Klare Absage an Auslandseinsätze

in: Neues Deutschland, 30.07.2011

Die LINKE ist Antikriegspartei. Das ist für nicht wenige Menschen neben dem sozialen Profil ein wesentlicher Grund, die LINKE zu wählen. Das ist unstrittig. Nur: Manche innerhalb der Partei würden es gerne im Allgemeinen lassen und nicht wirklich konkret werden, was Antikriegspartei faktisch bedeutet. Dies würde einigen mehr Flexibilität – oder sagen wir es deutlicher – Beliebigkeit insbesondere bei der Abstimmung zu einzelnen Auslandseinsätzen der Bundeswehr ermöglichen.

Die sogenannte Einzelfallprüfung bedeutet aber nichts anderes, als dass damit die Linkspartei dafür wäre, Auslandseinsätze der Bundeswehr in bestimmten Fällen zu unterstützen. Auf dem Parteitag in Erfurt soll das erste Parteiprogramm der LINKEN beschlossen werden. In einem Parteiprogramm sollte eine grundsätzliche Positionierung vorgenommen werden. Diese grundsätzliche Position ist dann der Rahmen, in dem die Amts- und Mandatsträger der LINKEN Politik machen sollen. Dies ist ein methodischer Grund, warum es meiner Ansicht nach keineswegs sinnvoll ist, sogenannte Einzelfallprüfungen ins Parteiprogramm aufzunehmen.

Die Bundeswehr wird derzeit umgewandelt zu einer »Armee im Einsatz«. Dies ist explizit gegen das Grundgesetz, in dem es unter anderem heißt: »Der Bund stellt Streitkräfte zur Verteidigung auf. … Außer zur Verteidigung dürfen die Streitkräfte nur eingesetzt werden, soweit dieses Grundgesetz es ausdrücklich zulässt.« Zur Erinnerung: Die Passage mit der Bundeswehr kam erst 1956 im Rahmen der Wiederbewaffnung ins Grundgesetz. In der jetzigen Form stammt sie aus dem Jahr 1968. Die LINKE sollte sich für das Grundgesetz einsetzen. Gerne auch für das ursprüngliche, aber zumindest für das gültige Grundgesetz.

Von Seiten der Befürworter der Einzelfallprüfung heißt es, es müssten für mögliche Einsätze im Rahmen der Vereinten Nationen (UN), der Europäischen Union oder der NATO entsprechende Truppen bereitgehalten werden. Innerhalb von NATO und EU gibt es aber klar offensive Militärkonzepte und -strukturen. Die Linkspartei lehnt dies richtigerweise ab.

Auch die UN und ihre Unterstrukturen werden immer mehr militarisiert. Hier ist nicht nur das Geheimabkommen zwischen UN und NATO problematisch. Die UN verlieren immer mehr ihren neutralen Status. Beim jüngsten UN-Militäreinsatz in der Elfenbeinküste haben UN-Militärhubschrauber Angriffe gegen eine der beiden Bürgerkriegsseiten geflogen. Die Unterstützung der Bereitstellung von Truppen für NATO, EU und UN ist politisch falsch und öffnet Büchsen der Pandora.

Wer es unterstützt, Truppen in Auslandseinsätze zu schicken, muss auch dafür sein, einen militärisch-industriellen Komplex, der dafür notwendig ist, vorzuhalten. Denn: Eine Armee geht nicht ohne entsprechende Bewaffnung. Die LINKE müsste dann für eine entsprechende Rüstungsindustrie sein, einschließlich der immanenten Rüstungsexporte. Ich bin dafür, dass die Linkspartei bei einer klaren Absage an alle Rüstungsexporte bleibt. Die Rüstungsindustrie muss mit umfangreichen Konversionsprogrammen in zivile Produktion umgewandelt werden.

Natürlich haben die verschiedenen Bundeswehreinsätze eine unterschiedliche Intention. Ja, nicht jeder Bundeswehreinsatz ist ein direkter Kriegseinsatz, aber jeder Bundeswehreinsatz kann tödlich sein, für die eingesetzten Soldaten oder für Menschen, die durch diese getötet werden.

Wichtig ist: Zunehmend wird statt der Bundeswehr auch Polizei in Auslandseinsätze geschickt. Häufig wird dies als »zivile Einsätze« bezeichnet. Wer Teile dieser Polizei kennt, zum Beispiel die sogenannte »Riot Control«-Polizei, weiß, dass hier auch eine immer mehr militarisierte Polizei eingesetzt wird. »Die LINKE fordert die Beendigung der Beteiligung von Bundes- und Länderpolizei an internationalen Polizeieinsätzen, die zur Unterstützung von Kriegen und autoritären Regimen dienen. Auch Militärberatungsmissionen müssen beendet werden.« So steht es im Programmentwurf. Das ist richtig und sollte so bleiben.

Die Linkspartei muss sich im Außenpolitikteil des Parteiprogramms zu den verschiedenen internationalen Institutionen und zur Bundeswehr verhalten. Im jetzt vom Parteivorstand mit dem sehr guten Ergebnis (37 Ja- und zwei Neinstimmen, eine Enthaltung) beschlossenen Leitantrag sind die Passagen zur Bundeswehr, zur EU-Militärpolitik und zur NATO gegenüber dem ersten Entwurf etwas konkretisiert worden.

Ich bin dafür, den Programmentwurf, so wie er jetzt ist, zu beschließen. Sollten außenpolitische Passagen wieder aufgemacht werden, bin ich für inhaltliche Konkretisierungen und nicht für Aufweichungen. Es muss bei der klaren Absage der LINKEN an alle Auslandseinsätze der Bundeswehr bleiben.

Tobias Pflüger, Jahrgang 1965, war von 2004 bis 2009 Abgeordneter der Linksfraktion GUE/NGL im Europäischen Parlament. Er ist außerdem Mitglied im Parteivorstand der LINKEN.

Original unter: http://www.neues-deutschland.de/artikel/203273.klare-absage-an-auslandseinsaetze.html
Debatte mit Stefan Liebich im Original unter: http://www.neues-deutschland.de/artikel/203272.streitfrage-sind-auslandseinsaetze-der-bundeswehr-grundsaetzlich-abzulehnen.html

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