Tübinger vor Heiligendamm

Pressebericht in: Schwäbisches Tagblatt, 9. Juni 2007

Was für ein Erfolg für die globalisierungskritische Bewegung: Mehr als zehntausend Demonstranten dringen in die Verbotszone rund um den G-8-Gipfel vor, trotz des größten Polizeiaufgebots der BRD-Geschichte, trotz Wasserwerfern, Reizgas, Gefangenenkäfigen und sogar Bundeswehr. Die Bilder von den eingezäunten G-8-Chefs und den Demonstranten im Haferfeld gehen um die Welt. Einen solch massenhaften zivilen Ungehorsam gab es noch nicht mal zur Blütezeit der Friedensbewegung, bei den Sitzblockaden in Großengstingen und Mutlangen.

An diesem Erfolg waren auch Tübinger beteiligt, und zwar in bemerkenswertem Ausmaß. Drei vollbesetzte Busse fuhren die Zwölf-Stunden-Strecke zur Großdemonstration in Rostock. Und die fernsehtauglichen Großpuppen an der Spitze des riesigen Demonstrationszuges gingen auf eine Initiative aus der Schellingstraßen-Szene zurück.

Die beiden Tübinger Linkspartei-Abgeordneten Tobias Pflüger und Heike Hänsel und ihre Mitarbeiter schienen in den Bussen, Kundgebungen, Alternativ-Podien und Protestcamps fast allgegenwärtig. Damit sind die beiden Tübinger in ihrer Partei sicher in der Minderheit. Denn der Linkspartei insgesamt sind die neuen, frechen Protestformen der Globalisierungskritiker nicht geheuer, wo doch die meisten Mitglieder und Funktionäre aus der alten ostdeutschen Staatspartei und aus dem westdeutschen Gewerkschaftsapparat stammen.

Umso auffälliger ist der Vergleich mit den Grünen. Zwar war ihr Tübinger Bundestagsabgeordneter Winfried Hermann (immerhin eines der linken Aushängeschilder der Partei) am Samstag mit grüner Fahne in Rostock, aber sonst war von ihm rund um Heiligendamm nichts zu sehen. Und nur eine (recht einsame) grüne Stadträtin saß im Tübinger Bus. Auch das ein Riesen-Unterschied zu früheren Bewegungszeiten.

Bleiben noch die hässlichen Gewaltszenen am Ende der Rostocker Demo, als sich einige hundert vermummte Demonstranten und einige Robocop-gepanzerte (und ebenso vermummte) Polizei-Hundertschaften in einen wechselseitigen Gewalt- und Testosteron-Rausch hinein steigerten. Die erschreckenden Bilder wurden danach noch mächtig aufgebauscht.

Doch im Nachhinein stellt sich heraus, dass nur zwei Polizisten schwer verletzt wurden. Das ist schlimm genug. Aber dass man nun von „nur zwei“ sprechen muss, daran ist die Polizei schuld – weil sie zunächst völlig übertriebene Zahlen in die Welt setzte. Von den verletzten Demonstranten spricht sowieso fast keiner mehr.

Michael Hahn

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