vertragsstaat aufgrund dieses Übereinkommens verboten sind“; im Bewusstsein, dass Investitionen privater oder öffentlicher Finanzinstitute in Unternehmen, die an der Herstellung, Lagerung oder Weitergabe von Antipersonenminen beteiligt sind, eine aktive Beteiligung an diesen Unternehmen darstellen,

J. in der Feststellung, dass Fahrzeugabwehrminen in mindestens 56 Ländern verwendet werden und in Ländern wie Afghanistan, Angola, Eritrea, Äthiopien und Sudan auf lange Zeit humanitäre Probleme verursachen,

K. unter Bekräftigung der Auffassung, dass jede Art von Aufhebesperren sich gegen die mit der Räumung beauftragten Helfer richten und ebenfalls eine Bedrohung für die Zivilbevölkerung darstellen,

1. fordert alle Staaten, die das Übereinkommen über das Verbot des Einsatzes, der Lagerung, der Herstellung und der Weitergabe von Antipersonenminen und über deren Vernichtung noch nicht unterzeichnet haben, auf, dem Übereinkommen unverzüglich beizutreten, und fordert alle Staaten, die das Übereinkommen unterzeichnet, aber noch nicht ratifiziert haben, nachdrücklich auf, dies unverzüglich zu tun;

2. fordert alle von Minen betroffenen Länder, die das Übereinkommen noch nicht ratifiziert haben oder ihm noch nicht beigetreten sind, auf, alle notwendigen Maßnahmen zu treffen, um das Leid der in von Minen betroffenen Gebieten lebenden Zivilbevölkerung zu lindern, indem die Minen geräumt werden, und den Überlebenden angemessene Hilfe zukommen zu lassen und auf freiwilliger Basis Informationen bereitzustellen, um die Anti-Minen-Maßnahmen weltweit wirksamer zu gestalten (in Artikel 7 des Übereinkommens genannte Transparenzberichte);

3. fordert die Vereinigten Staaten von Amerika auf, ihre Erklärung vom Februar 2004, dem Übereinkommen nicht beizutreten, zu überdenken, und ihre 8,8 Millionen „intelligenten“ (sich selbst zerstörenden) Antipersonenminen zu behalten und sich ihren Einsatz auf unbestimmte Zeit überall in der Welt vorzubehalten und ihre 1,2 Millionen „dumb“ (sich nicht selbst zerstörenden) Antipersonenminen zu behalten und sich ihren Einsatz bis 2010 überall in der Welt und danach in Korea vorzubehalten, fordert ferner die USA auf, die Herstellung, den Handel und den Einsatz jeglicher Munition, die der Definition des Begriffs Antipersonenminen im Übereinkommen entsprechen, einschließlich des so genannten Spider-Systems, nicht wieder aufzunehmen, und fordert sie ferner auf, unverzüglich die Lieferung von Antipersonenminen in EU-Mitgliedstaaten und andere befreundete Staaten einzustellen;

4. fordert die drei Mitgliedstaaten der erweiterten Europäischen Union, die das Übereinkommen von 1997 über das Verbot von Landminen noch nicht ratifiziert bzw. übernommen haben, auf, dies unverzüglich zu tun;

5. fordert alle Vertragsstaaten auf, den Aktionsplan von Nairobi uneingeschränkt und nachhaltig umzusetzen, die humanitären Ziele und die Abrüstungsziele des Übereinkommens im Zeitraum 2005-2009 zu verwirklichen und die in diesem Plan vorgesehenen Maßnahmen durchzuführen:

a)

beschleunigte Räumung der Minen und Gewährleistung, dass betroffene Vertragsstaaten in die Lage versetzt werden, ihre 10-Jahres-Fristen für die Räumung der Antipersonenminen, die ab 2009 abzulaufen beginnen, einzuhalten,
b)

Erfüllung der Pflicht, den Überlebenden und ihren Familien unverzüglich sinnvolle und angemessene Hilfe zukommen zu lassen,
c)

Vorlage umfassender jährlicher Transparenzberichte gemäß der Auflage des Übereinkommens, die Angaben über folgende Punkte enthalten: Hilfe für Opfer, Zweck und tatsächlicher Einsatz von Minen gemäß Artikel 3, Maßnahmen zur Sicherstellung, dass Claymore-Minen nur gezielt gesprengt werden können, und ausländische Vorräte an Antipersonenminen,
d)

Erzielung eines Einvernehmens aller Vertragsstaaten über die Umsetzung der Artikel 1, 2 und 3 des Übereinkommens, soweit sich diese auf gemeinsame Maßnahmen, Antifahrzeugminen mit sensitiven Zündern und Minen, die zu Ausbildungs- und Entwicklungszwecken zurückbehalten werden, beziehen; betont insbesondere, dass dies auch Tripwires, Breakwires, Tilt-rods, Low-Pressure Fuses, Aufhebesperren und ähnliche Zünder umfasst;
e)

Entwicklung und Verabschiedung nationaler Durchführungsmaßnahmen zur Verhütung und Unterbindung von durch das Übereinkommen verbotenen Tätigkeiten, einschließlich Sanktionen dagegen gemäß Artikel 9;

6. bekräftigt seine Haltung, dass eine minenfreie Welt nur erreicht werden kann, wenn alle Arten von Minen, und nicht nur bestimmte Typen von Landminen, geächtet werden; betont, dass dies auch alle Arten von Anti-Fahrzeug-Minen umfasst; fordert die EU und ihre Mitgliedstaaten auf, die führende Rolle zur Erreichung dieses Ziels zu übernehmen;

7. fordert alle minenbetroffenen Vertragsstaaten auf, sicherzustellen, dass Antiminenaktionen und die Hilfe für Minenopfer zu ihren nationalen Prioritäten zählen und gegebenenfalls in ihre nationalen, subnationalen und sektorspezifischen Entwicklungspläne und -programme aufgenommen werden;

8. fordert die Vertragsstaaten auf, ihre Hilfe für diejenigen Vertragsstaaten, die Unterstützung benötigen, zu intensivieren, insbesondere um die Hilfe für überlebende Minenopfer und ihre Familien zu verbessern und zu verstärken, dafür zu sorgen, dass die ersten Fristen für die Räumung von Minen bis 2009 eingehalten werden, die Bestände zu vernichten, was wegen der Art oder Menge der zu vernichtenden Minen und der Lagerorte bzw. Lagerbedingungen eine besondere Herausforderung darstellen kann, und diese Hilfe auch in Gebieten bereitzustellen, die von nichtstaatlichen Gruppen kontrolliert werden;

9. fordert alle bewaffneten nichtstaatlichen Gruppen auf, die von Geneva Call ausgearbeitete Verpflichtungserklärung zur Einhaltung des absoluten Verbots von Antipersonenminen und zur Zusammenarbeit bei Antiminenaktionen zu unterzeichnen; und fordert den Rat und die Kommission dringend auf, ihre Anstrengungen fortzusetzen, nichtstaatliche bewaffnete Gruppen in diesen Bereich einzubinden;

10. fordert eine Aufstockung der Mittel für humanitäre Minenräumung, die Vernichtung von Beständen, die Aufklärung über die von Minen ausgehende Gefahr, die Rehabilitierung sowie die soziale und wirtschaftliche Wiedereingliederung von Minenopfern sowohl in Gebieten unter staatlicher Kontrolle als auch in Gebieten unter der Kontrolle nichtstaatlicher Gruppen;

11. fordert alle Staaten, die dazu in der Lage sind, auf, die Arbeit der spezialisierten NGO, die mit nichtstaatlichen Akteuren arbeiten, wie Geneva Call und die nationalen Kampagnen von ICBL, politisch und diplomatisch zu unterstützen;

12. fordert die Staaten, in denen ein interner Konflikt herrscht, auf, die Arbeit dieser NGO zu erleichtern, und fordert insbesondere die Regierung von Kolumbien auf, die humanitären Minenräumungsprogramme und ähnliche Aktivitäten im Rahmen lokaler oder regionaler humanitärer Vereinbarungen im Interesse der Zivilbevölkerung zu ermöglichen; ist der Ansicht, dass das Nichtzulassen eines Überwachungsprozesses im Zusammenhang mit humanitären Minenräumprogrammen einen Verstoß gegen den Geist des Übereinkommens von Ottawa darstellt;

13. begrüßt die Zusage der Europäischen Gemeinschaft, im Zeitraum 2005-2007 140 Millionen Euro für ihre Antiminenstrategie 2009 bereitzustellen; fordert die EU mit Nachdruck auf, diese Mittel durch die jährlichen Haushaltsbeschlüsse zu bestätigen und nach 2007 ausreichende Mittel zur Verfügung zu stellen;

14. fordert die Vertragsstaaten, vor allem diejenigen, die Mitglied der EU sind, auf, dafür zu sorgen, dass ihre für die Minenräumung bestimmten Mittel teilweise für die Entwicklung nationaler Minenräumkapazitäten bereitgestellt werden und dass die Hilfe für Minenräummaßnahmen so lange fortgesetzt wird, bis alle bekannten oder vermuteten Minen geräumt sind;

15. empfiehlt darüber hinaus, dass die Europäische Union in Erwägung zieht, auch für Staaten, die das Übereinkommen nicht unterzeichnet haben, in humanitären Notlagen Finanzmittel bereitzustellen; bekräftigt, dass diese Hilfe von dem nachweislichen politischen Willen des Empfängerlandes abhängen muss, dem Übereinkommen beizutreten;

16. verweist auf den unschätzbaren Wert des Beitrags zur Arbeit des Übereinkommens durch das Komitee für die Internationale Kampagne für das Verbot von Landminen, das Internationale Komitee des Roten Kreuzes, die Vereinten Nationen, das Internationale Genfer Zentrum für humanitäre Minenräumung und regionale und sonstige Organisationen;

17. fordert die Vertragsstaaten auf, Finanzinstituten, die auf ihrem Hoheitsgebiet tätig sind und/oder unter ihre Rechtsvorschriften fallen, nicht zu erlauben, in Unternehmen zu investieren, die an der Herstellung, Lagerung oder Weitergabe von Antipersonenminen beteiligt sind;

18. fordert die EU und ihre Mitgliedstaaten auf, durch entsprechende Rechtsvorschriften den ihrer Gerichtsbarkeit oder Kontrolle unterstehenden Finanzinstituten zu verbieten, direkt oder indirekt in Unternehmen zu investieren, die an der Herstellung, Lagerung oder Weitergabe von Antipersonenminen und anderen ähnlichen umstrittenen Waffensystemen wie Streumunition beteiligt sind,

19. fordert die Europäische Union und ihre Mitgliedstaaten auf, die Einhaltung der Rechtsvorschriften über das Verbot von Investitionen in Unternehmen, die sich mit Antipersonenminen befassen, sicherzustellen, indem wirksame Kontroll- und Sanaktionsmechanismen eingeführt werden; vertritt die Auffassung, dass dies bedeutet, dass Finanzinstitute über die Unternehmen, in die sie investieren, vollständige Transparenz gewährleisten;

20. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung der Kommission, dem Rat, den Regierungen der Mitgliedstaaten, dem Generalsekretär der Vereinten Nationen, dem Generalsekretär der Organisation für Frieden und Zusammenarbeit in Europa, dem Internationalen Komitee des Roten Kreuzes, dem Komitee für die Internationale Kampagne für das Verbot von Landminen, der Paritätischen Parlamentarischen Versammlung AKP-EU sowie den Regierungen und Parlamenten der Vereinigten Staaten von Amerika, der Russischen Föderation und der Volksrepublik China und dem designierten Präsidenten der ersten Konferenz zur Überprüfung des Übereinkommens zu übermitteln.

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