EU hält an militärischen Planungen fest - 2007 soll die erste „Battle Group“ der Union einsatzbereit sein

Pressebericht in: Neues Deutschland - 13.07.05 - Rainer Rupp

Im Verteidigungsunterausschuss des EU-Parlaments wurde über die militärischen Planziele der EU debattiert. Dabei soll der Aufbau schnell einsatzbereiter Kampfeinheiten im Vordergrund stehen.

„Es dauert sehr lange, schlagkräftige militärische Einheiten aufzubauen“, erklärte am Montagabend der Verteidigungsexperte der britischen EU-Vertretung, Sandy Johnston, im Verteidigungsunterausschuss des Brüsseler Europäischen Parlamentes. Grund für die Erklärung war die Frage des lettischen Abgeordneten Girts Kristovskis, warum der Aufbau der EU-Armee nicht so recht vom Fleck komme. Flugzeuge, Schiffe, Panzer und Soldaten seien zwar vorhanden, ergänzte der Brite, aber das Problem liege woanders: „Früher haben wir nur unsere Grenzen verteigt. Heute verteidigen wir unsere Interessen und unsere Sicherheit weit weg von unseren Grenzen.“

Johnston räumte ein, dass die „Militärischen Planziele 2010“ der EU seit ihrer Konzenption im Vertrag von Nizza eine Veränderung durchlaufen hätten. Zwar habe man das Ziel 60.000 Soldaten jederzeit rund um den Globus einsetzen zu können, und dafür eine EU-Armee von insgesamt 180.000 Soldaten aufzubauen, nicht aufgegeben. Doch in der Praxis sei man auf drei größere Hindernisse gestoßen: die mangelnde Fähigkeit zum Zusammenwirken der Waffen- und Kommunikationssysteme, die ungenügenden logistischen Fähigkeiten, die Truppen an weitentfernte Einsatzorte zu bringen, und die Schwierigkeiten, die kämpfende Truppe mit Essen und Munition zu versorgen.

Daher habe man sich für das mittelfristig Machbare entschieden: die Schaffung von rund zwölf je 1500 Mann starken Kampfeinheiten. Bereits 2007 soll die erste dieser „Battle Groups“ einsatzbereit sein. Parallel dazu arbeitet die EU im Rahmen ihres „Zivilen Planzieles 2008“ an nicht militärischen „Krisenmanagment-Paketen“, zu denen Polizeikräfte,
Beobachter, Juristen und Koordinatoren für Hilfeleistungen gehören sollen.

Die EU fasst nach Angaben Johnstons auch die Schaffung einer „Ziv-Mil-Zelle“ ins Auge, in der die militärischen und zivilen Pakete der EU im so genannten Krisenfall kombiniert zum Einsatz kämen. Weder die NATO noch die USA hätten so etwas, weshalb derartige Interventionen auch nur von einem EU-Operationszentrum – das sich im Aufbau befinden – geführt werden könnten. Damit dürfte die EU einen eleganten Weg gefunden haben, um die von USA und NATO immer wieder erhobenen Führungsansprüche bei Interventionen auszuhebeln.

Die Zeitspanne von der politischen Entscheidung der EU bis zur militärischen Intervention dürfte höchstens
fünf Tage dauern. Als Vorbild für die EU-Kampfeinheiten diene das britische „Spear Head Batallion“, das innerhalb von 24 Stunden weltweit einsatzbereit sei.

Den Einwand des Vertreters der Linksfraktion, Tobias Pflüger, dass in der Bundesrepublik zuerst das Parlament einem solchen Einsatz zustimmen müsse, wischte Johnston vom Tisch. Auch die deutschen Parlamentarier bekämen ausreichend Zeit, sagte er. Auf die Frage ob die EU-Interventionen nach USA-Vorbild „auch präventiv“ ausfallen könnten, räumte Johnston ein, dass die EU Präventiveingriffe „weder aus- noch einschließt“. Daher würden sich auch in Zukunft Koalitionen der „Willigen“ bilden, um präventiv zuzuschlagen. Pflüger wollte auch wissen, ob die „Fähigkeit, in zwei Krisenherden gleichzeitig Krieg zu führen“, Ziel der EU bleibe. „Ja“ antwortete der Brite, „aber nur im Falle von
Krisenmanagment“. Schließlich werde „die EU keine Kriege führen“.

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