EU-Verfassung: PDS sagt Nein, FDP sagt Ja

Pressebericht in: Tagblatt Online - 10.05.2005 - Manfred Hantke

Am Donnerstag wollen die Bundestagsabgeordneten die EU-Verfassung ratifizieren. Die Tübinger Abgeordneten Herta Däubler-Gmelin (siehe unten), Winfried Hermann und Annette Widmann-Mauz werden ihr zustimmen (mehr dazu am Mittwoch im TAGBLATT ANZEIGER). Entschiedener Gegner ist nach wie vor der Tübinger Europa-Abgeordnete Tobias Pflüger, der für die PDS in Straßburg und Brüssel sitzt.

Der außenpolitischer Sprecher des PDS-Parteivorstandes Wolfgang Gehrcke sagte am Dienstag, die PDS lehne den vorliegenden Verfassungsvertrag ab, weil die Bevölkerung in Deutschland von einer direkten Entscheidung über den Verfassungsvertrag ausgeschlossen ist. Gerade ein Regelwerk, das den Anspruch erhebe, historisch zu sein, bedürfe in allen europäischen Ländern der Legitimation durch die Bürgerinnen und Bürger.

Zwar erhalte der Verfassungsvertrag durchaus Aussagen für eine Stabilisierung Europas als Friedenszone und die Bedeutung der Charta der Vereinten Nationen, so Gehrcke weiter. Diese Absichtserklärung werde aber entwertet durch die Verfassungsverpflichtung der EU-Mitgliedsstaaten, ihre militärischen Fähigkeiten zu verbessern, durch die Aufstellung von EU-Militärverbänden und eine faktische Verknüpfung mit der NATO. Aufrüstung als Verfassungsziel könne und werde nicht die Zustimmung demokratischer Sozialisten finden.

Franzosen ist die Last auferlegt

Außerdem sei im Unterschied zum Grundgesetz im Europäischen Verfassungsvertrag die Marktwirtschaft nicht organisch mit der Sozialbindung des Eigentums als Verfassungsziel verbunden, sagte Gehrcke. Freier Markt und freier Wettbewerb als Verfassungsziele könnten zur Legitimation von Sozial-Dumping und Privatisierung öffentlichen Eigentums genutzt werden.

Laut Gehrcke habe die PDS das Für und Wider zur EU-Verfassung abgewogen. Herausgekommen sei ein deutliches Übergewicht für ein Nein. Den Franzosen sei nun die Last auferlegt, für alle in der EU entscheiden zu müssen.

FDP gibt Union, SPD und Grünen den Schwarzen Peter

Dagegen hofft der Parlamentarische Geschäftsführer der FDP-Bundestagsfraktion Ernst Burgbacher immer noch auf einen möglichst einstimmigen Ratifizierungsbeschluss des Bundestags. Im Gegensatz zu anderen Ländern finde eine Auseinandersetzung zum Thema EU-Verfassung in Deutschland nicht statt, sagte er in einer Pressemitteilung. Dies schade Deutschland und Europa gleichermaßen.

Schuld daran sei die große Mehrheit der Abgeordneten im Deutschen Bundestag, die den "Gesetzentwurf zur Änderung des Grundgesetzes (Artikel 23) zur Einführung eines Volksentscheids über eine europäische Verfassung" der FDP-Bundestagsfraktion abgelehnt haben.

Nachdem die Skepsis innerhalb der Union gegenüber unmittelbarer Beteiligung der Bevölkerung bekannt ist, habe sich bei SPD und insbesondere den Grünen wieder einmal gezeigt, dass ihr Handeln zunehmend von ihren vollmundigen Ankündigungen abweiche. Die Europäische Verfassung soll jedoch vor allem eine Verfassung der Bürger sein. Nun jedoch bleiben die Bürger in Deutschland außen vor. So werde eine große Chance verspielt.

Siehe auch:
Herta Däubler-Gmelin: Neoliberale Schieflage ändern
http://www.tagblatt.de/index.php?artikel_id=678046

Tobias Pflüger: EU-Verfassung ist antisozial
http://www.tagblatt.de/index.php?artikel_id=497283

Quelle: http://www.tagblatt.de/?artikel_id=35553755

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