Falschmeldung der "Südwestpresse": EU-Verfassungsvertrag nicht ratifiziert

Pressemitteilung - 13. Jan. 2005 - Tobias Pflüger

Auf der Titelseite der heutigen Ausgabe der baden-württembergischen Zeitung "Südwestpresse" wird die Behauptung aufgestellt, das Europäische Parlament habe gestern "die erste EU-Verfassung ratifiziert". Dies entspricht nicht den Tatsachen. Richtig ist, dass das Europäische Parlament gestern einem Bericht (!) zugestimmt hat, indem aufgefordert wird dem EU-Verfassungsvertrag zuzustimmen. Das Europäische Parlament dagegen hat keinerlei Kompetenzen um den EU-Verfassungsvertrag zu ratifizieren. Der Ratifikationsprozess findet in den einzelnen Mitgliedstaaten der Europäischen Union statt. Nur wenn der EU-Verfassungsvertrag in allen Mitgliedstaaten die notwendigen Mehrheiten findet, sei es in einem Referendum oder wie in der Bundesrepublik mit 2/3 Mehrheit der Stimmen in Bundestag und Bundesrat verabschiedet wird, kann dieser neue EU-Vertrag in Kraft treten. Dies ist auch wichtig, vor dem Hintergrund heftiger Kritik am EU-Verfassungsvertrag in den einzelnen Mitgliedstaaten. Insbesondere in Frankreich, wo in diesem Frühsommer per Referendum entschieden wird, sind Umfragen zufolge immer mehr Menschen skeptisch, ob dieser neue Vertrag wirklich eine Zukunft für ein demokratisches, soziales und ziviles Europa schafft.

Auf zwei besonders schwerwiegende Mängel des EU-Verfassungsvertrages sei hingewiesen: Zum einen die vertragliche Militarisierung der EU, die in Artikel I-41 Abs. 3 in einer Aufrüstungsverpflichtung gipfelt: "Die Mitgliedsstaaten verpflichten sich, ihre militärischen Fähigkeiten schrittweise zu verbessern." Wohl weltweit einmalig für eine Verfassung. Und zum anderen in der Festschreibung neoliberaler Wirtschaftsprinzipien. So heißt es in Artikel III-177: Die Wirtschafts- und Währungspolitik ist "dem Grundsatz einer freien Marktwirtschaft mit offen Wettbewerb verpflichtet". Ein Sozialstaatsgebot, wie im deutschen Grundgesetz findet sich dagegen nicht. Dies sind zwei wesentliche Gründe für mich und viele andere diesen Vertrag abzulehnen.

Ich würde mich freuen, wenn Sie nicht nur die sachliche Richtigstellung abdrucken, sondern in Zukunft auch ausgewogener über die Inhalte des EU-Verfassungsvertrages informieren würden. Die Bürgerinnen und Bürger könnten dann selbst entscheiden, ob sie diesen EU-Verfassungsvertrag wirklich wollen.

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