»Wir sind für ein sozialistisches Programm«

Interview in: junge Welt vom 12.09.2005

Dem Jugendverband [’solid] gehen die Forderungen der Linkspartei.PDS nicht weit genug. Schwammige Positionen werden abgelehnt. Ein Gespräch mit Jan Schalauske

Interview: Hans-Gerd Öfinger

* Jan Schalauske ist Bundessprecher von [’solid], dem Jugendverband der Linkspartei.PDS. Er studiert in Marburg Politikwissenschaft.

F: Wird [’solid], der Jugendverband der Linkspartei.PDS, im Wahlkampf nur zum Plakatekleben eingesetzt? Oder haben Sie eigene Forderungen?

Wir rufen zur Wahl der Linkspartei auf, weil es wieder eine starke linke Fraktion im Bundestag geben muß. Unsere Forderungen gehen aber weiter. In unseren Wahlkampfmaterialien heißt es: »Wir brauchen eine andere Gesellschaft, frei von Ausbeutung, Unterdrückung und Armut, eine Gesellschaft in der die Menschen selbstbestimmt und demokratisch über ihre Wirtschaft, Politik und Gesellschaft entscheiden können. Eine sozialistische Gesellschaft.«

F: Können Sie sich mit einem eigenen Profil von der Mutterpartei absetzen?

Auf dem Bundesparteitag im Juli haben wir ein Transpartent mit der Aufschrift gezeigt: »Links ist, wo keiner fremd ist«. Das bezog sich auf die von Oskar Lafontaine ausgelöste »Fremdarbeiter«-Debatte. Wir haben konkrete Anforderungen an das Etikett »links« und erwarten fortschrittliche Aussagen der Partei zur Migrationspolitik. Die Grenzen verlaufen zwischen Arm und Reich und nicht zwischen Nationalitäten oder gar Hautfarben.

F: Was erwarten Sie von einer Linksfraktion?

Zunächst einmal, daß sie Anfragen an die Bundesregierung zu rechtsextremen Straftaten und deren Hintergründen stellt. Eine starke Parlamentsfraktion kann darüber hinaus Infrastruktur und Geld bereitstellen, Räume verschaffen sowie die Vernetzung antifaschistischer Aktivitäten fördern. Sie muß sich für die Auflösung von Abschiebelagern stark machen und für die Abschaffung der Residenzpflicht. Der vieldiskutierte Mindestlohn muß für alle gelten, die in der BRD arbeiten.

F: Konnten Sie Ihre Vorstellungen im Wahlprogramm unterbringen?

Wir haben auf dem Sonderparteitag der Linkspartei weitergehende Anträge zur Friedenspolitik gestellt. [’solid] fordert die Auflösung von NATO und Bundeswehr und lehnt die Militarisierung der EU sowie Bundeswehreinsätze grundsätzlich ab, nicht nur Kriegseinsätze. Deutsche Soldaten müssen sofort aus allen Einsatzgebieten abgezogen werden.

Gemeinsam mit dem Europaabgeordneten Tobias Pflüger haben wir die Forderung nach Auflösung europäischer Interventionsstreitkräfte, der EU-Battlegroups, sowie der schnellen Eingreiftruppe der NATO durchgesetzt.

F: Möglicherweise werden auch [’solid]-Mitglieder der neuen Bundestagsfraktion angehören. Welche Akzente würden sie setzen?

In Hessen und Bayern wurden mit Ann-Christin Schomburg und Markus Bansemir zwei [‘solid]-Mitglieder für vordere Listenplätze nominiert. Wie sich die beiden in die Fraktion einbringen, wird sich zeigen. Beide stehen zu unseren sozialistischen Positionen und werden sich dafür auch im Parlament einsetzen.

[’solid] versteht sich allerdings nicht als parteiinterne Karrierestruktur. Den Verband kennzeichnet ein solidarisch-kritisches Verhältnis zur Partei. Unsere Mitglieder sind nicht automatisch Parteimitglieder. Wir haben den Anspruch, auch in der Bewegung verankert zu sein und mit einer kulturellen Gegenoffensive von links um die Herzen und Köpfe der Jugendlichen zu kämpfen. Der Austausch zwischen Partei und außerparlamentarischer Bewegung muß verbessert werden. Ich halte es für wichtig, daß die Bewegungen die linke Fraktion kritisch begleiten.

F: Angesichts der angestrebten Vereinigung der Linkspartei. PDS mit der WASG gibt es auf beiden Seiten Ängste vor einer »Vereinnahmung«. Was sagt Ihr Verband dazu?

Wir haben grundsätzlich begrüßt, daß die Linkspartei ihre Listen für Mitglieder der WASG und der außerparlamentarischen Bewegung geöffnet hat. Im Fusionsprozeß werden wir uns dafür einsetzen, daß diese neue Partei ein sozialistisches Programm hat. Eine moderne linke Partei muß die Perspektive einer nichtkapitalistischen Gesellschaft in ihrem Programm haben und nicht nur »eine neue soziale Idee« und die schwammige Vision von einer »besseren« Welt.

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